Wächterin der Träume
Land? Niemand schien eine nähere Erklärung abgeben zu wollen, doch Madrenes – und Morpheus’ – Miene nach zu urteilen, war es kein gerechtes Urteil.
»Nein!«, rief Padera und sprang auf. »Das könnt ihr nicht machen! Da sie ein Sukkubus ist, habt ihr nicht das Recht, über sie zu urteilen!«
Gladios blieb ungerührt. »Aus diesem Grund werde ich unseren Beschluss der Matrone mitteilen. Sie wird dafür sorgen, dass das Urteil vollstreckt wird. Und was Padera betrifft –«
»Nein«, schnitt die Oberste Wächterin ihm das Wort ab und schüttelte den Kopf. »Ich werde nicht zulassen, dass ihr meine Mutter für etwas bestraft, das sie nicht getan hat! Sie hat das Amulett keinem Sterblichen gegeben.«
»Sie hat nicht darauf aufgepasst. Und als es ihr gestohlen wurde, hat sie den Diebstahl nicht gemeldet. Das ist strafbar genug.« Gladios blickte Verek an. »Bring Madrene bitte zurück ins Bordell.«
Da trat Padera zwischen ihre Mutter und den großen Nachtmahr. Ihre Miene verriet, dass sie Verek getötet hätte, um ihre Mutter zu beschützen. Und was war mit Antwoine? Was sollte ich ihm sagen, nachdem ich die Ursache dafür war, dass seine Geliebte verhaftet wurde? Er würde sie nie wiedersehen, denn die Zeit ihrer Gefangenschaft würde für ihn den Rest dieses Lebens und einen Teil des nächsten umfassen.
»Du darfst sie nicht mitnehmen«, beharrte Padera. »Ich lasse es nicht zu.
Ich
bin diejenige, die das Amulett gestohlen und es dem Sterblichen gegeben hat.« Bei diesem Worten blickte sie mir direkt in die Augen. »Ich wünschte nur, er hätte seinen Auftrag zu Ende bringen können, bevor du seinen Geist zerstört hast.«
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Kapitel achtzehn
D urch Paderas Geständnis geriet alles ins Stocken. Da der Rat ein vertrauliches Gespräch mit Morpheus und Hadria wünschte, schickte man mich in den Palast zurück. Ich habe keine Ahnung, wohin man Madrene und Padera brachte, doch ich hätte wetten können, dass die beiden viel zu bereden hatten. Madrene wirkte wütend und bestürzt, ohne dass ihre Schönheit darunter gelitten hätte. Sie und mein Vater hätten ein phantastisches Paar abgegeben.
Der Gedanke ging mir noch immer durch den Kopf, als Verek mich nach Hause brachte. Was hatte Madrene in Antwoine gesehen, dass sie seinetwegen einen Gott verließ? Vermutlich das Gleiche, das ich in Noah sah und das ihn für mich viel anziehender machte als das stattliche Mannsbild neben mir. Verek war attraktiv, aber er war nun einmal nicht Noah. Und mein Vater war nicht Antwoine. Und was meine Mutter betraf, so konnte der Mann, den sie geheiratet hatte, sich nicht mit dem Mann ihrer Träume messen. Wir haben nicht die Wahl, in wen wir uns verlieben. Und das galt offenbar gleichermaßen für Menschen wie für Traumwesen.
Da kam ich doch tatsächlich ins Philosophieren. Kein Wunder, nachdem der Rat gerade beschlossen hatte, mich nicht zu zerlegen und irgendwie neu zusammenzusetzen.
»Ich bin froh, dass sie zu deinen Gunsten entschieden haben«, sagte Verek, ohne mich anzusehen.
»Danke. Hoffentlich ändern sie ihre Meinung nicht noch.«
»Das bezweifle ich. Du solltest mit deiner Ausbildung weitermachen und alles über diese Welt lernen. Damit hältst du sie dir vom Hals.«
»Hey, das versuche ich ja schon«, erwiderte ich und hob abwehrend die Hände.
»Ich helfe dir dabei«, antwortete er lächelnd.
Ich schnaubte. Was die Theorie anging, konnte Antwoine mir besser helfen, doch was das Kämpfen anging, kannte Verek sich aus. »Du suchst nur nach einem Grund, mir in den Hintern zu treten.«
»Wie gut du mich doch kennst.«
Als wir einander angrinsten, spürte ich, wie sich die Kluft schloss und sich die alte Vertrautheit wieder einstellte. Aus Gründen, die nur er selbst kannte, begehrte Verek mich. Doch er achtete darauf, dass dieses Begehren unsere Freundschaft nicht zerstörte. Vielleicht war dieser große Klotz aber auch so eingebildet zu glauben, ich würde doch noch nachgeben, wenn er nur lange genug wartete.
Komisch, aber vor noch nicht einmal zwei Monaten hätte ich nie geglaubt, dass ein so gutaussehender Typ wie er auf mich abfahren könnte. Dass er es tat, gehörte jetzt einfach zu meinem neuen Leben. O Mann!
Mit den Worten: »Ich komme dich holen, wenn der Rat wieder zusammentritt«, verabschiedete sich Verek von mir, kaum dass wir den Palast betreten hatten. Draußen vor dem Tor standen die obsidianschwarzen Wächter, in ihre dicken, samtigen Schwingen wie in einen Umhang gehüllt.
Sie
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