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Wächter des Elfenhains (German Edition)

Wächter des Elfenhains (German Edition)

Titel: Wächter des Elfenhains (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gavénis
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Tat ungesühnt zu lassen ...
    „Der Rat der Ältesten hat es so beschlossen.“ Ians Stimme klang, als käme sie von weit her. „Um Ogaire zu bestrafen, hätten ihm einige der Elfen in die Menschenwelt folgen müssen, und der Rat befürchtete, dass ein solcher Versuch zu viele Opfer kosten würde. Immerhin hatte ihnen Ogaire gerade erst ein eindrucksvolles Beispiel seiner Grausamkeit geliefert, zudem war das einstmals so stolze, mächtige Elfenvolk durch die Ignoranz und den Unglauben der Menschen ohnehin bereits zu einem kümmerlichen Häuflein zusammengeschrumpft. Das Risiko war ihnen einfach zu groß.“
    Andion ballte zornig die Fäuste. „Also haben sie gar nichts getan!“
    Ian schüttelte den Kopf. „Nicht ganz. Sie konnten sich immerhin dazu aufraffen, einen Zauber auszusprechen, der Ogaire die Rückkehr in den Hain unmöglich machen sollte. So glaubten sie, sich seiner auch ohne neues Blutvergießen entledigen zu können.“
    Er stockte, schwieg einen Moment und fuhr dann mit leiser, seltsam kraftloser Stimme fort: „Ein Elf kann außerhalb des Hains nicht auf Dauer überleben. Ein paar Jahrzehnte, mit etwas Glück vielleicht sogar ein Jahrhundert, doch spätestens, wenn der Hain den Elfen ruft und er dem Ruf nicht folgt oder nicht folgen kann, wird er sterben.“
    Andion schnaubte verächtlich. „Ich glaube kaum, dass Ogaire in die Menschenwelt gegangen wäre, wenn er damit sein eigenes Todesurteil unterzeichnet hätte.“
    „Nein, das wäre er ganz sicher nicht.“ Ian lächelte bitter. „Nachdem der Zauber, mit dem ihre Sinne zuvor verhüllt worden waren, endlich erloschen war, hob sich auch für den Elfenpropheten Ionosen der Schleier, der so lange über der Zukunft gelegen hatte, und er sah, dass Ogaire nicht sterben würde. Im Gegenteil – er würde trotz des Verbannungszaubers eines Tages in den Hain zurückkehren und alles Leben dort vernichten. Ionosen erkannte, dass diese schreckliche Vision nur abgewendet werden konnte, indem man ihm zuvorkam. Also beschwor er den Rat, Ogaire trotz der drohenden Verluste verfolgen und töten zu lassen.“
    Andion schaute Ian gespannt an. „Und haben sie seinen Rat befolgt?“
    „Nein. Sie glaubten, Ionosen sei blind vor Trauer und lediglich darauf aus, den Tod seiner Schwester zu rächen, und dafür wollten sie keine weiteren Leben opfern. Da außerdem niemals zuvor ein Elf einen Zauber der Ältesten hatte brechen können, fühlten sie sich sicher.“
    „Aber das waren sie nicht?“
    Ian schüttelte den Kopf. „Nein. Ogaire hatte nicht nur seinem Sohn das Leben gestohlen, er hatte sich durch sein unheiliges Ritual auch untrennbar mit der Lebensquelle des Hains verbunden und schöpfte in vollen Zügen aus ihr. So konnte er den Ruf des Hains unterdrücken und ohne die geringste Sorge viele Jahrzehnte – oder Jahrhunderte - in der Menschenwelt überleben.“
    Andion schnürte es vor Entsetzen die Kehle zusammen. „Und was geschah mit dem Hain?“
    Er sah, wie Ian tief Luft holte. „Er schrumpfte. Langsam, aber unaufhaltsam zogen sich seine Grenzen zusammen, denn da Ogaire so viel Lebenskraft nach außen riss, ging sie für den Hain verloren. Viele Elfen wurden krank und starben, und innerhalb weniger Jahrzehnte blieb von dem vormals über fünfhundert Köpfe zählenden Volk kaum noch die Hälfte übrig, denn es wurden auch keine Kinder mehr geboren. Nur wenige Jahrzehnte trennten das Elfenvolk nun noch von seiner endgültigen Vernichtung.“
    Andion war, als gefröre er innerlich zu Eis. „Aber wenn die Elfen sterben, verschwindet auch der Hain“, krächzte er mit zitternder Stimme. „Ogaire würde sich damit doch sein eigenes Grab schaufeln!“
    Ians Gesicht schien noch mehr zu versteinern. Niemals hatte Andion ihn so ernst gesehen.
    „Nein, das würde er nicht. So schwach und kurz die Lebensflammen der Menschen auch brannten, fand Ogaire doch schnell heraus, dass auch sie durchaus einen gewissen Nährwert für ihn besaßen. Und er entdeckte noch etwas anderes: Stahl er einem Menschen die Lebenskraft, konnte er auch dessen Magie in sich aufnehmen. Diese Magie ist zwar, gemessen an der der Elfen, nur ein armseliges Rinnsal, doch sie reichte aus, um Ogaires eigene magische Kraft für kurze Zeit zu verstärken.“
    Andion stellten sich sämtliche Nackenhaare auf. „Könnte ...“ Seine Zunge schien ihm am Gaumen festzukleben, weigerte sich, das Grauen in Worte zu fassen. „Könnte Ogaire auch einem Elfen seine Magie entreißen?“
    Obwohl sich

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