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Waffenschwestern

Waffenschwestern

Titel: Waffenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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der Art. »Nebenbei, ich bin Marta Katerina Saenz.
    Meine Nichte Raffaele ist mit Brun Meager zusammen zur
    Schule gegangen. Darf ich eintreten?«
    »Natürlich.« Esmay wich einen Schritt weit zurück, und die Frau trat ein.
    »Sie sind, vermute ich, Lieutenant Esmay Suiza, gerade von Ihrem Urlaub auf Altiplano zurück?«
    »Ja … Sera.«
    Marta Saenz musterte sie vom Scheitel bis zur Sohle, ganz ähnlich, wie es Esmays Urgroßmutter getan hatte. »Sie sehen auch nicht wie eine Idiotin aus.«
    Esmay sagte nichts, während die alte Frau durch das Zimmer stolzierte, wobei ihre fülligen Ärmel leicht flatterten. Schließlich lehnte sie sich mit dem Rücken an die Tür und betrachtete Esmay, den Kopf auf die Seite gelegt.
    »Keine Antwort? Indirekte Fragen funktionieren nicht? Dann frage ich Sie gerade heraus — sind Sie eine herzlose Intrigantin, froh darüber, aus der Schande und dem Schmerz einer anderen Frau Profit zu schlagen?«
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    »Nein«, sagte Esmay mit so wenig Hitzigkeit, wie sie es nur schaffte. Dann setzte sie verspätet hinzu: »Nein, Sera.«
    »Sie freuen sich nicht darüber, dass die Tochter des Sprechers entführt wurde?«
    »Natürlich nicht«, sagte Esmay. »Ich weiß, dass manche
    Leute das denken, aber es ist nicht wahr…«
    Die alte Frau hatte dunkle, kluge Augen. »Als Sie einer anderen an den Kopf warfen – wie war das noch gleich? –, sie wäre eine ›dumme, selbstsüchtige, sexverrückte Hedonistin mit nicht mehr Moral als eine rossige Stute‹, dann kommen Leute auf die Idee, dass sie diese Frau nicht mochten.«
    »Ich habe sie nicht gemocht«, sagte Esmay. »Trotzdem wollte ich nicht, dass ihr so was passiert.« Sie hätte am liebsten gefragt, für was für einen Menschen halten Sie mich ?, aber andere hielten sie schon so lange für einen schlechten
    Menschen, dass sie sich nicht mehr darum scherte.
    »Ah. Und waren Sie der Meinung, Brun habe moralische
    Mängel?«
    »Ja … obwohl das nicht heißt….«
    »Ich beglückwünsche Sie zu Ihrer klaren Sicht, junge Frau, mit deren Hilfe Sie so leicht feststellen, woran es anderen mangelt. Da frage ich mich doch: Haben Sie diese klare Sicht jemals auf sich selbst gerichtet?«
    Esmay holte tief Luft. »Ich bin stur, hochnäsig, starrsinnig und etwa so taktvoll wie ein Stein, der jemanden am Kopf trifft.«
    »Hm. Sie geben also in diesem Drama nicht die Rolle der makellosen Heiligen?«
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    »Heilig? Nein, natürlich nicht!«
    »Ah. Als Sie also entschieden, es mangelte Brun an
    Charakterstärke, verglichen Sie sie mit einem objektiven Standard…?«
    »Ja«, sagte Esmay langsamer. Sie wusste nicht mal recht, warum sie dieser Person überhaupt Antwort gab. Sie hatte das schon so oft durchgekaut, ohne irgendjemanden zu überzeugen.
    Die alte Frau nickte, wie in Reaktion auf irgendeinen
    unhörbaren Kommentar. »Falls ich die Sache einfach anhand von Bruns früherem Verhalten einschätze, dann denke ich, steckt letztlich ein Mann dahinter.«
    Esmay spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde. War sie wirklich so durchsichtig? Die alte Frau nickte erneut.
    »Das dachte ich mir. Und wer bitte ist der junge Mann, den Brun ins Visier genommen hat und den Sie zu lieben glauben?«
    »Ich liebe…«, kam hervor, ehe Esmay es herunterschlucken konnte. Sie spürte, wie ihr Gesicht noch heißer wurde. » …
    Barin Serrano.« Ihr wurde klar, dass sie in jeder Hinsicht ausmanövriert worden war, in jeder Hinsicht unterlegen.
    »Ach du liebe Güte.« Das war alles, was die alte Dame dazu sagte, obwohl sie blinzelte und die Lippen spitzte. Dann lächelte sie. »Ich kenne Brun, seit sie ein süßer kleiner verdorbener Fratz war, den alle Dummchen nannten…«
    »Dummchen?« Esmay konnte diesen Namen mit nichts in
    Verbindung bringen, was sie von Brun wusste. »Sie?«
    »Blöder Spitzname – hat dem Mädchen viele Probleme
    bereitet, weil sie dachte, sie müsste ihm gerecht werden.
    Jedenfalls kenne ich sie schon so lange, und Sie haben Recht, 460
    dass sie eine so verdorbene Person war, wie es jemand mit ihren Fähigkeiten nur sein konnte. Meine Nichte Raffaele gehörte zu ihren engsten Freundinnen – und Raffa ist wie Sie jemand, der anderen Leuten aus der Patsche hilft. Sie hat das für Brun häufig getan.«
    Wohin führte dieses Gespräch? Esmay war sich nicht sicher, ob sie dem Gedankengang der alten Frau folgen konnte; sie war immer noch zu erschüttert davon, dass sie zugegeben hatte –
    einer Fremden gegenüber! –, Barin Serrano zu lieben. Sie

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