Wächter des Mythos (German Edition)
still und menschenleer, beinahe wie ausgestorben. Sandino fröstelte, er hatte ein ungutes Gefühl. Dann war es ihm, als hörte er leise Schritte ganz in seiner Nähe. Er horchte, doch alles, was zu hören war, waren zwei lautstark kämpfende Kater. Einen Augenblick verharrte er noch auf der Stelle und musterte eindringlich die dunklen Schatten zwischen den Häusern, dann machte er auf dem Absatz kehrt und folgte der Straße. Plötzlich nahm er Brandgeruch wahr und sah am Ende der Gasse die Blaulichter, die gespenstisch über die ehernen Fassaden der Häuser mit ihren geschlossenen Fensterläden zuckten. Sein Herz begann auf einmal wild zu pochen und er beschleunigte seine Schritte, weil er wusste, dass dort vorne, genau dort, wo sein Ziel lag, nichts Gutes geschehen war.
Unerwartet bogen zwei Personen, heftig miteinander diskutierend, aus der Seitenstraße und kamen unverzüglich näher. Er konnte gerade noch rechtzeitig im nächsten dunklen Hauseingang untertauchen, bevor sie an ihm vorübereilten. Doch dann blieben die beiden unerwartet stehen.
»Ich hoffe, du begreifst jetzt, mit wem wir es zu tun haben!«, sagte die große männliche Gestalt, während sie die Frau zögerlich am Arm zurückhielt.
»Die sind ja völlig irre«, schimpfte die Frau resolut, »und obendrein zu allem fähig!«
»Was dachtest du, Alina, diese Typen verstehen keinen Spaß.«
»Das habe ich bereits bemerkt, grundlos das Haus in Brand zu stecken.«
»Was hier geschieht, ist bitterer Ernst, und wenn wir so weitermachen, spielen wir mit unserem Leben! Ist dir das überhaupt bewusst?«, sagte der Mann eindringlich.
»Ach, tatsächlich?«, konterte sie sarkastisch. »Aber wir brauchen das Gegenstück, Gabriel, um den Code überhaupt entschlüsseln zu können.«
»Und, was hast du davon, wenn du das Gegenstück in deinen Händen hältst? Nichts! Denn wo die verschlüsselte Botschaft zu finden ist, davon haben wir noch keinen blassen Schimmer.«
»Jetzt willst du aufgeben? Nachdem wir schon so weit gekommen sind? Sei doch kein Spielverderber«, spottete sie, »wo die verschlüsselte Botschaft zu finden ist, werden wir ja noch früh genug erfahren.«
»Die ganze Sache ist mir einfach zu gefährlich!«
»Ach ja? Nur weil du jetzt dein Erbstück hast, willst du kneifen! Na gut, wie du willst. Ich will die Wahrheit wissen, das bin ich meinem Vater schuldig«, sagte sie entschlossen, ließ ihn stehen und ging einfach weiter. Dann drehte sie sich um und rief ihm zu: »Entweder du hilfst mir oder wir trennen uns hier an Ort und Stelle.«
»Alina«, fuhr er sie nun verärgert an, »damit bin ich nicht einverstanden! Nein, ehrlich, du weißt, es geht hier um Leben und Tod. Aber wenn du natürlich nichts Besseres zu tun hast, als dein Leben aufs Spiel zu setzen, dann bitte! « Er hob die Arme in einer hilflosen Geste. »Dann machen wir uns eben gemeinsam auf den Weg.«
»Also komm, beeil dich! Es könnte uns ja schon jemand auf den Fersen sein.«
»So ein Dickschädel«, murrte der Mann sichtlich verärgert und folgte der Frau widerwillig.
Sandino blieb einen Moment lang im Schatten des Eingangs zurück, er konnte sein Glück kaum fassen, Alina und Gabriel waren ihm soeben über den Weg gelaufen. Jetzt musste er ihnen nur noch folgen und die beiden in einem geeigneten Augenblick ansprechen.
* * *
Alina wartete ungeduldig vor dem Wagen, den sie auf dem Parkplatz vor der Kirche geparkt hatten. Gabriel kam verärgert auf sie zu und wollte eben die automatische Entriegelung des Wagens betätigen, als sie plötzlich sich nähernde Schritte zu hören glaubten. Gabriel fuhr blitzartig herum und Alina erschrocken zur Seite, doch es war niemand zu sehen. Gabriel atmete tief durch und versuchte, mit seinem Blick die dunklen Schatten zwischen den Häusern zu durchdringen. Da ließ ein leises metallisches Klicken sein Blut in den Adern gefrieren. Er kannte dieses Geräusch genau und wusste, irgendwo ganz in ihrer Nähe lauerte eine entsicherte Waffe. Gabriel erstarrte und biss die Zähne zusammen.
»Vorsicht Alina«, zischte er leise. Sie trat einen Schritt zurück und hielt den Atem an. Gabriel ging vorsichtig auf den Eingang zu, der in nächster Nähe vor dem Auto lag. »Wer ist da«, rief er mit fester Stimme. Eine Gestalt verharrte im Dunklen auf der Stelle, Gabriel machte noch einen Schritt auf den Hauseingang zu. Dann hörte er ein Knirschen und konnte noch eine flüchtige Bewegung erkennen, ehe ihn dass Mündungsfeuer blendete. Es
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