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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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einer Farm. Sie gingen zwischen Rabatten mit Salat-und Kohlköpfen hindurch, die alle prächtig gediehen. Flache Teiche dienten als Reisfelder, und auf Gestellen standen Pfannen mit einer sämigen Flüssigkeit, aus der Bohnen, Erbsen und Soja wuchsen. Es gab sogar Obstbäume - Orangen, Äpfel und Birnen -, die in Töpfen wuchsen und offenkundig liebevoll gehegt und gepflegt wurden. Und hier sahen sie auch wieder das rosige Tageslicht des Mars. Aber das Licht der fernen Sonne wurde durch Bänke von Weißlicht-Lampen verstärkt.
    Sie gingen schnell weiter. Ein Industrie-Luftreiniger versuchte den Gestank von Abwasser zu kaschieren.
    Sie erreichten die lichtdurchlässige Wand der Kuppel, und Bisesa sah Reihen von Setzlingen, die außerhalb der Kuppel angepflanzt worden waren. Sie bemerkte, dass sie glitzerten - irgendwie gläsern -, und das Grün ihrer sonderbar geformten Blätter war eine Nuance dunkler als die Pflanzen um sie herum.
    Aber sie war mit den Gepflogenheiten auf dem Mars noch nicht so vertraut. Erst bei näherer Überlegung wurde ihr bewusst, dass diese Pflanzen in der Marsluft außerhalb der Druckkuppel sprossen. »Meine Güte«, sagte sie.
    Alexej lachte.
    Sie gingen durch weitere bewohnte Bereiche und kamen dann an etwas vorbei, das eine Schule sein musste; Bisesa wäre
am liebsten hineinspaziert und hätte sich mit dem Lehrstoff für diese ersten jungen Marsianer vertraut gemacht - was sie zum Beispiel über die Erde lernten? Aber sie traute sich nicht, Paula zu fragen.
    Und sie fanden eine Bar namens »Ski’s« - anscheinend nach Schiaparelli benannt, dem Entdecker der Canali, den Lowell’schen Kanälen. Es wurde auch Alkohol ausgeschenkt, aber nur als Obstwein und Whisky. Sie versuchten einen Apfelwein, aber er war für Bisesas Geschmack zu fad.
    »Niedrige Schwerkraft, niedriger Druck«, sagte Alexej. »Hier ist man ruckzuck betrunken.«
    Die letzte Kuppel, die sie erforschten, war die größte und schien auch die aufwendigste zu sein. Sie bestand aus einer Verkleidung über riesigen Verstrebungen aus einem Material, das Myra als Mondglas identifizierte. Die Kuppel wurde kaum genutzt. Außer ein paar Winkeln, die als Lager und kleine Werkstätten dienten, gab es nur staubige Trennwände, Kabel und Leitungen, die auf einem unfertigen Boden herumlagen.
    »Als ob man nichts Rechtes damit anzufangen wüsste«, sagte Bisesa.
    »Aber das lag auch gar nicht im Ermessen der Marsianer«, sagte Paula. »Nach dem Sonnensturm stand man noch unter dem Eindruck des Schicksals der Aurora -Besatzung und investierte deshalb viel Geld in eine lebensfähige Mars-Siedlung. Und das ist dabei herausgekommen. Man wollte einen Teil der Erde hier auf dem Mars rekonstruieren.« Sie wedelte mit der Hand. »Diese Glasverstrebungen stammen vom Sonnensturm-Schild selbst. Es ist gewissermaßen eine Art Denkmal. Und man hatte sogar einen blauen Himmel unter diese große Kuppel projizieren wollen. Sie hätte den Namen ›Oxford Circus‹ erhalten sollen.«
    »Sie machen Witze.«
    »Nein«, sagte Alexej. »Es sollte sogar ein Zoo hier angelegt werden. Mit Tieren vom Bauernhof. Vielleicht auch ein Elefant oder zwei, was weiß Sol. Als Zygoten hierher verfrachtet.«
    »Und ein Wetter wie auf der Erde in der Kuppel«, sagte Paula. »Man hatte das sogar schon in Angriff genommen, als ich noch klein war. Das Gewitter war ziemlich schaurig. Doch dann ist alles eingestürzt, und niemand hat sich die Mühe gemacht, es zu reparieren. Wieso auch? Viele von uns haben die Erde nie gesehen, und deshalb vermissen wir sie auch nicht. Und wir haben sowieso unser eigenes Wetter.« Ihr Lächeln wurde breiter, und sie war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Aber ihr Blick war leer.
     
    Diese Nacht verbrachte Bisesa in einer kargen Mönchszelle, deren Einrichtung sie wohl daran erinnern sollte, dass sie hier kein Gast war, dass sie hier nicht willkommen war und allenfalls geduldet wurde.
    Aber es gab ein Bücherregal über dem Bett - richtige Papierbücher oder zumindest Faksimiles. Es waren Ausgaben von klassischen Mars-Romanen, wie man ihn sich in der Zeit vor dem Raumflug vorgestellt hatte - von Wells über Weinbaum und Bradbury bis zu Robinson und darüber hinaus. Beim Blättern in den alten Büchern verspürte sie ein eigentümliches Gefühl der Freude; zum ersten Mal seit ihrer Ankunft auf dem Mars wurde sie daran erinnert, dass er seit jeher der Planet unzähliger Träume gewesen war.
    Sie stieg ins Bett. Sie las ein paar Kapitel

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