Wächterin der Dunkelheit: Roman (German Edition)
richtige ist?«
Er schnaubte. »Ihr wisst alle selbst, was richtig ist und was nicht. Dafür braucht ihr mich nicht. In der Nacht, als Sie zur Dark Hunterin wurden, leisteten Sie den ewigen Schwur, Artemis zu dienen und in ihrem Auftrag die Daimons zu jagen. Jeder von euch wurde dafür mit Reichtum, Dienern und Privilegien belohnt. Alles, was ihr im Gegenzug dafür tun müsst, ist, die Menschen zu beschützen und selbst am Leben zu bleiben. Solange ihr euch an die Regeln haltet, steht es euch frei, euer Glück zu finden, wie es auch immer aussehen mag. Ihr alle kennt die Regeln. Ich bin nur hier, um deren Einhaltung durchzusetzen, falls einer von euch glaubt, dass sie für ihn oder sie nicht gelten.«
Das reichte. Sie wollte niemanden, der so herzlos war, unter ihrem Dach haben. Es war ihm tatsächlich egal, wen er tötete. Die Dark Hunter waren ihm völlig gleichgültig. Doch für sie waren ihre Brüder wie eine Familie.
Er würde morden oder selbst sterben, um Acheron zu beschützen, und sie würde morden oder selbst sterben, um ihre Familie zu schützen.
So einfach war das. Und doch so kompliziert.
»In diesem Fall möchte ich, dass Sie mein Haus verlassen.«
Er schüttelte den Kopf. »So geht das nicht. Wenn Acheron mich schickt, weist er mich einem Dark Hunter zu, von dem er will, dass er gerettet wird. Es funktioniert leider nicht immer, aber rein theoretisch betrachtet: Wenn Sie kooperieren, sollten Sie das Ganze unbeschadet überleben. Ich werde Sie als freundlichen, vertrauenswürdigen Dark Hunter benutzen, damit Sie mich den Verrätern vorstellen und ich herausfinden kann, wer es wert ist, gerettet zu werden.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»Dann werden Sie sterben.« Sein Tonfall verriet ebenso wenig Gefühlsregung wie seine Miene. Es kümmerte ihn nicht im Geringsten, ob er sie töten musste oder nicht.
Danger starrte ihn mit vor Wut hämmerndem Herzen an. »Dann hoffe ich nur, Sie rücken mit einer Armee an, denn es wird schon ein bisschen mehr nötig sein, um mich umzubringen.«
Sie machte einen Satz nach vorn, doch es war, als pralle sie gegen eine unsichtbare Wand. Sie versuchte es noch einmal, doch es schien keine Möglichkeit zu geben, an ihn heranzukommen. Es war fast, als sei er von einem Kraftfeld umgeben, das ihn vor jedem Angriff schützte.
»Ich kann nicht sterben, Danger«, erklärte er düster. »Aber Sie. Und eines kann ich Ihnen versichern – als Dark Hunter zu sterben ist eine wirklich üble Sache.«
Sie drosch mit der Hand auf die unsichtbare Wand ein und starrte ihn an. »Sie wollen, dass ich meine Brüder verrate, nur um meine eigene Haut zu retten? Vergessen Sie’s. Ich scheiß auf Sie und Acheron.«
»Nein«, erklärte er mit ernster Miene und schüttelte den Kopf. »Ich bitte Sie darum, Ihre Brüder zu retten. Wenn wir sie dazu bringen, Ihnen zu vertrauen und mir zu glauben, wenn sie akzeptieren, dass Kyros ein Lügner ist, können sie nach Hause gehen, und es ist alles vorbei und vergessen.«
»Und wenn wir es nicht tun?«
»Dann sind sie Geschichte.«
Angewidert wich sie zurück. »Sie könnten ruhig ein bisschen mehr Mitgefühl an den Tag legen, wenn Sie so etwas sagen. Bedeuten wir Ihnen denn gar nichts? Und was ist mit Acheron?«
Sie spürte einen feinen Luftzug, als wäre die Wand wieder verschwunden, und sah in Alexions unheimliche grüne Augen.
»Acheron bedeuten die Dark Hunter durchaus etwas. Wenn nicht, wäre ich jetzt nicht hier, und ihr alle wärt längst tot. Er braucht mich nicht, um euch zu töten. Er kann es sehr gut allein, ohne dass er dabei auch nur ins Schwitzen käme. Glauben Sie mir – auch mir macht es keinen Spaß zu töten. Und die Entscheidung, wer überlebt und wer nicht, ist auch für mich nicht leicht. Das Ganze ist kein Spiel für mich. Es ist aber auch nicht das Ende der Welt.«
Sie schluckte den Kloß hinunter, der sich beim Gedanken daran, dass all ihre Freunde sterben würden, in ihrem Hals gebildet hatte. »Sie haben es verdient, gerettet zu werden. Sie alle . Aber Sie haben ja keine Ahnung, wie schwer es ist, einer von uns zu sein. Man hat uns erschaffen und dann einfach alleingelassen. Einige von uns existieren jahrzehntelang oder sogar noch länger, ohne ein Wort von Acheron zu hören. Und keiner von uns sieht Artemis jemals wieder …«
Er gab ein abfälliges Schnauben von sich. »Seien Sie froh, dass Ihnen das erspart bleibt.«
Sie hielt inne, als ihr Strykers Worte über Artemis’ Tod wieder in den Sinn kamen.
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