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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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versammelte sich der gesamte Clan häufig im Schloss, was er in Tiflis nie wagen würde. Hier glaubten sie, über dem Gesetz zu stehen. Als das letzte Mal ein Polizist unangemeldet vorbeigekommen war, war er mit Waffengewalt davongejagt worden.
    Als Viktor das erfahren hatte, war er hellhörig geworden.
    Durch das Fernglas konnte er Zelte auf der Festungsmauer erkennen. Es hieß, dass sie Geschützstellungen verbargen, um das Schloss gegen Angriffe vom Boden, vom See oder aus der Luft zu verteidigen. Viktor hatte nichts gefunden, was diese Gerüchte bestätigt hätte, doch er traute der Familie solche Mittel zu. Es passte zu der Arroganz, die die Nergadses hier in Nikortsminda an den Tag legten, eine Arroganz, die er brauchte, damit sein Plan funktionierte. Vor Aufregung raste sein Herz, was er durch die enge, schusssichere Weste unter seiner schäbigen Polizeiuniform noch deutlicher spürte. «Sind die Telefonleitungen schon gekappt?», fragte er.
    «Auf Ihr Kommando», sagte Lew.
    «Und die Mobilfunkmasten?»
    «Wie gesagt, auf Ihr Kommando.»
    «Und unsere Einheiten?»
    «Alle in Stellung. Schon seit fünf Minuten.»
    Sorge machte ihm die Geschwindigkeit, mit der diese Operation vorbereitet worden war. Wenn es so schnell gehen musste, konnte man allzu leicht etwas übersehen. Wenn es so schnell gehen musste, konnte man keine zahlenmäßig überlegenen Truppen zusammenziehen. Man musste sich auf den Überraschungseffekt verlassen, und die Dämmerung hatten sie bereits verpasst. Aber der Tag der Wahlen nahte, und sein Chef war immer gereizter geworden. Viktor holte tief Luft. Er war zur Polizei gegangen, weil er den ernsthaften Wunsch hatte, seinem Land zu dienen, nicht, um Karriere zu machen. Doch das Leben holte einen ein, irgendwann merkte man, dass nichts anderes zählte. Wenn er diese Sache vermasselte, war seine Karriere ruiniert. War er aber erfolgreich …
    «Okay», sagte er. «Legen wir los.»

III
    Franklin war so großzügig gewesen, Knox ein Bett für die Nacht anzubieten, und am Morgen bestand er darauf, ihn zur nächsten Metrostation zu fahren, damit er rechtzeitig zu seinem Frühstück mit Nadja kam. Als Knox auf den Bahnsteig trat, fuhr auch schon der Zug ein. Er zwängte sich in einen überfüllten Waggon, wo ihm unangenehm bewusst wurde, dass er das Hemd vom Vortag trug.
    In Monistariki stieg er aus. Vor ihm auf der Rolltreppe klammerte sich eine Frau mit übertrieben hohen Absätzen an den Handlauf, als würde sie zum ersten Mal Schlittschuh laufen. Der Himmel war bedeckt, als er den Platz erreichte, auf dem ein paar Händler die neuesten Spielwaren anpriesen, während andere auf Decken gefälschte Designerhandtaschen und gebrannte DVDs ausgebreitet hatten. Knox’ Blick streifte über den weißen Marmor des Parthenons, der die Kamerablitze der Touristen wie eine Discokugel reflektierte. Ein kleiner Junge pustete Seifenblasen in die Luft, die von der leichten Brise davongeweht wurden und Knox in eine enge Gasse mit Restaurants und Läden begleiteten. Mit einem Mal war er von einer japanischen Touristengruppe umringt, die offenbar in die gleiche Richtung wollte wie er, sodass er sich von dem Menschenstrom mittreiben ließ. Sie gelangten auf einen kleinen Platz, wo die meisten Gebäude frische Farbstellen aufwiesen. Offensichtlich duldete man keine Graffiti in einer so wichtigen Touristenzone. An eine hohe Mauer auf der rechten Seite, der Einfriedung einer historischen Stätte, waren mehrere Mopeds gekettet. Das gesamte Viertel war voller Sehenswürdigkeiten, die er zum Teil schon mit Gaille …
    Knox hörte den Mann, bevor er ihn sah. Er brüllte in sein Handy, während er die Menge absuchte, wobei er sich das andere Ohr zuhielt, um nicht vom Lärm abgelenkt zu werden. Es war zweifellos der Riese von gestern, aber er hatte ihn noch nicht entdeckt. Instinktiv machte Knox auf dem Absatz kehrt, hastete mit geducktem Kopf und hochgezogenen Schultern davon, schlängelte sich durch die Touristenmassen und betete, dass ihn sein Glück nicht verließ. An der Ecke riskierte er einen Blick zurück. Zu seinem Entsetzen kam der Riese hinter ihm her, drängte sich durch die Menge und brüllte in sein Telefon. Knox begann zu laufen, obwohl es so gut wie unmöglich war, in den engen, überfüllten Straßen schnell voranzukommen.
    Als er wieder auf den kleinen Platz kam, sah er von rechts und von vorn zwei weitere Georgier herannahen. Sie entdeckten ihn und riefen einander etwas zu. Ihm blieb keine andere Wahl,

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