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Wächter des Elfenhains (German Edition)

Wächter des Elfenhains (German Edition)

Titel: Wächter des Elfenhains (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gavénis
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ein Wunder, dass noch keiner der Elfen dahintergekommen war, welche Absichten Ogaire mit ihm verfolgte. Dennoch durfte er sie auch nicht mit der Nase darauf stoßen, wollte er nicht riskieren, noch vor dem nächsten Sonnenaufgang von einem geifernden Mob mit bloßen Händen in Stücke gerissen zu werden oder zur Erbauung Rilcarons und seiner sanftmütigen Spießgesellen mit einem Strick um den Hals von der Decke ihrer heiligen Halle zu baumeln. Ionosens Prophezeiung hin oder her, den Unglückseligen, in dessen Bauch das Alien heranreifte, das sie alle zu verspeisen gedachte, würden sie niemals leben lassen. Aber vielleicht war ohnehin bereits alles zu spät. Er schluckte hart. „Das ... das kann ich nicht sagen.“
    Er zögerte, sah sie an, innerlich bebend. „Wirst du es trotzdem tun?“
    Maifell lächelte. „Natürlich.“
    Mehr sagte sie nicht, doch eins spürte er mit unumstößlicher Gewissheit: Sie vertraute ihm, vertraute ihm so sehr, dass es schmerzte.
    Bitterkeit durchflutete ihn. Maifell war neben Ionosen vermutlich der einzige Elf, der nicht bei seinem Anblick heimlich die Messer wetzte oder sich wünschte, seine Mutter hätte sich noch vor seiner Geburt von einer Brücke gestürzt. Und gerade ihr, die es von allen Bewohnern des Hains wahrscheinlich am wenigsten verdiente, belogen zu werden, musste er die Wahrheit verschweigen. Das Risiko war einfach zu groß. Er versuchte, seine Ängste und seinen Kummer zurückzudrängen, und fokussierte seinen Willen.
    „Kannst du mich noch sehen?“
    Maifell schüttelte den Kopf.
    „Dann versuch jetzt, den Zauber zu durchdringen.“
    Sollte sich seine Befürchtung als wahr erweisen – sollte ihm Ogaire zusammen mit seiner Lebenskraft bereits einen Großteil seiner Elfenmagie entzogen haben -, sollte es ihr eigentlich mühelos gelingen, seinen Zauber aufzulösen.
    Er betete zu allen Göttern, die er kannte, dass es nicht so sein mochte. Sein Hemd klebte feucht vor Schweiß an seinem Rücken, und das dröhnende Wummern seines Herzschlags schien das ganze Universum zu füllen, während er Maifell beobachtete, sie keine Sekunde aus den Augen ließ. Er spürte, wie sie sich ebenfalls konzentrierte, ihren Willen formte, nach seinem Zauber griff.
    Ihr Gesicht nahm einen angespannten Ausdruck an, sie schloss die Augen, atmete schwerer. Schließlich schlug sie die Augen wieder auf, fuhr sich mit einer Hand über die angestrengt gerunzelte Stirn und lächelte entschuldigend.
    „Ich schaffe es nicht. Dein Wille ist viel zu stark.“
    Sofort ließ Andion seinen Zauber in sich zusammenfallen. Bangend sah er Maifell an. „Glaubst du, meine Magie ist intakt?“
    Maifell nickte bestimmt. „Ja, das ist sie ganz sicher. Hattest du Angst, Ogaire könnte auch sie gestohlen haben?“
    Andion senkte den Kopf, fürchtete, ihr mit seinem kleinen Experiment endgültig die Wahrheit über Ogaires diabolische Pläne offenbart zu haben.
    Doch Maifell bedachte ihn lediglich mit einem strahlenden Lächeln, mit Augen, die wieder die wundervolle Klarheit eines wolkenlosen Sommerhimmels angenommen hatten. „Das kann er nicht! Hat Ionosen dir das nicht gesagt?“
    „Ich ... Doch. Doch, das hat er.“
    Andion schaute zögernd zu ihr auf, wagte zaghaft aufzuatmen. Es schien, als seien seine Ängste tatsächlich unbegründet gewesen. Offenbar lag die Elfenmagie wirklich erst im letzten Funken Lebenskraft – und den hatte Ogaire nicht bekommen. Also war die Grenze zwischen den Welten für seinen Vater noch immer unpassierbar. Der Hain und seine Bewohner waren in Sicherheit. Doch was war mit ihm selbst? Maifell wusste, dass er zur Hälfte ein Mensch war. Musste sie da nicht ebenso wissen, dass die Magie bei einem Halbblut anderen Gesetzen gehorchte als bei einem reinrassigen Elfen? Dass Ogaire ihm sehr wohl seine Elfenmagie entreißen konnte, gerade weil auch Menschenblut in seinen Adern floss? Oder hatte sie eben lediglich sagen wollen, dass Ogaire seine Zauberkraft schlicht deshalb nicht gestohlen haben könne, weil er noch immer lebendig und atmend vor ihr saß? Er musterte sie forschend, lauschte ihren Gefühlen, die wie klares Quellwasser über die düsteren Grate und Abgründe seiner Seele hinwegsprudelten. Doch er spürte weder plötzlich erwachtes Misstrauen oder Furcht in ihrer Präsenz noch das jähe Bedürfnis, aufzuspringen und Rilcaron und den Rat von der grauenhaften Gefahr zu berichten, in der sie alle schwebten. Das Einzige, was er wahrnahm, war das alles durchdringende

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