Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)
Kinder liegen da und spielen «Ich sehe was, was du nicht siehst». Sie teilen mir mit, sie seien mit den Handtüchern und allem gut fünfzig Meter nach rechts gezogen, weil es hier mehr zu gucken gebe. Ich starre sie an.
Sie fragen, wo das Problem sei, der Strand sei doch überall fast vollkommen gleich. Antworte: «Genau das ist das Problem.»
Gehe den Strand runter und suche nach der Stelle, wo ich die Wertsachen vergraben habe. Es scheint aussichtslos, aber dann sehe ich eine junge Frau, die sich auf ihrem Handtuch sonnt. Ausgerechnet, doch ich bin mir einigermaßen sicher. Ich fürchte, sie liegt genau auf unseren Wertsachen. Na, hilft ja nichts. Gehe zu ihr und frage: «Entschuldigung, aber dürfte ich einmal kurz unter Ihnen graben?»
Sie schaut mich an, als hätte ich gefragt, ob wir unsere Badeanzüge tauschen wollen. Obwohl, das stimmt so nicht. Eigentlich schaut sie noch viel irritierter, eben so, als hätte ich gefragt, ob ich unter ihr graben darf.
Erkläre ihr alles. Sie lacht. Richtig herzlich und zugewandt lacht sie. Dann graben wir zusammen und haben gehörigen Spaß. Denke: Wäre ich noch mal auf dem Markt, wäre genau das die Methode, wie ich versuchen würde, jemanden kennenzulernen. Die Wertsachen allerdings finden wir nicht.
Die Kinder haben mittlerweile alle anderen Kinder am Strand informiert und dazu gebracht, nach meinem Tresor zu suchen. Der ganze Strand besteht jetzt aus buddelnden Kindern. Sogar die Eltern machen teilweise mit. Die Strandaufsicht kommt. Fragt, was los sei. Nachdem ich alles erklärt habe, machen sie eine Durchsage. Nun kommen auch aus großer Entfernung und von der Promenade her unzählige Menschen, weil sie mal den Idioten sehen wollen, der sein Wertsachen-Loch nicht wiederfindet. Alle graben, aber es ist sinnlos, wir finden die Stelle einfach nicht.
Julian, der elfjährige Sohn unserer Freunde, nimmt mich zur Seite. Meint, er müsse mir dringend etwas sagen. Er druckst herum: «Na ja, also eigentlich ist uns schon beim Umziehen mit den Strandsachen das frisch gegrabene Loch aufgefallen, weshalb wir die Tüte mit den Wertsachen auch rausgeholt und mitgenommen haben. Aber als du dann derartig erschrocken bist, haben wir uns gefreut, dass unser Scherz so gut funktioniert. Und nichts gesagt. Und dann ging das Graben los, was ja auch erst mal schön gewesen ist. Und du hast doch auch Spaß gehabt, mit der Frau und so. Das wollten wir dann auch nicht gleich kaputtmachen und überhaupt … Aber jetzt ist die Sache vielleicht doch ein wenig aus dem Ruder gelaufen.»
Denke: Die einen sagen so, die andern so.
Wir beschließen, unauffällig unseren Kram zusammenzusuchen und in den nächsten Tagen vielleicht lieber an den etwas abgelegenen Weststrand zu gehen.
Als wir heimkommen, sind die anderen schon im Aufbruch. «Am Strand soll richtig was los sein!», rufen sie. «Irgendeine Goldgräberaktion oder so was. Vielleicht finden wir ja den Schatz!»
Wünsche ihnen viel Glück und übernehme wieder das Bewohnen des Hauses.
Das Tuten
Donnerstagnacht 4 . 20 Uhr. Es tutet in der Wohnung. Allerdings ein Tuten, das ich so gar nicht kenne. Zudem in großen Abständen. Mindestens eine halbe Minute liegt zwischen den Tutern, eher mehr.
Das Handy? Das überrascht ja immer mal wieder mit neuen Alarmtönen. Ich war oft schon erstaunt, wie viele Geräuschideen mein Handy so entwickelt. Womöglich hat das Kind eine weitere versteckte Alarmoption entdeckt oder runtergeladen und direkt eingestellt. Auf 4 . 20 Uhr. Als kleinen Gruß, nur um zu zeigen, dass es mit meinem Handy besser umgehen kann als ich, dass ich dieses Telefons eigentlich gar nicht würdig bin, dass dieses Smartphone gemäß der Vorsehung eigentlich zu ihm gekommen ist. Es ist sein Schatz. Ich verwahre ihn höchstens, fürchte gar seine Macht, dass es Besitz von mir ergreifen könnte.
Aber mein Handy liegt vergleichsweise entspannt neben dem Bett, während es von anderswoher unverdrossen weitertutet.
Das Taschentelefon der Freundin? Wirkt auch, als würde es schlafen.
Der Wecker? Nein, der konzentriert sich still und stoisch auf seinen großen Moment in rund drei Stunden.
4 . 25 Uhr. Es tutet in der Wohnung.
Gehe im Kopf die möglichen Ursachen dieses Tutens durch. Es ist erschütternd, wie viele Geräte wir in der Wohnung haben, denen ich im Prinzip ein nächtliches Tuten zutrauen würde: Drucker, Fernseher, Musikanlage, Kaffeemaschine, Waschmaschine, Digitalkamera, Toaster, Zahnbürste (ja, auch die
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