Wächter des Mythos (German Edition)
ängstlichen Blick zu. Seine Gesichtszüge aber waren in vollkommener Konzentration wie versteinert, er hatte die Lippen zusammengepresst. Sobald es die Sicht in den Kurven erlaubte, gab er Gas, um kurz darauf wieder auf das Bremspedal zu treten. Das Auto wurde bei den Beschleunigungen und Bremsmanövern akut hin- und hergeschüttelt. Alina fiel es schwer, die Nerven zu bewahren und nicht in Panik zu geraten. Es gab keinen Ausweg. Die Männer würden sie auf dieser steilen und kurvenreichen Straße immer wieder einholen, um weitere Kugeln auf sie abzufeuern.
Im Rückspiegel sah sie, wie der Pick-up rasch größer wurde und sich mit heulendem Motor näherte. Gabriel fuhr so schnell, wie es auf einer kurvigen Strecke wie dieser mit unvorhersehbaren Abgründen möglich war. Der geringste Fahrfehler würde sie in den sicheren Tod stürzen. Dennoch näherten sich die Verfolger beharrlich.
»Die haben es leichter«, schimpfte Gabriel, »die kennen die Straße und nutzen unsere Angst vor dem Gegenverkehr.«
»Du hast nicht zufällig auch eine Waffe?«
»Doch, habe ich, aber sie ist in Madrid.«
»Na prima! Vielleicht sollten wir ja noch schnell bei dir zu Hause vorbeifahren, um die Waffe zu holen.«
Gabriel sah sie erstaunt von der Seite her an. »Kann es sein, dass du plötzlich optimistisch wirst?«
»Was hilft es, wenn ich rumjammere?«
Einen Moment lang blickte er sie aus großen Augen an, dann schüttelte er den Kopf und griff zum Rückspiegel und versuchte, ihn so einzustellen, dass er die Straße hinter sich etwas besser im Blick hatte. »Ich schätze«, klagte er, »bei allem, was geschehen ist, brauchst du wohl keine Beruhigungspille.«
Alina wollte etwas erwidern, doch vor ihnen tauchte eine Rechtskurve auf, die noch enger war als alle vorherigen. Sie klammerte sich an den Griff über ihrer Tür und beschloss, ihn nicht mehr loszulassen. Nach der Kurve trat Gabriel erneut aufs Gaspedal, aber der Pick-up war schon wieder hinter ihnen.
»Sie kommen näher!«
Er nickte. »Sie schießen nicht mehr«, fügte er hinzu, »ihre Magazine sind bestimmt leer.«
»Ja, aber jetzt werden sie versuchen, uns abzudrängen«, stöhnte Alina.
»Keine Chance!«
Aber in diesem Augenblick prallte schon der Pick-up gegen ihre Stoßstange. Ihr Auto machte einen Satz nach vorn und geriet mit den Hinterrädern ins Schlingern. Gabriel fluchte und schaltete sofort einen Gang herunter, um mit neuer Kraft zu beschleunigen. Alina stieß fest gegen die Kopfstütze, doch Gabriel bekam das Auto wieder in den Griff. Eine kurze Atempause, dann kam ihnen ein Auto entgegen. Gabriel wich nach links aus, um einen Zusammenprall zu verhindern, und schoss um Haaresbreite an dem Auto vorbei. Den Pick-up traf der Gegenverkehr unvorbereitet, er kam von der Straße ab und raste in die erdige Böschung. Alina atmete erleichtert auf, sie hoffte, die Verfolger los zu sein. Gabriel konzentrierte sich auf die Fahrbahn und fuhr immer noch wie der Henker.
»Für den Augenblick haben wir sie abgehängt, ich denke, du kannst jetzt etwas langsamer fahren, wenn dir dein Leben lieb ist.«
Er seufzte und nahm den Fuß vom Gaspedal. Dann warf er einen Blick in den Rückspiegel. »Was denkst du, für wie lange?«
»Eine Minute vielleicht, nicht länger.«
»Bei meinem Tempo! Das müsste doch mindestens einige hundert Meter Vorsprung ausmachen. Wie weit ist es noch bis zu den Pagoden?«
»Noch ein gutes Stück, doch diesen Checkpoint sollten wir jetzt bald erreichen.«
Vor ihnen tauchte ein schwer mit Kohlköpfen beladener Pick-up auf. Gabriel musste das Tempo drosseln, da das Auto mitten auf der Straße fuhr und er nicht überholen konnte. Etwas nervös begann er zu hupen, doch der Fahrer vor ihm schien keine Eile zu kennen. Gemächlich fuhr er noch ein gutes Stück weiter, bis er ihnen Platz zu machen begann.
»Wir müssen wieder schneller werden.« Gabriel wischte sich über die schweißnasse Stirn, setzte dann zum Überholen an und blickte dabei in den Rückspiegel. In diesem Augenblick sah er die Verfolger auf sie zu rasen. Gabriel drückte sofort das Gaspedal durch, doch zu spät. Ohrenbetäubender Lärm von aufeinanderprallendem Blech. Der hintere Kotflügel wurde eingedrückt. Aber Gabriel blieb auf dem Gas, sodass der Motor wie wahnsinnig aufheulte. Es gelang ihm, das schwer beladene Auto zu überholen. Die Verfolger hatten weniger Glück, denn die Straße verjüngte sich nun in einer scharfen Rechtskurve und sie blieben hinter dem mit Kohl
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