Waechter des Labyrinths
zerknitterten Leinenanzugs über die Ellbogen schob. Er versuchte, Knox eine Zusatzversicherung aufzuschwatzen. «Grausame Straßen», sagte er. «Schreckliche Fahrer.»
«Machen Sie sich um mich keine Sorgen», versicherte ihm Knox, als er die Schlüssel für einen Hyundai entgegennahm. «Ich lebe in Ägypten.»
Es war noch früh, die Straßen waren leer und in gutem Zustand. Die herrlichen Büsche zu beiden Seiten standen in voller Blüte. Alle paar Minuten klatschte ein Käfer gegen die Windschutzscheibe und hinterließ einen kleinen Fleck. Im Nu war Knox in Vrises, bog nach Süden ab und fuhr in die Weißen Berge. Wie Witwenschleier hingen schwarze Netze von den steilen Hängen. Die Luft war so dunstig, als würde irgendwo ein Feuer brennen. Nachdem er durch Petres gefahren war, hatte er die Straße für sich allein. Zuerst genoss er es, die Haarnadelkurven ein bisschen schneller zu nehmen, als es vernünftig war, doch allmählich begann ihn die totale Stille zu beunruhigen. Selbst an einem frühen Samstagmorgen konnte es eigentlich nicht so ruhig sein. Er näherte sich gerade der Kuppe eines hohen Passes, als er die ersten Schwierigkeiten bemerkte: Die Straße war so frisch verlegt, dass der glitzernde Asphalt an den Reifen haften blieb. Keinen Kilometer weiter sah er ein paar riesige graue Rohre am Straßenrand liegen, die wohl als Abstützung für einen in den Felsen getriebenen Tunnel dienen sollten. Feiner Dreck spritzte gegen den Unterboden des Wagens, und dann wurde der Straßenbelag noch schlechter, bis er schließlich an manchen Stellen über unebenen Fels fuhr, der mit Unkraut und Gräsern überwuchert war. Knox schaltete zurück in den ersten Gang und passierte den Gipfel. Danach ging es in Serpentinen wieder hinab, und er rechnete damit, jeden Moment auf ein unüberwindbares Hindernis zu stoßen. Daher war es keine große Überraschung, als er mit einem Mal auf zwei rot-weiße Sperren zufuhr und dahinter Bulldozer und Bagger sowie riesige Schotter- und Asphalthügel sah.
Er bremste ab und umklammerte das Lenkrad. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte er sich wohl einfach zu Recht darüber aufgeregt, dass niemand es für nötig gehalten hatte, dreißig Kilometer vorher Warnschilder aufzustellen. Doch in diesem Moment sah Knox das Ganze nur als böses Omen und hatte das irrationale, aber beklemmende Gefühl, dass Gaille in schrecklicher Gefahr schwebte. Er zog die Landkarte der Autovermietung hervor. Seine Alternativen waren niederschmetternd: Entweder musste er einen gewaltigen Umweg durch die Berge machen oder den ganzen Weg bis zur Nordküste zurückfahren, dann östlich nach Rethymno und von dort wieder nach Süden. Beide Möglichkeiten würden ihn mindestens drei Stunden kosten. Er stieg aus, schlug frustriert die Tür zu und ging dann an der Absperrung vorbei, um sich den weiteren Verlauf der Straße anzusehen.
III
Gaille ging in Argos Zwinger, um die Näpfe aufzufüllen. Kaum war sie drinnen, tänzelte er schnüffelnd um sie herum, sprang sie mit seinen dreckigen Pfoten an und schleckte ihr das Gesicht ab. Seine Freude war so groß, dass es den Anschein hatte, sie wären nicht nur eine Nacht getrennt gewesen, sondern würden sich erst nach Jahren wiedersehen. Dass sie einem anderen Lebewesen so viel bedeutete, berührte Gaille, und sie drückte ihn liebevoll an sich, wünschte sich aber zugleich, er hätte nicht so furchtbaren Mundgeruch.
Iain verabschiedete sich. Mit der Flinte über der Schulter stampfte er durch die Orangenbäume davon. Gaille glaubte nicht daran, dass er Wild schießen wollte, schließlich gab es in der Speisekammer reichlich Vorräte. Er wollte die Waffe einfach bei sich haben oder wenigstens mit der Gewissheit losgehen, dass Gaille sie nicht an sich nehmen konnte. Der Gedanke ernüchterte sie. Sie schaute ihm nach, bis er im Walnusshain verschwunden war, dann ging sie wieder ins Haus. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Um einen anständigen Handyempfang zu haben, würde man bestimmt eine Stunde unterwegs sein müssen, sogar Iain. Rechnete man die Zeit für ein Telefonat hinzu, würde er wahrscheinlich nicht innerhalb der nächsten zwei Stunden zurück sein. Diese Zeit musste sie gut nutzen. Sie wollte unbedingt mehr über Petitiers Entdeckungen und Iains heimliche Besuche herausfinden. Sie schob den Sessel zur Seite, rollte den Läufer auf, öffnete die Holzklappe, humpelte die steilen Stufen hinab in die Dunkelheit und tastete nach dem Licht. Als Erstes überprüfte
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