Wächter des Mythos (German Edition)
in Frankreich von ihm erhalten. Ich hoffe, Sie wissen, von wem ich spreche, denn ich bin auf gewisse Weise die Verstärkung aus dem Vatikan.«
Gabriel nickte dem Geistlichen erschöpft zu, zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
»Falsch«, widersprach Alina skeptisch, »wir wissen gar nichts! Alles, was wir wissen, ist, dass der Vatikan in diese Sache verwickelt ist. Und ehrlich gesagt, steigert das nicht gerade Ihre Glaubwürdigkeit.«
»Sie haben recht«, sagte Sandino mit einem Seufzer. »Aber warum hätte ich helfen sollen, wenn ich Sie belüge? Nicht jeder im Vatikan ist Ihr Feind.«
»Du kannst ihm vertrauen«, brachte Gabriel nun mühsam hervor. »Er kennt Frank und ist daher unser Freund.«
»Gut«, sagte Alina und kam mit erhobener Waffe näher, »dann sagen Sie mir jetzt, wer meinen Vater ermorden ließ.«
»Das hilft Ihnen auch nicht weiter, doch wenn Sie wollen, können wir später darüber reden. Erst müssen wir fort von hier, Gabriel muss dringend in ein Krankenhaus.«
Alina stand noch einen Moment mit sich selbst ringend da, während sich Sandino um Gabriel kümmerte. »Versuchen Sie aufzustehen, Gabriel«, sagte Sandino, »Alina, bitte, so helfen Sie mir doch! Wir sollten wirklich nicht länger bleiben, Gabriel ist wieder bewusstlos, er hat Blut verloren und muss dringend verarztet werden.«
Gemeinsam hievten sie ihn auf die Rückbank des Autos, Alina setzte sich daneben, dann machten sie sich schweigend auf den Weg zum nächsten Krankenhaus nach Avignon. Während der Fahrt brach Alina plötzlich ihr Schweigen.
»Warum wurde mein Vater ermordet und warum soll ich gerade Ihnen vertrauen?«
»Hören Sie mir jetzt einmal gut zu, Alina«, sagte Sandino und warf ihr durch den Rückspiegel einen Blick zu. »Ich bin ein großer Bewunderer der Templer und es widerstrebt mir zutiefst, dass eines ihrer Werke der Anlass für ein abscheuliches Verbrechen geworden ist. Von den zahlreichen anderen Toten, die im Laufe der Jahrhunderte für die Ideale der Templer gestorben sind, ganz zu schweigen.«
»Ein Bewunderer der Templer!«, schnaubte Alina wütend und spürte aber plötzlich Gabriels Hand auf ihrem Arm.
»Frank ist auch ein Bewunderer der Templer«, stöhnte Gabriel, mit den Schmerzen kämpfend. »Von Frank habe ich den Zeitungsartikel deines Vaters erhalten, vertrau ihm.«
Danach nickte er ihr nur matt zu und schien still vor sich hin zu dämmern. Alina wandte sich erneut Sandino zu und musterte ihn misstrauisch mit unverhohlenem Blick.
»Ich weiß, dass Ihnen diese Situation paradox erscheinen mag«, sagte Sandino, ohne den Blick von der Straße zu lassen. »Der Vatikan mag Ihnen im Moment als der gefährlichste Ort erscheinen. Aber, glauben Sie mir, dort gibt es immer noch Menschen, die es gut mit Ihnen meinen.«
»Was wissen Sie über den Kelch meines Vaters?«
»Das einzige, was ich wirklich weiß, ist bei uns im Geheimarchiv zu finden. Dieser Kelch enthält Schriftzeichen, die der Papst im Jahre 1314 mit einem Bann belegt hat: ›Wenn wer sagt, dass er den Inhalt dieser Zeichen kennt oder ihnen Glauben schenkt, der sei ein Verfluchter‹ , so seine Worte, wenn ich mich richtig erinnere.«
»Ist das alles?«, fragte Alina enttäuscht.
»Ja, alles andere sind nur Vermutungen und Spekulationen. Doch diese genügen, um Ihren Vater als ernste Gefahr einzustufen.«
»Wer hat meinen Vater als eine ernste Gefahr eingestuft?«, fragte Alina scharf.
»Die Glaubenskongregation.«
»Und wer hat dort das Sagen?«
»Josef Kardinal Walter, er trägt die Verantwortung für das, was passiert ist. Doch er ist nicht allein.«
»Aber wer denn noch alles in diesem verflixten Vatikan?«, schrie Alina nun sichtlich erregt.
»Weniger, als Sie annehmen mögen«, sagte Sandino beruhigend, »aber trotzdem sicher eine Handvoll. Unglücklicherweise gehören einige der einflussreichsten Männer an der Seite des Heiligen Stuhls dazu.« Er stieß einen leisen Seufzer aus. »Daran lässt sich leider nichts ändern. Jeder Staat hat nun mal seine Agenten, die im Falle einer Staatsbedrohung nicht gerade zimperlich mit ihren Feinden umgehen. Und der Vatikan ist nichts anderes als ein solcher Staatsapparat.«
»Meinen Vater deshalb ermorden? Ihr seid ja alle übergeschnappt!«
Sandino lachte bitter. »Sehen Sie, genau da beginnt das moralische Dilemma. Wie verwerflich ist es, die Grundfesten der Kirche zu erschüttern?« Als er sah, dass Alina die Tränen kamen, fügte er tröstend hinzu: »Was mit Ihrem Vater
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