Wächter des Elfenhains (German Edition)
Namen, hießen ihn in diesem gewaltigen Reservoir der Toten willkommen, schenkten ihm ihre Kraft und ihr Wissen. Und da, endlich, verstand er.
Gairevels Angriffe besaßen nun keinerlei Bedeutung mehr. Dem Willen und der Zauberkraft tausender von Elfen hatte er nichts entgegenzusetzen, würde sie niemals brechen können.
Andion hob den Kopf, schaute Gairevel an, während er sich in einer fließenden und mühelosen Bewegung vom Boden erhob. „Lass ab, Gairevel. Du kannst mich nicht besiegen.“
Der Elfenkrieger zuckte vor ihm zurück wie vor einer giftigen Natter, und sein Gesicht verzerrte sich vor Abscheu und Hass. „So lässt du also endlich deine Maske fallen, verderbte Kreatur! Rilcaron hatte recht, dir nicht zu trauen. Von Anfang an hast du niemals etwas anderes im Sinn gehabt, als uns alle zu töten.“ Er spuckte aus. „Sogar Neanden hast du am Ende getäuscht. Aber mich blendest du nicht. Du bist kein Elf. Du bist nichts weiter als ein seelenloses Ungeheuer, das geschickt worden ist, um mit seiner Schwarzen Magie mein Volk ins Verderben zu stürzen.“
Erneut sammelte er seinen Willen, versuchte, Andion mit seinen magischen Zähnen und Klauen in Stücke zu reißen, ihn mit der Macht seiner Zauberkraft zu Staub zu zermalmen.
Andion wischte den tosenden Sturm, der ihm entgegenschlug, mit einem beiläufigen Gedanken beiseite, doch das schien die Flammen von Gairevels Wut nur mit noch größerer Hitze emporlodern zu lassen. Beschwörend streckte Andion die Hände aus, öffnete den Mund, um den Krieger vielleicht doch noch zur Umkehr zu bewegen, als er plötzlich eine weitere Präsenz in dem kleinen Raum spürte – eine kalte, düstere Präsenz, die sich bisher lauernd hinter einem schützenden Zauber verborgen gehalten hatte. Nun, mit der Macht der Elfenseelen in seinem Inneren, blickte er durch die Illusion hindurch wie durch dünnes Glas – und erstarrte, als er die grauenvolle Wahrheit erkannte.
„Hör auf, Gairevel!“, rief er flehend. „Hör sofort auf!“
Gairevel fletschte die Zähne. „Betteln nützt dir nichts! Hast du tatsächlich geglaubt, du seiest unverwundbar?“
Noch einmal verstärkte er seine Angriffe, drang mit noch größerer Wildheit und Vehemenz auf ihn ein. Er würde niemals von ihm ablassen, und wenn es ihm mit seiner Magie nicht gelang, ihn zu töten, würde er es mit seinen bloßen Händen versuchen.
Andion gab es auf, Gairevel mit Worten erreichen zu wollen. Stattdessen veränderte er seine Wahrnehmung, fokussierte sie auf Gairevels Lebensstrang. Es bedurfte nur eines Wimpernschlages, um das unsichtbare ätherische Band vor ihm in der aufgewühlten Luft des kleinen Zimmers erscheinen zu lassen. Sofort sah er, dass er sich nicht getäuscht hatte. Ein fremder Wille griff nach Gairevels Lebensstrang. Eben hatte er die tödliche Absicht nur gespürt, nun jedoch sah er voll Grauen, wie sich der vormals helle, silberne Strom verdunkelte, als sei plötzlich der Schatten einer gewaltigen, schwarzen Wolke darübergefallen, wie zuckende graue Klumpen wie schaurige Krebsgeschwüre in dem sanften Leuchten zu wuchern begannen und sich die dünne, ätherische Nabelschnur drehte und wand, als werde sie von den Zähnen eines unsichtbaren Wolfs gepackt und wild in alle Richtungen gezerrt. Nur noch wenige Augenblicke, und sie würde gänzlich reißen.
Nein! Andion presste grimmig die Lippen zusammen. Gairevel würde nicht von seinem Vater abgeschlachtet werden, so wie Tigarain und die anderen. Diesmal würde die Spinne ihr Opfer nicht bekommen. Verzweifelt versuchte er, seinen Willen neu zu fokussieren, Gairevels Lebensstrang mithilfe seiner Magie zu ergreifen und irgendwie zu stabilisieren, die wuchernden Geschwüre wegzubrennen und den Silberglanz mit neuer Vitalität und Stärke aufzuladen, bevor er gänzlich zu grauer Asche geworden war.
Doch er war zu langsam. Als hätte Ogaire nur auf diesen Augenblick gewartet, um ihm seine spöttische Herausforderung entgegenzuschleudern, gruben sich seine unsichtbaren Zähne noch tiefer in das zarte silbrige Band und rissen es mit einem einzigen brutalen Ruck aus Gairevels Körper.
Gairevel stieß einen furchtbaren Schrei aus. Die feurige Glut seines Willens verwehte ins Nichts, dann kippte der Elfenkrieger ohne einen weiteren Laut vornüber. Das dumpfe Knirschen, als er mit dem Gesicht auf dem Boden aufschlug, dröhnte Andion wie Hohngelächter in den Ohren.
Er hörte Maifells erschrockenes Keuchen und spürte, wie trotz ihrer Furcht und
Weitere Kostenlose Bücher