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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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und nahm allen Mut zusammen. Es war ein steriler weißer Betonklotz mit abgerundeten, Wind abweisenden Ecken, und das Gebäude war in den Boden eingesunken, als ob es zu schwer wäre für den Lehmboden von London. Das Dach war ein regelrechter Windpark, zusätzlich mit Solarzellen-Paneelen und Antennen bestückt; die kleinen Fenster wirkten die Schießscharten. Mit den unterirdischen Räumen und der unabhängigen Stromversorgung glich das Haus einem Bunker. Das war die Architektur der von Ängsten geplagten Mitte des 21. Jahrhunderts.
    Bella musste eine Treppenflucht zur Vordertür hinabsteigen. Eine schlanke Frau in einem strengen schwarzen Kostüm erwartete sie.
    »Miss Duflot?«
    »Dr. Fingal. Vielen Dank für Ihr Erscheinen. Nennen Sie mich Phillippa …« Sie reichte ihr eine langfingrige Hand.
    Abgeschirmt von ihren Sicherheitsleuten wurde Bella durch das Haus ins Wohnzimmer geführt.

    Phillippa Duflot musste Anfang sechzig sein, also etwas älter als Bella. Ihr silberfarbenes Haar war kurz geschnitten. Ihr Gesicht war nicht unattraktiv, aber es war hohlwangig und wirkte beinahe eingefallen, und die Lippen waren aufgeworfen. Phillippa strahlte eine Aura eiserner Selbstbeherrschung aus, aber diese Frau hatte einen Sohn verloren, und Bella hatte den Eindruck, dass die Spuren dieser Tragödie sich als Falten um die Augen und eine Verspannung im Nacken manifestierten.
    Im Wohnzimmer wurde Bella von Phillippas Mehrgenerationen-Familie bereits erwartet. Die Familienangehörigen erhoben sich, als Bella den Raum betrat, und reihten sich vor der Softscreen auf, die das Bild eines idyllischen schottischen Sees zeigte. Bella hatte sich alle Namen gemerkt und hoffte nur, dass sie sie vor lauter Nervosität nicht wieder vergessen hatte. Die zwei überlebenden Söhne von Phillippa, Paul und Julian, waren gestandene Männer in den Dreißigern, die nun aber betreten wirkten. Ihre Frauen standen an ihrer Seite. Diese schlanke, schöne Frau von sechsundzwanzig war Cassie, die Witwe des vermissten Sohns James, und seine zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen: der sechsjährige Toby und die fünfjährige Candida. Sie alle waren anlässlich der Trauerfeier in Schwarz und Weiß gekleidet, sogar die Kinder. Und sie alle hatten Identifikations-Tätowierungen auf der Wange. Das Tattoo des kleinen Mädchens war eine schöne rosa Blume.
    Vor dieser Gruppe und unter den Blicken der Kinder wusste Bella plötzlich nicht mehr, was sie sagen sollte.
    Phillippa kam ihr zu Hilfe. »Wir freuen uns wirklich sehr über Ihr Erscheinen.« Sie hatte den authentischen Akzent der britischen Oberklasse, eine Reminiszenz an ein anderes Zeitalter, als Etikette und Status noch einen hohen Stellenwert gehabt hatten. »Dr. Fingal ist die Leiterin des Weltraumrates«, sagte Phillippa zu ihren Enkelkindern. »Sie ist eine sehr wichtige Person. Und sie ist extra von Amerika hierher geflogen, um uns zu treffen.«

    »Nun ja. Und um Ihnen dies hier zu geben.« Bella wandte sich mit einem Kopfnicken an ihre Leibwächter, die Frau überreichte ihr die Ledertasche. Bella öffnete sie vorsichtig und stellte sie auf einen niedrigen Kaffeetisch. Eine Scheibe aus einem zarten, funkelnden Geflecht lag auf einem schwarzen Samtkissen.
    Die Kinder machten große Augen. »Ist das ein Orden?«, fragte der Junge.
    Und Candida fragte: »Ist das für Daddy?«
    »Ja. Das ist für deinen Vater.« Sie deutete auf den Orden, berührte ihn aber nicht; er wirkte wie ein Spinnennetz, das mit winzigen elektronischen Bauteilen besetzt war. »Wisst ihr denn, woraus er besteht?«
    »Weltraumschild-Zeug«, sagte Toby wie aus der Pistole geschossen.
    »Ja. Genau das. Man nennt es die Tooke-Medaille. Dies ist die höchste Auszeichnung, die man erwerben kann, wenn man im Weltraum lebt und arbeitet. Ich kannte Bud Tooke. Ich habe mit ihm oben auf dem Schild gearbeitet. Ich weiß, wie sehr er euren Daddy bewundert hätte. Und das ist auch nicht nur ein Orden. Wollt ihr sehen, was er sonst noch alles kann?«
    Der Junge war skeptisch. »Was denn?«
    Sie wies auf den Gegenstand. »Drück einfach auf diesen Knopf und sieh selbst.«
    Der Junge tat wie geheißen.
    Ein Hologramm leuchtete über dem Tisch auf und wölbte sich über den Orten im Etui. Es zeigte eine Begräbnis-Szenerie, mit einem von Flaggen drapierten Sarg auf einem Katafalk, der von sechs Ponys gezogen wurde. Gestalten in dunkelblauen Uniformen standen Spalier. Der Ton war blechern, aber klar, und Bella vermochte das knarrende

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