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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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mit halbgeöffneten Mund dalag, sein strohblondes Haar im Dämmerlicht glänzte und sich seine Brust hob und senkte. Der einzige Mensch, der gewusst hatte, wie Petitier aussah und was er in den letzten zwanzig Jahren getan hatte. Ein Mann, der sich hinter selbstironischen Witzen versteckte, sich aber nach der großen Entdeckung sehnte. So vorsichtig wie möglich nahm sie seinen Arm weg. Er bewegte sich ein bisschen, wachte aber nicht auf. Sie rutschte vom Bett, ging auf Zehenspitzen aus dem Zimmer und schloss leise die Tür.
    Sein Rucksack lehnte an der Wand. Ihr Atem wurde etwas schneller, als sie ihn berührte. Der Stoff fühlte sich an wie elektrisch aufgeladen. Es entsprach nicht ihrer Art, in den Sachen anderer Menschen herumzuschnüffeln, aber sie konnte nicht anders. Sie öffnete eine Seitentasche und schaute hinein: ein Feuerzeug und eine Schachtel mit wasserfesten Streichhölzern, eine Taschenlampe, ein Taschenmesser, eine zerfledderte Karte von Kreta und ein kleines GPS-Gerät. Auch die anderen Seitentaschen waren mit Wanderzubehör vollgestopft. Der große Stauraum war mit Kleidung gefüllt. Dann sah sie seine Outdoorhose und tastete die zahlreichen Taschen ab. Sie entdeckte sein Portemonnaie, schaute kurz hinein und steckte es wieder zurück. In der Tasche war noch etwas anderes. Sie zog es heraus. Ein Fahrschein für die Athener Metro. Sie hielt ihn ins Licht, betrachtete ihn genauer und bekam weiche Knie. Er war genau an dem Nachmittag abgestempelt, an dem Petitier …
    «Was zum Teufel machst du da?»
    Gailles Herz begann zu rasen. Als sie sich umwandte, sah sie Iain, nur mit Boxershorts bekleidet, in der Schlafzimmertür stehen. «Du bist wach», sagte sie, steckte den Fahrschein wieder in die Tasche und stopfte die Hose zurück in den Rucksack.
    «Ja. Ich bin wach. Was machst du an meinen Sachen?»
    Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hockte einfach da und wartete auf eine Eingebung. «Ich wollte nur …», begann sie.
    Er kam erbost auf sie zu. «Ja? Du wolltest nur was?»
    «Ich habe nach deinem Verbandszeug gesucht.»
    «Ach so.» Er blieb stehen. «Wozu?»
    «Mein Knöchel», sagte sie. «Ich wollte ihn neu bandagieren. Der Verband hier ist schon ganz schmutzig und ausgeleiert. Du bist mir doch nicht böse, oder?»
    «Natürlich nicht», sagte er, wenn auch etwas reserviert, als würde er ihr die Geschichte nicht ganz abnehmen. Er hockte sich hin, zog den Reißverschluss des unteren Fachs auf und nahm das Verbandszeug heraus.
    «Ich wollte dich nicht wecken», sagte sie. «Du hattest gestern einen derart anstrengenden Tag. Ich wollte wieder zurück sein, bevor du aufwachst.»
    «Zurück sein?»
    «Ich muss herausfinden, was mit Daniel und Augustin los ist», meinte sie. «Ich muss einfach. Es macht mich wahnsinnig. Ich dachte, ich könnte so weit hochklettern, bis mein Handy Empfang hat.»
    «Allein? Mit deinem geschwollenen Knöchel? Bist du verrückt?»
    «Ich werde vorsichtig sein.»
    «Vorsichtig? Schon der Weg ist viel zu riskant.»
    «Es ist meine Entscheidung.»
    «Wirklich? Und wer rettet dich, wenn etwas schiefgeht?»
    Sie ließ den Kopf hängen. «Tut mir leid», sagte sie. «Ich habe wohl nicht nachgedacht. Aber … ich muss einfach wissen, wie es den beiden geht.»
    Er seufzte und legte ihr eine Hand auf die Schulter. «Du solltest mindestens noch einen Tag warten, bis du mit dem Knöchel irgendwo herumkraxelst. Weißt du was? Ich kann doch losgehen. Ich werde Knox anrufen und ihm erzählen, was wir hier entdeckt haben, und fragen, was er für Neuigkeiten hat. Und wir können uns schon mal überlegen, wie wir dich hier sicher wieder rauskriegen. Na, wie hört sich das an?»
    «Wunderbar», sagte sie und rang sich ein Lächeln ab. «Vielen Dank.»
    «Ist mir ein Vergnügen», meinte er, schaute sie aber immer noch ein wenig seltsam an. Dann wanderte sein Blick zu der Jagdflinte, die an der Wand lehnte. «Und vielleicht nehme ich die da mit», sagte er. «Mal sehen, ob ich uns was fürs Abendessen schießen kann.»

II
    Die frühen Flüge nach Iraklio waren bereits ausgebucht, aber es gab noch Plätze in der ersten Maschine nach Chania, einer Hafenstadt im Nordwesten von Kreta. Knox landete um kurz nach halb sieben, und da er kein Gepäck aufgegeben hatte, konnte er den Ankunftsbereich sofort verlassen. Nur eine Autovermietung hatte schon geöffnet, hinter dem Tresen saß ein unrasierter Mann mittleren Alters, der eine Sonnenbrille trug und sich ständig die Ärmel seines

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