Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wächter des Elfenhains (German Edition)

Wächter des Elfenhains (German Edition)

Titel: Wächter des Elfenhains (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gavénis
Vom Netzwerk:
diesem Grund hat er sich mit dem Herzen des Waldes verbunden und saugt nun seit beinahe 90 Jahren Lebenskraft aus ihm heraus – was bereits der Hälfte aller Elfen den Tod gebracht hat.“ Andion holte tief Luft, versuchte, seine wirbelnden Gedanken in Worte zu fassen. „Es waren Opfer, deren Tod Ogaire notgedrungen in Kauf nehmen musste, wollte er sein größeres Ziel erreichen, auch wenn ihm die Zauberkräfte dieser Elfen dadurch verloren gingen. Aber eins verstehe ich nicht: Als ich im Hain war, habe ich deutlich gespürt, dass es da noch etwas anderes gab, irgendeinen anderen Zauber, der den Elfen ebenfalls ihre Lebenskraft raubt. Er war überall um mich herum, im Boden, in der Luft, in den Blättern der Büsche und Bäume, einfach überall !“ Andion rieb sich fröstelnd die Unterarme. „Zuerst habe ich ihn gar nicht richtig wahrgenommen, aber je länger ich dort war, desto schlimmer wurde es. Es war ... wie ein dünner Ölfilm, der auf der Oberfläche eines Sees liegt und den Lebewesen im Wasser langsam die Luft zum Atmen nimmt.“ Er hob den Kopf, sah Ionosen eindringlich an. „Auch das ist Ogaires Werk, habe ich recht? Er gibt sich nicht damit zufrieden, die Quelle leerzuschlürfen, er hat sie auch noch zusätzlich mit einem Zauber vergiftet! Wieso hat er das getan? Wenn es tatsächlich sein Plan ist, sich erst meine und danach die Kräfte aller anderen Elfen einzuverleiben, warum lässt er dann zu, dass mehr Elfen sterben als unbedingt nötig? Ihre Macht geht ihm doch so verloren!“
    Ionosen erwiderte seinen Blick, und erneut wurden seine blauen Augen dunkel vor Kummer. Müde schüttelte er den Kopf, und seine Züge wirkten mit einem Mal bleich und ausgezehrt, so als sei ein Schmerz, den er all die Jahre in seinem Herzen verschlossen gehalten hatte, plötzlich zu groß geworden, um ihn noch länger ertragen zu können. „Nein, das tut sie nicht. Andion, ich habe dir bisher nicht die ganze Wahrheit gesagt. Ogaires Plan ist in Wirklichkeit noch viel abscheulicher, als du dir vorstellen kannst.“ Er zögerte, starrte auf seine Hände. „Es ist richtig, die Lebenskraft und die Magie der Elfen entspringen dem Herzen des Waldes, dem Quell allen Lebens, das im Hain existiert – und sie kehren dorthin zurück, nachdem ein Elf gestorben ist.“
    Andion runzelte die Stirn, versuchte zu begreifen, was Ionosens Worte bedeuteten. „Heißt das, die Magie aller Elfen, die jemals gelebt haben, liegt in dieser Quelle verborgen? Jeder einzelne Elf, der stirbt, vergrößert ihre Macht, und das seit Tausenden von Jahren?“
    Ionosen nickte. „Seit Anbeginn der Zeit. Seit der erste Elf geboren wurde und wieder zum Ursprung des Lebens zurückgekehrt ist. Das Herz des Waldes und die Elfen sind eins. Man kann das eine nicht vom anderen trennen, ohne beides zu zerstören.“
    „Aber dann ...“ Andion schüttelte fassungslos den Kopf. „Du willst sagen, dass Ogaire nicht nur auf die Macht aller lebenden Elfen scharf ist, sondern auch auf die der toten ? Dass er, wenn er Erfolg hat, der einzige Elf ist, der noch existiert – und gleichzeitig so stark wie alle Elfen aller Zeiten zusammengenommen ?“
    Ionosen nickte. „So ist es. Noch kann Ogaire diese Macht nicht erreichen, aber es ist ihm bereits gelungen, dem Herzen des Hains Lebenskraft zu entreißen, die ihm nicht zusteht. Ich fürchte, sollte es ihm tatsächlich gelingen, dich in seine Gewalt zu bekommen, wird er stark genug sein, sich die Quelle vollkommen zu unterwerfen. Deshalb ist es ihm gleichgültig, wie viele Elfen vorher sterben. So oder so würde ihre Macht am Ende ihm gehören.“
    Andion hatte das Gefühl, als kröchen eisige Totenhände langsam seinen Rücken hinauf. Voller Grauen starrte er Ionosen an. „Das darf niemals geschehen!“
    „Deshalb bin ich hier.“ Ionosens Miene wurde hart. „Ich werde es verhindern.“
    Andion spürte die tiefe Entschlossenheit, die ihn erfüllte, eine Entschlossenheit, die den Kummer und den Schmerz, die Ionosen noch Sekunden zuvor so sehr gequält hatten, zurück in den Hintergrund drängte. Der Hals wurde ihm eng, und ein Tonnengewicht schien sich auf seine Brust herabzusenken. Er merkte kaum, wie sich die Hände in seinem Schoß zu Fäusten ballten. „Kann ich ... kann ich auch etwas tun, um ihn aufzuhalten? Werde ich dir helfen, Ogaire zu stoppen?“
    Hatte Ionosen dies in der Zukunft gesehen? Hatte er ihm deshalb den Namen Andion gegeben?
    Andion wagte kaum zu atmen. Flehend sah er Ionosen an. Er musste es

Weitere Kostenlose Bücher