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Wächter des Elfenhains (German Edition)

Wächter des Elfenhains (German Edition)

Titel: Wächter des Elfenhains (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gavénis
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bringen, als er all seine Magie in einem verheerenden Schlag gegen Andions Verteidigungswall schmetterte, sich mit unsichtbaren Zähnen und Klauen in seinen Willen verbiss, seinen glühenden Zorn wie Säure gegen die trutzigen Mauern seiner Konzentration und Entschlossenheit tosen ließ.
    Unvermittelt brach Andion der kalte Schweiß aus sämtlichen Poren, und seine Muskeln begannen zu zittern, als habe sich von einer Sekunde auf die andere das Gewicht eines Flugzeugträgers auf ihn herabgesenkt. Er keuchte auf, versuchte verzweifelt, auch noch seine letzten Kräfte zu mobilisieren, um der brutalen Wucht und Vehemenz von Gairevels Attacke standzuhalten – und brach in die Knie, als seine wackligen Beine die Last seines Körpers nicht länger zu tragen vermochten.
    Gairevel schrie triumphierend auf, als er sah, dass die Verteidigung seines Gegners unter seinem wilden Ansturm ins Wanken geriet, und trieb die Klinge seines Willens mit noch größerer Härte und Erbarmungslosigkeit in die bröcklige Mauer aus magischer Energie, die von Sekunde zu Sekunde mehr in sich zusammenfiel.
    Greller Schmerz loderte durch Andions Körper, toste wie ein Sturm aus Feuer durch seine Seele, verbrannte die dünnen Fäden seiner Konzentration, die seinen Zauber noch aufrecht hielten, zu Asche. Sein Keuchen wurde zu einem qualvollen Stöhnen, und die Welt vor seinen Augen verschwamm. Verzweifelt ballte er seine Hände zu Fäusten, grub seine Fingernägel ins Fleisch, bis warmes Blut über seine Handballen zu rinnen begann. Er durfte nicht versagen! Nicht noch einmal.
    „Ionosen“,, flüsterte er. „Ionosen, hilf mir! Esendion, Alisera, gebt mir Kraft!“
    Er erwartete nichts, versuchte lediglich, aus der Erinnerung an jene, die so unerschütterlich an ihn geglaubt und so bereitwillig ihr Leben für ihn gegeben hatten, neue Stärke und Hoffnung zu schöpfen. Und doch war ihm mit einem Mal, als wäre er nicht mehr allein, als hätte sich irgendetwas tief in seiner Seele verschoben und eine Öffnung geschaffen, durch die Wärme und Licht von einem helleren Ort in die Dunkelheit strömten, die ihn umschlossen hielt. Leise Stimmen wisperten plötzlich durch seinen Geist, strichen wie ein kühler Lufthauch über die glühenden Dolche, die Gairevel in ihn hineinstieß, erstickten die Flammen des Schmerzes und der Qual, die sich in sein Fleisch fraßen und seinen Willen lähmten. Sie flüsterten seinen Namen, umfingen ihn mit ihrer liebevollen Gegenwart, und Andion spürte, wie heiße Tränen in seinen Augen zu brennen begannen.
    „Ionosen“, hauchte er. „Esendion, Alisera, wie ist das möglich?“
    Er spürte Ionosens Nähe so deutlich, als stünde der Elfenprophet direkt neben ihm, als lege er fürsorglich und tröstend eine Hand auf seine Schulter, so wie er es früher so oft getan hatte, während ihn gleichzeitig unsichtbare Schwingen sanft zu umhüllen und seinen zitternden Körper aufrecht zu halten schienen. Sie gaben ihm neue Kraft, verbanden die Stärke und Entschlossenheit ihres Willens mit dem seinen, berührten seine Seele und leiteten sie.
    Andion überließ sich ihrer sanften Führung, tauchte tief hinab in sein eigenes Selbst, tauchte hindurch – und keuchte auf, als er erblickte, was offenbar die ganze Zeit in den geheimen Schatzkammern seiner Seele verborgen gewesen war. Die Wogen eines gewaltigen Meeres schlugen schäumend über ihm zusammen, wirbelten ihn durch eine unendliche Weite aus schimmernder magischer Energie, spülten die Gischt äonenalten Wissens und fantastischer, seit tausenden von Jahren im Nebel der Zeit verlorener Zauber über ihn hinweg, und für einen winzigen Moment war er nicht mehr als ein Ertrinkender, der in einem sturmgepeitschten Ozean von titanischen Kräften gepackt und hilflos in die Tiefe gerissen wurde. Doch der Augenblick währte nur kurz, dann endete das wilde Umherwirbeln abrupt, wurde zu einem ruhigen, beinahe meditativen Schweben, und seine inneren Sinne öffneten sich für das Wunder, das ihn umgab – das Wunder, dessen Existenz sich erst jetzt, da seine Not und seine Verzweiflung am größten waren und der Sensenmann bereits hungrig seine Klauen nach Maifell und ihm ausstreckte, seinen staunenden Augen zu offenbaren begann.
    Er spürte die Seelen von Elfen um sich herum, uralte, erhabene Seelen, die Seelen jener, die gestorben und in die Quelle des Lebens zurückgekehrt waren. Und doch waren sie nun hier, waren auf eine unbegreifliche Weise ein Teil von ihm. Sie wisperten seinen

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