Wächterin der Träume
schaden, und damit ein grundlegendes Gesetz über den Umgang mit Sterblichen verletzt, und dann tust du genau das Gleiche.« Sie lachte. »Ich finde deine Dreistigkeit amüsant, Schwester.«
Ich wich ihrem Blick nicht aus. »Ein solches Gesetz gibt es gar nicht.« Ich war mir dessen sicher, da Verek und Hadria mir während unserer Übungsstunden die Gesetze eingetrichtert hatten. So viele waren es nun wirklich nicht. »Wir dürfen Sterblichen nicht vorsätzlich Schaden zufügen und ihnen nicht die Geheimnisse dieser Welt verraten. Ich habe jedoch das Amulett einem Menschen gegeben, der bereits über unsere Welt Bescheid wusste.«
»Weil du ihm davon erzählt hast.«
Ich schüttelte den Kopf. »Weil ihn vor einigen Wochen ein Traumdämon angegriffen und ihm die Existenz dieser Welt enthüllt hat. Ein Dämon, der, wie ich hinzufügen darf, behauptete, einer Gruppe anzugehören, die Morpheus stürzen wollte.« Ich lächelte ihr verkniffen zu. »Du weißt wohl nicht zufällig etwas über diese Gruppe, Padera, oder?«
In diesem Augenblick war ich wirklich froh, dass Blicke nicht töten konnten. Da sie nichts erwiderte, nutzte ich die Gelegenheit und wandte mich an den Rat. »Irgendjemand hat einem Sterblichen ein solches Amulett gegeben, um mir zu schaden. Daraufhin gab ich meins Noah, da ich jede nur denkbare Unterstützung gebrauchen kann. Mit Ausnahme von Hadria, Verek und Madrene hat niemand in dieser Welt mir gegenüber das kleinste bisschen Freundlichkeit oder auch nur Höflichkeit gezeigt.« Ich warf Padera einen bösen Blick zu. »Nicht einmal meine eigene Schwester. Man hat mich wie ein Monstrum behandelt, nur weil ich anders bin. Wo ich herkomme, nennt man so etwas Schikane, und ob es euch nun klar ist oder nicht: Keiner mag Leute, die andere schikanieren.«
»Und du am allerwenigsten, Dawn«, meldete sich Padera zu Wort. »Wir wissen ja, was passierte, als dich einmal jemand schikanieren wollte.«
Ich starrte sie an, wohl wissend, wen sie meinte. »Das war ein Unfall.«
Sie schnaubte nur und drehte sich wieder zu den Ratsmitgliedern um. »Vor dreizehn Jahren hänselte ein Mädchen namens Jackey Jenkins die Prinzessin in der Schule. In der folgenden Nacht drang Dawn in die Träume des Mädchens ein und quälte es stundenlang. Davon hat sich Miss Jenkins nie mehr erholt.«
»Das war ein Fehler«, räumte ich ein. »Ich wusste nicht, wozu ich in der Lage war, und ich wollte ihr nie so weh tun.«
»Und was ist mit Phil Durdan?«, fragte Padera zuckersüß. »Wolltest du
ihm
weh tun?«
Sie ließ ihren Blick über meine Gestalt wandern und befand mich offensichtlich für unzulänglich. »Da du nicht sabberst und in der Lage bist, in ganzen Sätzen zu reden, warst du meiner Meinung nach nicht halb so sehr in Gefahr wie Mr Durdan.«
»Genug!« Hadrias Stimme hallte durch den Saal. Sie war so laut und kräftig, dass ich zusammenzuckte. Keine Spur mehr von der heiteren Gelassenheit, die ich von ihr gewohnt war. Stattdessen zeigte sie eine wilde Entschlossenheit, die mir klarmachte, dass mit ihr nicht gut Kirschen essen war.
»Bei diesem Prozess geht es darum herauszufinden, ob Dawn eine akute Bedrohung für diese Welt darstellt, und nicht um Fehler, die sie als Kind begangen hat. Die Beweise sprechen dafür, dass Phil Durdan das Amulett von einem von uns erhalten hat. Madrene sagt, sie weiß nicht, wo sie ihr Amulett verloren hat. Wenn das stimmt, dann ist Dawn nicht die Einzige, die dieser Welt gefährlich werden könnte.«
Padera schnaubte. »Vielleicht hat Dawn dem Sterblichen ja selbst das Amulett gegeben. Damit sie einen vorgeschobenen Grund hatte, ihrem Lover auch eins zu geben.«
Ich verdrehte die Augen. »Dann habe ich wahrscheinlich auch darum gebeten, verprügelt und vergewaltigt zu werden.«
Die Oberste Wächterin zuckte die Schultern. »Was weiß ich, wozu du fähig bist, um deine Ziele zu erreichen.«
»Das ist mehr dein Stil als meiner. Erzähl ihnen von deinem Besuch bei Noah.«
Hadria richtete ihre Augen mit den silbernen Wirbeln auf meine Schwester. »Was meint sie damit?«
Padera schwieg und funkelte mich wütend an. Daher antwortete ich für sie: »Um mich zu treffen, hat die Oberste Wächterin Noah bedroht. Wie viele Gesetze hat sie damit gebrochen?«
»Ist das wahr, Padera?«, fragte Madrene ihre Tochter.
Die Oberste Wächterin weigerte sich noch immer hartnäckig zu antworten.
Gladios schüttelte den Kopf. »Ich finde das alles sehr betrüblich, und von dem ständigen Gezänk
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