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Waffenschwestern

Waffenschwestern

Titel: Waffenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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strich über einen schwer mit Obst behangenen Zweig. Die Babys spürten jedoch ihre Anspannung und wanden sich nun und wimmerten. Das Kind, das sie auf dem Rücken trug, ruderte mit den Armen und traf sie damit am Hinterkopf.
    Und seltsam genug, das war für sie der Impuls, sich zu
    entspannen. Sie ging weiter und beschleunigte jetzt ihre Schritte
    – suchte ihren Lieblingsplatz im Obstgarten auf, unweit der hinteren Grundstücksmauer. Als sie es zum ersten Mal bis hierhin geschafft hatte, die kleine Anhöhe hinauf, hatte sie zwischen den kahlen Ästen hindurch das Haus sehen können; jetzt jedoch standen die Obstbäume in ihrer vollen Blätterpracht, und Brun wusste, dass die anderen im Haus sie auch nicht besser sehen konnten als umgekehrt.
    Sie legte die Babys auf die kleinen Steppdecken, die sie zusammengefaltet in den Schlaufen mitgebracht hatte, und setzte auch ihr Mittagessen ab. Die Babys wälzten sich umher 511
    und spielten, grapschten mit weit ausholenden Gesten nach einander. Brun biss ein Stück Brot ab, während sie zusah, und dachte erneut über ihren Plan nach, bestrebt, ihn zu verbessern.
    Er bildete jedoch ein Gewebe aus unwahrscheinlichen Größen
    … selbst wenn sie ihn auf doppelte Qualität brachte, blieb ihre Erfolgschance unter einem Hundertstel.
    Das dunklere Kind entdeckte ein Blatt, das es erforschen konnte, und schaffte es mit großer Mühe, es aufzuheben. Der Rotschopf bemerkte, dass ihm der Bruder keine Aufmerksamkeit mehr schenkte, und steckte sich ersatzweise den Fuß in den Mund. Brun wurde mit dem Essen fertig; inzwischen
    wurden die Kinder unruhig und sahen sie an. Im Kopf hörte Brun eine Stimme, die irgendwie eine Mischung aus der eigenen Stimme und der Esmays darstellte: Also okay; ich mache es.
    Beide gleichzeitig zu stillen, das war inzwischen schwerer, denn sie waren gewachsen; Brun hatte sich jedoch daran
    gewöhnt. Sie lehnte sich an den Baum und ließ die Gedanken treiben … auf die eine oder andere Art würde sie in weniger als sieben Tagen nicht mehr hier sein. Vielleicht tot… sie war nicht bereit, sich noch einmal lebendig gefangen nehmen zu lassen.
    Aber vielleicht … irgendwo anders … noch konnte sie sich kein rechtes Bild von dieser Möglichkeit machen. Ihre Imagination rief Bilder aus der Vergangenheit wach – Hügel, Täler, Wälder, Felder, Inselstrände, Felsvorsprünge. Der Shuttlehafen auf Rotterdam, dann das Shuttle, wie es über die Startbahn
    donnerte, wie es abhob, der Himmel dunkler wurde, immer dunkler, dann die Sterne …
    Sie schüttelte plötzlich den Kopf. Die Zwillinge hatten ihr die meiste Milch ausgesaugt; es wurde Zeit, ihr Gebräu
    auszuprobieren. Sie setzte ihm etwas Honig als Süßstoff zu und 512
    tröpfelte es ihnen in die Münder, während sie noch nuckelten.
    Rotschopf verzog das Gesicht und schnaubte, ehe er
    weitersaugte, aber der Dunkelhaarige unterbrach nicht mal seinen Rhythmus.
    Brun hatte keine Ahnung, wie viel sie ihnen einflößen sollte.
    Heute jedenfalls nicht allzu viel; sie wollte nicht, dass jernand etwas bemerkte und sich um die Kinder sorgte. Schliefen Babys nach einem Löffel voll oder einem Becher ein? Sie wusste es nicht. Allmählich wurden die Nuckelbewegungen langsamer, und die Münder lösten sich von den Brüsten … die Babys
    nahmen jedesmal ein Kilo zu, wenn sie schliefen, dachte sich Brun. Vorsichtig legte sie sie auf die kleinen Steppdecken.
    Wenn sie so schliefen … konnte Brun sie beinahe … aber nein.
    Jetzt nicht. Entschieden machte sie sich selbst klar, was sie bereits wusste: Man würde die beiden lieben und ihnen jede Möglichkeit eröffnen, die dieser Planet ihnen bot, denn es waren Jungen. Dass ihre Mutter ein fremdes, heidnisches Gräuel gewesen war, das würde sich nicht auf die Fürsorge auswirken, die man ihnen an gedeihen ließ.
    Sie würden auch so aussehen, so verletzlich, so schön, wenn sie sie am Markttag zurückließ, der auf den heiligen Tag folgte.
    Sie starrte sie aus schmalen Augen an. Sie konnte sie verlassen
    – sie musste sie verlassen – und sie würde sie verlassen.
    Sie stemmte sich hoch, stand auf, machte das Kleid zu und streckte sich. Sie fand das Messer, das sie versteckt hatte, und drehte es in den Händen. Sie konnte jetzt aufbrechen … nein!
    Besser, wenn sie sich an den Plan hielt, wie sie ihn ausgearbeitet hatte. Aber eines konnte sie tun, wenn sie ein Messer hielt. Sie starb vielleicht –wahrscheinlich sogar. Ihre Familie wusste womöglich nicht, wo sie

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