Wächterin der Dunkelheit: Roman (German Edition)
sein. Niemals.
Doch trotz allem wusste Kyros eines ganz genau – Ias würde ihn niemals belügen. So etwas sah ihm nicht ähnlich. Er war stets ein Ehrenmann gewesen.
Doch war dieser Ias noch derselbe Mann wie der Sterbliche, den er gekannt hatte?
»Was tust du da?«
Kyros sah auf und erblickte Stryker, der im Türrahmen zu seinem Arbeitszimmer stand, das er gerade betreten wollte. Mit einer Lässigkeit, die er nicht empfand, schob er sich an ihm vorbei und setzte sich in seinen burgunderroten Lederdrehstuhl hinter seinen mit Schnitzereien verzierten Mahagonischreibtisch. »Ich denke nach.«
»Worüber?«
Er bedachte den Daimon mit einem tödlichen Blick. »Wusstest du, dass Acherons Zerstörer einst mein bester Freund war?«
Stryker hielt inne, als die Worte auf ihn niederprasselten. Darauf war er nicht gefasst gewesen. Stattdessen hatte er sich immer gefragt, woher Alexion gekommen sein mochte.
Aber jeder wusste, dass Acheron nicht gerade redselig war und ihm irgendetwas erzählte – und schon gar nichts, von dem er ahnte, dass Stryker es eines Tages gegen ihn verwenden könnte. Das war das Dumme mit den Feinden. Sie bekamen einfach die Zähne nicht auseinander.
Also war auch Alexion einst ein Mensch gewesen … Und er hatte Kyros gekannt …
Gut. Das würde ihm helfen.
»Bestimmt fühlst du dich verraten«, sagte er mit wohl kalkuliertem Mitgefühl. »Hat er etwas gesagt?«
»Er sagte, er sei gekommen, um mich vor dir zu beschützen.«
Stryker bemühte sich um eine neutrale Miene. Er musste mit größter Umsicht vorgehen, wenn er die Gefahr abwenden wollte, die all seine Pläne zu zerstören drohte.
»Interessant.«
Also hatte Alexion vor, seinen alten Freund, Strykers Schachfigur, vor dem Tod zu bewahren. Das könnte sich als überaus praktisch erweisen. Alexion würde es sich gewiss zweimal überlegen, ehe er seinen Freund zu einer Existenz als Shade verdammte, was Stryker hervorragend gegen ihn verwenden konnte. Alexion würde wohl kaum den Mann töten, zu dessen Rettung er gekommen war.
Oh ja, das waren allerdings gute Nachrichten. »Dir ist klar, dass er lügt, oder?«
Kyros schüttelte den Kopf und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Ich denke nicht.«
»Nein?«, fragte Stryker, trat einen Schritt vor, schob den schwarzen ledernen Bleistiftbehälter beiseite und setzte sich auf die Schreibtischkante. »Benutz deinen Verstand, Kyros. Er behauptet, er sei dein Freund, aber wo, bitte schön, war er all die Jahrhunderte?«
»Er sagte, er hätte nicht mit mir in Kontakt treten können.«
»Konnte nicht oder wollte nicht?«
Kyros musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Sag einfach, was du zu sagen hast, Stryker. Ich bin nicht in Stimmung für diesen Unsinn.«
»Gut«, sagte Stryker und beugte sich vor, um Kyros in die Augen zu blicken. »Ich sage dir Folgendes: Wenn er wirklich dein Freund ist, wo war er dann die ganze Zeit, während du in der Pampa herumgehangen hast? Wie oft hast du Acheron gebeten, dich von Mississippi in eine Großstadt zu versetzen, wo ein bisschen mehr läuft als alle Jubeljahre eine Grillparty? Und wie oft hat er deine Bitte ignoriert?«
Kyros wandte den Blick ab. »Ash hatte seine Gründe.«
Dieser erbärmliche Narr. Er hatte keine Ahnung, mit wem er es zu tun hatte, wenn Acheron oder er selbst vor ihm stand.
»Ach ja?«, bohrte Stryker weiter. »Oder war es vielleicht dein Freund , der deine Bitte abgelehnt hat? Denk darüber nach, Kyros. Acheron ist ein sehr beschäftigter Mann, der nicht die Zeit hat, Tausende Dark Hunter im Auge zu behalten, die er erschaffen hat, um sie zu zerstören. Wen würde er wohl dafür an seine Seite holen, was glaubst du?«
Stryker ließ ihm keine Zeit für eine Antwort. Er wollte nicht, dass Kyros einen logischen Gedanken fasste, ehe er Zweifel in ihm gesät hatte. »Seine rechte Hand, das ist doch klar. Denjenigen, von dem er sicher sein kann, dass er all seine Befehle ausführt.«
Er schnalzte mit der Zunge. »Verdammt, Alexion kann sogar einen Teil der Kräfte meines Bruders kontrollieren. Einige von uns glauben, dein Freund Alexion sei Acherons Blutsbruder. Und dir ist auch klar, dass dein so genannter Freund verantwortlich für dein Einsatzgebiet ist. Er ist derjenige, der der Meinung war, du hättest es nicht verdient, mehr Menschen um dich zu haben. Und selbst wenn er nicht derjenige ist, der die Entscheidungen trifft, hätte ein solcher Freund doch unter Garantie schon längst die Möglichkeit gehabt, Acheron
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