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Wächter des Elfenhains (German Edition)

Wächter des Elfenhains (German Edition)

Titel: Wächter des Elfenhains (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gavénis
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vorstellen, wie jemand den Hain freiwillig verlassen konnte.
    Ionosens Lächeln vertiefte sich, als er sein ungläubiges Gesicht sah. „Weil sich schon damals die Welt der Menschen und die der Elfen voneinander zu entfernen begannen. Als die Menschen anfingen, immer mehr an die Macht ihrer Technik und Maschinen als an die Wunder der Natur zu glauben, entschieden Esendion und Alisera, dass die Elfen dem schleichenden Vergessen nicht mehr länger tatenlos zusehen konnten. Ebenso wie ich waren sie stets davon überzeugt, dass die gegenseitige Durchdringung und Wertschätzung beider Welten ein zu kostbarer Schatz war, als dass man ihn allzu leichtfertig aufs Spiel setzen durfte. Und so wurden auch Esendion und Alisera, auf ihre eigene Weise, zu Wächtern des Hains, genauso wie Neanden und andere Elfen jenseits der Grenze es waren – zu Wächtern in Schwanengestalt, zu Bewahrern einer Erinnerung, die immer mehr zu einem blassen, bedeutungslosen Schatten zu werden drohte.“ Ionosen seufzte, und ein trauriger, melancholischer Ausdruck trat in seine Augen. „Es gab nicht viele Elfen, die ihrem Beispiel folgten. Hätte es sie gegeben, wäre vielleicht alles anders gekommen. Denn Esendion und Alisera waren Botschafter, die direkt zu den Herzen der Menschen sprachen. Viele von jenen, die die beiden in ihrem Park besuchten – vor allem Kinder -, spürten, dass sie mehr waren als gewöhnliche Schwäne, und in ihrer Nähe fühlten sie einen Hauch der Magie und natürlichen Schönheit, die sie in ihrem eigenen Leben schon seit Langem nicht mehr zu finden vermochten. Auch das macht Oakwood zu einer ganz besonderen Stadt. Es ist der einzige Ort, an dem noch richtige Elfen leben.“
    Andion schaute ihn fasziniert an, dann erschrak er. „Aber was ist, wenn sich die Dinge einmal ändern? Wenn die Menschen wieder an Wunder und Magie zu glauben beginnen? Müssten Esendion und Alisera dann trotzdem weiter Schwäne bleiben? Wären sie bis zu ihrem Tod in ihren Körpern gefangen?“
    Ionosen schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Sie haben diese Form aus freien Stücken gewählt, und sollte es ihr Wille sein, könnten sie jederzeit ihre elfische Gestalt wieder annehmen.“
    Andion atmete auf, doch nur Sekunden später sanken seine Schultern herab, und er starrte düster zu Boden. Dieser Tag würde vermutlich niemals kommen – nicht, solange Ogaire existierte. Nun, da er selbst die Grenze überschritten und den letzten, kümmerlichen Rest des noch vor wenigen Jahrzehnten so stolzen, mächtigen Elfenvolkes mit eigenen Augen gesehen hatte, war seine Hoffnung, das herabsausende Fallbeil doch noch stoppen oder zumindest irgendwie in eine andere Richtung lenken zu können, nahezu auf null gesunken. Wer, bei allen Bäumen, besaß die Macht, sich der tödlichen Klinge in den Weg zu stellen? Ionosen vermochte nur, das Unvermeidliche hinauszuzögern, das hatte er selbst gesagt. Rilcaron und der Ältestenrat hatten schon vor 90 Jahren zu viel Angst gehabt, es auf eine offene Konfrontation mit Ogaire ankommen zu lassen und würden lieber zusammen mit ihrem Wald zugrunde gehen, als zu versuchen, das Steuer noch einmal herumzureißen und für eine Zukunft zu kämpfen, die noch etwas anderes als Siechtum und einen langsamen, qualvollen Tod für sie bereithielt. Und für Neanden, Gairevel und die übrigen Elfenkrieger war ohnehin jedes Wort, das über die Lippen der Ältesten kam, eine in die Annalen der Ewigkeit gemeißelte göttliche Offenbarung. Eher würden sie sich selbst eine Hand abhacken, als auf eigene Faust etwas zu unternehmen, was dem erklärten Willen des Rates zuwiderlief. Nein, sie würden alle sterben, einer nach dem anderen, und dann würde Ogaire ...
    Seine Gedanken stockten, als sie unvermittelt gegen ein Hindernis stießen, einen Widerspruch, der ihm bisher nicht aufgefallen war. Verwirrt runzelte er die Stirn. „Ian, du hast doch gesagt, Ogaire habe mich gezeugt, um mithilfe meiner Magie den Zauber der Ältesten zu brechen und auch noch dem Rest der Elfen ihre magischen Kräfte zu stehlen, richtig?“
    Ionosen nickte, überrascht von dem abrupten Themenwechsel und dem Ernst, der plötzlich in seiner Stimme lag.
    „Da Ogaire allerdings im Gegensatz zu dir nicht im Auftrag und mit der Billigung des Hains in die Menschenwelt gekommen war, brauchte er eine Möglichkeit, den Ruf des Hains so lange zu unterdrücken, bis er eine geeignete Frau gefunden hatte, mit der er seine finsteren Pläne in die Tat umsetzen konnte. Aus

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