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Wächter des Elfenhains (German Edition)

Wächter des Elfenhains (German Edition)

Titel: Wächter des Elfenhains (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gavénis
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sehr wollte er daran glauben!
    Ein scharfer, altvertrauter Schmerz schnitt durch seinen Magen, und seine Kehle zog sich noch enger zusammen. So viele Jahre hatte er geglaubt, den Rest seines trostlosen Daseins in Einsamkeit verbringen zu müssen, zu deutlich war ihm bewusst, dass dies die einzige Chance war, auf die er jemals hatte hoffen dürfen, denn Elfen banden sich nur ein einziges Mal in ihrem Leben, und alle anderen Elfenfrauen außer Maifell waren bereits vermählt – oder verwitwet.
    Neanden schluckte mühsam und starrte mit klopfendem Herzen auf seine Hände.
    „Es wäre mir eine Ehre, Euch diesen Wunsch zu erfüllen“, krächzte er.
    „Und wie ist deine Antwort, Maifell?“, fragte Rilcaron feierlich.
    Erst da merkte Neanden, dass Maifell neben ihm innerlich erstarrt war. Ihre Fröhlichkeit, ihre Güte, die Wärme ihres Herzens, die ihn so sehr verzauberte – all dies schien in eisiger Kälte zu erfrieren. Sie sah ihn nicht an, mied seinen Blick.
    „Nein. Ich ... ich kann nicht“, presste sie hervor, schien an den Worten beinahe zu ersticken.
    Neanden wankte. Er spürte, wie sämtliches Blut sein Gesicht verließ, wie seine Hände in seinem Schoß zu zittern begannen. Sein Körper wurde taub, als seien seine Adern plötzlich mit Asche gefüllt, und sein Blick verschwamm, als heiße Tränen in seine Augen stiegen. Sie wollte ihn nicht! Sie lehnte ihn ab, obwohl er von allen Elfen der Einzige war, der als Partner für sie infrage kam. Wie sehr musste sie ihn verabscheuen! Er war ein Narr gewesen, etwas anderes zu glauben, ein Narr zu hoffen, ausgerechnet sie könnte etwas für ihn empfinden, was über die gleichgültige Duldung seiner körperlichen Gegenwart hinausging. Sie würde immer nur den Sohn des Verräters in ihm sehen – ebenso wie er selbst.
    Eine eisige Windböe schien plötzlich durch den Raum zu wehen, dann durchschnitt Rilcarons harte Stimme die schockierte Stille, die sich nach Maifells Worten auf die Versammlung herabgesenkt hatte.
    „Bedeutet dir das Wohl deines Volkes so wenig, Maifell? Ist es dir nicht einmal ein paar Augenblicke des Nachdenkens wert, bevor du dich leichtfertig gegen den Wunsch des Rates stellst?“
    „Leichtfertig?“, rief Maifell, und der Schmerz, der in ihrer Stimme vibrierte, brach Neanden fast das Herz. „Ist es leichtfertig, die Augen nicht vor der Wahrheit zu verschließen? Unser Volk stirbt, Rilcaron, und weder Neanden noch ich werden auch nur das Geringste daran ändern können. Wie sollten wir den Elfen ein Licht sein, wenn selbst die Ältesten die Dunkelheit nicht zu vertreiben vermögen? Wie sollte gerade uns gelingen, was allen anderen verwehrt geblieben ist?“ Sie schüttelte den Kopf, dass ihre goldenen Haare flogen. „Wann ist das letzte Kind im Hain geboren worden? Vor 20 Jahren? Vor 30?“ Ihre Schultern verkrampften sich, und ein Beben lief über ihre schmale Gestalt. „Die Natur selbst hat sich von uns abgewandt, und der Herzschlag des Waldes ist stockend und schwach geworden. Unsere Lebenskraft schwindet dahin, und wir können nur hilflos dabei zusehen, wie wir verwelken wie Blätter an einem Baum, dessen Wurzeln in vergiftetem Boden schon längst kein Wasser und keine Nahrung mehr finden. Wie könnte in einer solchen Welt neues Leben entstehen, wenn selbst das Leben, das bereits existiert, am Rande des Todes dahinvegetiert? Neanden und ich sind jung, aber Jugend allein wird nicht ausreichen, um das Sterben aufzuhalten.“ Sie erbebte noch heftiger, und ihr tränenverschleierter Blick wanderte mit verzweifelter Eindringlichkeit über die Gesichter der Ältesten. „Doch auch wenn aus unserer Verbindung Kinder hervorgehen sollten, welche Schuld würden wir damit auf unsere Schultern laden? Sollen sie sehen, wie alle anderen um sie herum langsam dahinsiechen? Sollen sie allein zurückbleiben und vielleicht noch Jahrzehnte an einer verdorrten Stätte des Todes ausharren, bis sie zusammen mit dem letzten Grashalm und dem letzten Blatt des Waldes verlöschen? Das könnt ihr nicht von mir verlangen!“
    Obwohl sie noch nicht entlassen war, sprang Maifell auf und stürzte aus dem Raum. Schockiert sah Neanden ihr nach, mit blutendem Herzen und wunder Seele.
    „Maifell“, flüsterte er.
    Er spürte, wie Empörung und ungläubige Wut wie eine kalte Welle über ihn hinwegschwappten, und zuckte erschrocken zusammen. Hastig verneigte er sich so tief, dass seine Stirn beinahe den Boden berührte, und brach selbst die Tradition, indem er

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