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Während die Welt schlief

Während die Welt schlief

Titel: Während die Welt schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Abulhawa
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Stärke an den
Tag, aber wegen ihrer Schüchternheit und ihres einzelgängerischen Wesens in ihrer Jugend hielten viele sie für eigenartig, vor allem die Erwachsenen.
    Die alten Frauen im Lager liebten es, Hudas Augen zu betrachten. »Da ist dieses seltsame kleine Mädchen. Komm her, Liebes«, sagten sie. Und während Huda gehorsam, ohne zu protestieren, dastand, an sich herumfingern ließ und den Mundgeruch der Frauen ertrug, schwärmten diese vom »Hauch des Göttlichen« in ihren Augen, in denen sich die Farben Grau und Bronze zu einer ungewöhnlichen Mischung verbanden.
    Vor dem Krieg von 1967 hatte Huda drei Jahre bei uns gelebt. Wahrscheinlich war das die glücklichste Zeit meiner Kindheit gewesen. Von der vierten bis zur sechsten Klasse gingen wir täglich Hand in Hand zur Schule und wieder nach Hause. Wir fanden Bäume zum Klettern, wo niemand sehen konnte, wie wir Mädchen uns wie Jungen benahmen. Wir sammelten Insekten und gaben Vorstellungen in einem selbst gebauten Theater. »Warda«, eine einarmige Puppe, die wir von einem Müllhaufen in der Nähe von Taybeh retteten, besiegelte unsere Freundschaft. Unser Theater bauten wir für Warda; es war ihr Zuhause. Es hatte vier Wände aus aufeinandergestapelten Steinen und stand unter dem dritten Olivenbaum hinter den Zwillingszedern auf dem Fußweg zum nahe gelegenen Barta’a. Wir waren fast jeden Tag dort, um uns um Warda zu kümmern, und unter den anderen Mädchen im Lager verbreitete sich das Gerücht, Huda und ich seien stolze Eltern eines behinderten Babys, dem ein Israeli den Arm weggeschossen habe, das seine Windeln vollmache und echte Tränen weine. Es dauerte nicht lange, und Scharen neugieriger kleiner Mädchen aus Jenin strömten zum »Warda-Haus«. Nach alter Sitte brachten sie Süßigkeiten mit. Manchmal verdunkelte sich
der Himmel über unseren Tee- und Kuchenpartys, auf denen Warda von vielen Müttern geknuddelt und herumgereicht wurde.
    Hudas Vater war der Grund für ihren Umzug in unser Haus. Er war ein schrecklicher Mann, der sie schlug, und als sie acht war, geschah es . Er tat ihr es an. Das Wort auszusprechen wäre ein unverzeihlicher Vertrauensbruch gewesen. Nachdem es zum ersten und einzigen Mal geschehen war, beichtete Huda mir, als wäre sie für die Schmach verantwortlich, und erlaubte mir, es Baba zu sagen. Bestürzung lag in seinem Blick, als ich ihm das schwerwiegende Geheimnis enthüllte, das ich nicht recht begriff. Entschlossen und mit einem warnenden Unterton befahl Baba mir, Hudas Vertrauen mit Diskretion zu würdigen. Wenn die Leute davon erführen, gebe es eine Fadiha. Ein solcher Skandal, bei dem es um die Jungfräulichkeit eines Mädchens ging, hatte in unserer Kultur ernsthafte Konsequenzen. Da er Hudas Schmerzen nicht öffentlich breittreten wollte, kam mein Vater mit Ammu Darwish und Haj Salim heimlich überein, dass ihr Vater vertrieben werden sollte. Weder meinem Onkel noch dem Haj enthüllte Baba den Grund, und beide verlangten keine Erklärung. Denn mein Vater besaß eine natürliche Autorität, die in jenen, die ihn kannten, Loyalität weckte. Zuerst gingen die drei Männer zu Faris, Hudas älterem Bruder. Der fühlte sich erniedrigt und richtete seinen Zorn auf das schwächste Ziel, seine Schwester Huda. Doch Baba sorgte dafür, dass Huda bei uns leben konnte. Sie und ich hätten nicht glücklicher sein können.
    Wir sahen Hudas Vater nicht wieder. Es ging das Gerücht, dass er zu Israel übergelaufen sei und über jeden, der in Jenin Widerstand zu organisieren versuchte, Informationen preisgebe. Vielleicht tat er das eine Weile lang tatsächlich, nicht aber nach dem Krieg. Ich hätte ihn in dieser Schubkarre nicht
erkannt, hätte nicht seine Hand über den Rand gebaumelt. Sie hatte nur vier Finger. Ich sagte Huda nie, was ich gesehen hatte.
    »Ist dein Bruder dabei?«, fragte Huda und blickte suchend über die Menge hinweg.
    »Ja. Und Faris?«
    »Ja. Er ist nackt.«
    »Auch Yussuf ist nackt.«
    »Warum sind sie nackt?« Die Frage brannte zwischen uns.
    »Ich glaube, ihre Kleider wurden gestohlen«, sagte ich schließlich.
    In der Menschenmenge unter uns sah ich Mamas Kopf neben dem Umm Abdallahs, die in der Baracke über uns wohnte. Sie war Samiras, Faruks und Abdallahs Mutter, verwitwet und Mamas beste Freundin. Beide verbrachten viel Zeit zusammen mit Kochen und Stricken. Jetzt warteten sie gemeinsam auf ihre Söhne.
    »Da ist deine Mutter.« Huda hatte wie gesagt die nervende Angewohnheit, auf Offensichtliches

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