Während die Welt schlief
zusammenzupressen, als hielte sie etwas Lebendes in der Hand, das einen Ausweg sucht.
Basima war beunruhigt von dem Gleichmut des Beduinenmädchens und wollte nichts zu tun haben mit »dieser Familie«. Ihr war nämlich nicht entgangen, dass Hasan die junge Dalia aufmerksam beobachtete, während sie ihre tägliche Arbeit auf dem Feld und im Dorf verrichtete.
Für Basima war Dalia ein »nichtsnutziges Beduinenmädchen«, das nur Ärger in ihr friedliches Dorf bringen würde. Ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich, als ihr Sohn, der junge Hasan Yahya Abulhija, in den Bann von Dalias Schönheit und unkonventioneller Art gezogen wurde und beschloss, sie zu heiraten.
Mit seiner typischen Entschlossenheit und dem widerwilligen Segen des Vaters ging Hasan zu seiner Mutter, um ihr seine Entscheidung mitzuteilen.
»Ya ummi, Heiraten ist keine Sünde«, sagte Hasan betont diplomatisch.
»Nein, nein, nein, nein, nein!« Basima schäumte vor Wut. Sie ruderte mit den Armen, zog jammernd an ihrer Thoba,
schlug sich auf die Brust und ins Gesicht, während sie Allah anrief. Sie klagte über die Demütigung und verfluchte den Tag, an dem »dieses Beduinenmädchen« Ein Hod betreten hatte. Sie würde sich furchtbar schämen, wenn sie den Dorfbewohnern sagen müsste, dass ihr Sohn rebellierte und die Cousine ablehnte, die ihm schon versprochen war.
»Ya Abu Hasan, was werden die Leute über uns reden?«, lamentierte sie.
Yahya versuchte, seine Frau zu beruhigen. »Umm Hasan, lass es gut sein. Er ist jetzt ein Mann. Wir können ihn zu nichts zwingen.«
Aber sie wütete weiter, als hätte sie ihren Mann nicht gehört. »Dass unser Wort nichts gilt? Dass wir einem Mädchen versprechen, es könne unseren Sohn heiraten, und ihm dann gestatten, uns den Gehorsam zu verweigern? Was hat meine arme Nichte falsch gemacht, dass eine dreckige Beduinendiebin ihr vorgezogen wird?«
»So ist Allahs Wille. Lass es gut sein, Frau! Unser Land wird gerade von den Zionisten auf den Kopf gestellt, und du bist schlechter Laune, weil dein Sohn ein hübsches Mädchen heiraten will, das du nicht magst. Hörst du denn nicht die täglichen Neuigkeiten? Weißt du nicht, dass die Zionisten jeden verdammten Tag Briten und Palästinenser töten? Sie wollen die Briten loswerden, damit sie uns loswerden können, und alle sind zu dumm, um das zu begreifen oder irgendetwas dagegen zu tun.« Mit der einen Hand griff Yahya nach seinem Stock, mit der anderen nach seiner Nai. Dann ging er nach draußen, angewidert von seiner Angst, die sich durch die dauernden BBC-Berichte über die immer militärischer vorgehenden Zionistengruppen noch verstärkt hatte.
Yahya stand auf den Marmorstufen seines Hauses. Er blies in seine wertvolle Nai, bewegte die Finger und hob die Brauen,
als der erste Ton erklang. Er spielte für seine Bäume. Er wollte die Unbeschwertheit und den Frieden wieder heraufbeschwören.
»Hör auf!« Basima kam auf die Terrasse gestürmt, die Yahya selbst geplant und gefliest hatte. Sie war wütend.
»Irgendwann breche ich das Ding noch mal entzwei«, knurrte Basima leise, damit die Nachbarn sie nicht hören konnten. Die Befürchtung, zu weit gegangen zu sein, überkam sie, und sie stapfte wieder davon. Ungehalten murmelte sie immer noch vor sich hin, als sie über die Perserteppiche im Eingangsbereich und durch die großen, gefliesten Mauerbögen ins Wohnzimmer lief, wo sie mühsam in die Knie ging und sich auf einem Kissen am Boden niederließ. Vor Jahren hatte Yahya Sofas anschaffen wollen, so wie bei den Briten, aber sie hatte keine gewollt. Jetzt hätte sie nichts gegen Sofas gehabt. Unruhig breitete sie ihre Gebetsmatte aus, um den Willen Allahs zu erfüllen. Nachdem sie zwei Ruka’as gebetet hatte, stand sie wieder auf und lief über weitere Perserteppiche hinweg in die Küche. Sie betrachtete das Muster aus blauen und grünen Kacheln, das Yahya angelegt hatte. Er ist vielleicht stur, aber er ist auch ein Künstler , dachte sie. Ya Yahya, wie kannst du dieser Ehe nur zustimmen!
Egal, wie sehr Basima auch bettelte oder drohte, sie konnte ihren Sohn nicht umstimmen. Nur Darwish verstand die Entschlossenheit, mit der Hasan sich gegen die Mutter stellte, denn auch er liebte Dalia. Und als die Familie um Dalias Hand bat, weinte Darwish zusammen mit seinem geliebten Ganush und mit Fatuma, seinem anderen Araberpferd. Fatuma mit der markanten Blesse war Ganushs Gefährtin.
Dalias Vater, der von der Last seiner jüngsten Tochter befreit
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