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Wächter des Mythos (German Edition)

Wächter des Mythos (German Edition)

Titel: Wächter des Mythos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Saurer
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Carmen richtig. Vielleicht hast du auch einen Traum gehabt und möchtest seinen verborgenen Sinn erfahren?«
    Alina stand da und sah die Zigeunerin verblüfft an, worauf diese etwas angekratzt fortfuhr: »Sag jetzt nicht, du bist ohne jedes Begehren gekommen, denn ich werde dir nicht glauben. Niemand kommt zu Carmen, ohne etwas von ihr zu wollen.«
    »Señorita Alina, kommen Sie, wir haben dazu keine Zeit.« Der Inspektor machte dem Wirt ein Zeichen, worauf dieser das Glas der Zigeunerin wieder füllte. Sie hob das Glas und starrte der Gruppe missmutig nach.
     
    Während der weiße Peugeot über eine weite baumlose Hochebene mit ausgedehnten Feldern sauste, schossen Alina wirre Gedanken durch den Kopf. Ihre Begegnungen in Burgos waren mehr als nur merkwürdig, sie enthielten all jene mystischen Begegnungen eines wahren Pilgerweges. Angefangen mit der satanischen Bestie, die Rom gesandt hatte, über die hilfsbereiten Templer bis hin zu einer schwarzäugigen, wundertätigen Madonna, die ihr die Zukunft vorhersagen wollte. Selbst die verwirrte Gralssucherin fehlte nicht, wobei diese Rolle wohl ihr selbst zugefallen war.
    Nun jagte sie in direkter Nähe und in zügigem Tempo den Jakobsweg entlang und ließ ganze Tagesmärsche im Nu hinter sich. Vorbei an der Königsstadt León fuhren sie auf das einst römische Städtchen Astorga zu, welches ihrem Vater immer sehr gefallen hatte. Als Bischofssitz und bedeutende Station am Jakobsweg hatte Astorga früher zahlreiche Pilgerhospize beherbergt. Vor allem der kuriose Bischofspalast des eigensinnigen, katalanischen Architekten Antonio Gaudi war hier zu bewundern. Erst seit 100 Jahren stand das mit Zinnen und Türmen bewehrte Gemäuer neben der Kathedrale und sah aus wie ein Imitat aus Disneyland. Weiter ging es sanft aufwärts durch das Bergvorland.
    Wie gern hätte sich Alina jetzt zu Fuß durch das weite und fremde Land mit seiner wilden Geschichte treiben lassen. Hier auf einen Sprung verweilt und dort einen noch unbekannten Weg eingeschlagen oder eine geheimnisvoll aus dem Dunst der Vergangenheit aufragende Klosteranlage oder Festung aufgesucht. Bald lag auch Ponferrada mit seiner berühmten Templerburg hinter ihnen, die der Orden um 1185 als Geschenk erhalten hatte.
    »Pilgern war nicht immer ein Vergnügen«, sagte Inspektor Rey, »erst recht nicht, nachdem der Templerorden ab 1312 von hier vertrieben worden war.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen«, sagte Sandino. »Das Pilgern war im Mittelalter vor allem auch ein lebensgefährliches Unternehmen, das der Klerus leider zu seinen Gunsten ausnutzte. So wurde das Volk damals in Unwissenheit und in dem festen Glauben auf den Weg geschickt, dass Pilgerziele wie Jerusalem, Rom oder Santiago de Compostela nur wenige Tagesreisen von ihrem Wohnort entfernt lägen.
    Für den Fall des Ablebens konnte man vor dem Aufbruch sein Hab und Gut testamentarisch der Kirche überschreiben und somit sein Seelenheil sichern.«
    »Wenn man bedenkt, wie viele die Strapazen, wie Unwetter, Krankheiten, ungesunde Wundermittel, Überanstrengung und Überfälle, nicht überlebten, war das für die Kirche sicher ein ganz lukratives Geschäft«, meinte der Inspektor.
    »Und all diese Strapazen nur, um sich seine Zeit im Fegefeuer zu verkürzen«, meldete sich jetzt auch Alina zu Wort.
    »Doch heute ist der Weg eine gut ausgebaute, mit vielen Wasserstellen und sicheren Herbergen versehene Wanderroute«, sagte Inspektor Rey.
    »Im Übrigen«, so fügte er nach einer Weile hinzu, »sollte ich über einen kurzen Urlaub nachdenken, um dem Weg wieder einmal die Ehre zu erweisen. Pilgern in Gesellschaft von Freunden macht ja besonders Spaß! Eigenen, selbstgestrickten Gedanken über Gott und das Christsein nachzuhängen, dazu habe ich keine Lust.«
    »Ja, das ist keine schlechte Idee. Wenn Sie wirklich mit uns auf dem Jakobsweg pilgern wollen, können wir damit bis spätestens übermorgen warten«, gab ihm Alina zur Antwort.
    »Ich kann mich Ihnen bis Santiago de Compostela gerne anschließen, das von O’Cebreiro nur noch einen Katzensprung entfernt ist. Nebenbei kann ich auch auf Sie beide aufpassen, was ja Franks allergrößtes Anliegen ist. Man muss die Arbeit eben mit dem Vergnügen verbinden, sonst macht das Leben keinen Spaß. Ich kann Ihnen auch Wanderschuhe und Kleidung mitbringen, sie müssen mir nur ihre Größen nennen.«
    Der Inspektor zögerte, als sei ihm etwas eingefallen. »Ich werde dann auch gleich noch das definitive

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