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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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sie noch einmal, ob wirklich Iain auf den Fotos zu sehen war und sie sich nicht in etwas hineingesteigert hatte.
    Er war es, daran gab es keinen Zweifel.
    Sie hörte Schritte. Zum zweiten Mal an diesem Morgen wandte sie sich um und sah Iain in der Tür stehen. Die Flinte hing immer noch über seiner Schulter. «Ich wusste es», sagte er. «Ich wusste, dass du etwas gefunden hast.»
    «Ja, aber gerade eben», entgegnete sie. «Die Fotos an der Wand haben mich darauf gebracht. Denn wie hätte er sie entwickeln lassen können? Schwarz-Weiß-Fotos entwickelt heutzutage niemand mehr. Ich dachte, dass er eine eigene Dunkelkammer haben muss. Verstehst du?» Sie breitete die Hände aus und plapperte schnell weiter. «Und sie musste irgendwo im Haus sein, denn schließlich hat es hier so nach Essig gerochen. Und Essigsäure wird als Fixierer benutzt.»
    Doch Iain hörte nicht zu, sondern schaute sich erstaunt im Keller um. Dann sah er Gaille wieder an und deutete auf den Ordner in ihrer Hand. «Was ist das?», fragte er.
    «Nichts.»
    Er kam auf sie zu, riss ihr den Ordner aus der Hand und schlug ihn mit einem überheblichen Blick auf. «Was zum …?», murmelte er, als er die Fotos von sich sah. Er wurde blass und betrachtete die Bilder, erst schnell, dann immer langsamer. Er schien Zeit schinden zu wollen, um sich eine Geschichte auszudenken. Doch es war sinnlos. Er ließ den Ordner und die Bilder auf den Boden fallen, schaute Gaille traurig an und schüttelte den Kopf, als hätte sie alles, was nun geschah, sich selbst zuzuschreiben.

VIERZIG

I
    Knox stand am Felsrand und blickte nach unten. Er konnte das graue Band der Straße durch zahllose Haarnadelkurven bis ins Tal hinab verfolgen, wo sie gerade wurde und noch etliche Kilometer weiter verlief, ehe sie sich am entfernten Horizont verlor. Allerdings sah er kein einziges Fahrzeug. Er hatte gehofft, dass jemand aus der Gegenrichtung kommen und der Fahrer ihn mitnehmen würde, wenn er umkehren musste. Keine Chance. Er holte sein Handy raus und wollte nochmal versuchen, Gaille zu erreichen oder irgendwie ein Taxi zu rufen, doch er hatte keinen Empfang. Wahrscheinlich war er zu hoch oben in den Bergen und zu weit weg von jeder Zivilisation.
    Da also keine dieser Möglichkeiten in Frage kam, schaute er sich wieder die Straße an. Die Ironie war, dass er wahrscheinlich an der Baustelle und den abgestellten Fahrzeugen vorbeikommen würde, aber ein Stückchen weiter hatte ein Erdrutsch, vermutlich ausgelöst durch die schweren Maschinen, einen großen Brocken des Straßenfundaments herausgerissen, sodass nur noch eine wacklige Felsplatte wie eine Brücke auf die andere Seite führte. Und die wurde praktisch durch nichts gestützt.
    Knox trat vorsichtig darauf. Selbst unter seinem geringen Gewicht schien sie sich ein bisschen zu neigen. Er schätzte die Breite an der schmalsten Stelle ab und ging zurück zu seinem Wagen. Die Platte war vielleicht dreißig Zentimeter breiter als der Hyundai. Blieb die Frage, ob sie hielt. Er verzog das Gesicht, die Sache gefiel ihm nicht. Abgesehen davon, dass es gefährlich war, gehörte ihm der Wagen nicht, und wenn es um das Eigentum anderer Leute ging, war er übertrieben vorsichtig. Außerdem hatte Theofanis bestimmt recht: Michail war tot, und der Gedanke, er hätte vor seinem Tod alles in die Wege geleitet, um sich an ihm zu rächen, war reine Paranoia. Und selbst wenn, Gaille war ja nicht allein. Iain war bei ihr, und er war kein Typ, der sich schnell einschüchtern ließ. Wegen seines jugendlichen Äußeren und der strohblonden Haare unterschätzte man ihn leicht, aber …
    Knox wurde kalt. Mit einem Mal wusste er, warum ihm die Gestalt auf den Bildern der Überwachungskamera so bekannt vorgekommen war. Es war Iain gewesen. Er war sich ganz sicher.
    Immerhin fasste er dadurch einen Entschluss. Er musste sofort zu Gaille. Er schob die Absperrung zur Seite, setzte sich wieder in den Hyundai, legte den ersten Gang ein und fuhr mit quälender Langsamkeit auf den Schotterhaufen. Der Unterboden schleifte über die Steine, blieb aber unbeschädigt. Dann trat er auf die Bremse und ließ den Wagen auf der anderen Seite hinabrutschen. Als Nächstes kam ein Asphalthaufen, der vor einer Felswand abgeladen worden war. Unter den Reifen knirschte es, der Haufen kam in Bewegung, und der Wagen geriet in eine solche Steillage, dass Knox fast auf der Tür lag. Doch schließlich hatte er auch dieses Hindernis überwunden und kam ziemlich mühelos an den

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