Waffenschwestern
Einsatzgruppe auszuschließen?
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Marta fühlte sich versucht, mit Miranda Kontakt aufzunehmen, die auffälligerweise abwesend war, nahm jedoch Abstand davon. Tritt nie zwischen Mann und Frau, hatte ihre eigene Großmutter ihr beigebracht, und ihrer eigenen
Lebenserfahrung nach ging es stets übel aus, wenn es jemand trotzdem versuchte. Also wandte sie sich fünf Tage, ehe die Einsatzgruppe aufbrechen sollte, privat an ihn.
»Fang nicht damit an«, sagte Häschen, ehe sie auch nur den Mund öffnen konnte. »Du möchtest mir sagen, dass Suiza gar nicht so übel ist, dass sie sich ihren Posten als Erster Offizier der Shrike verdient hat, dass es nicht fair ist, sie von der Sache abzuziehen …«
»Nein«, sagte Marta. »Ich möchte dich fragen, warum du
Suiza die Schuld an Bruns Verhalten gibst.«
»Sie hat sie zur Raserei getrieben …«, legte Häschen los.
Marta unterbrach ihn.
»Häschen – wer hat die Struktur von Bruns Genom
ausgesucht?«
»Wir natürlich …«
»Einschließlich ihres Persönlichkeitsprofils?«
»Nun …ja, aber…«
»Du hast mir gerade erklärt, dass du absichtlich ein
risikofreudiges Profil ausgesucht hast. Du hast dich für ein extrovertiertes, rasch reagierendes, risikofreudiges Mädchen entschieden, ein Mädchen, das immer von einem halb vollen Glas ausgeht und angesichts eines Raums voller Dung ein süßes Pony hinter der Ecke erwartet.«
»Ja…«
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»Und du hast einen charmanten, liebenswerten Wildfang
bekommen, mit so viel Unsinn im Kopf wie ein Korb voller kleiner Kätzchen, und du hast dich jahrelang darüber gefreut, oder nicht?«
»Ja, aber…«
»Du hast sie verdorben, Häschen.« Er starrte sie an, und seine Ohren wurden rot. »Du hast sie aufgrund eines Persönlichkeitsprofils ausgesucht, ihrer körperlichen Charakteristik und eines Intelligenzniveaus, bei dem vorauszusehen war, dass sie wahrscheinlich in bestimmte Schwierigkeiten geraten würde
… und was hast du in ihrer Kindheit getan, um das nötige Gegengewicht zu schaffen, nämlich Urteilsvermögen und
Selbstbeherrschung?«
»Wir hatten noch andere Kinder, Marta. Wir hatten als Eltern Erfahrung…«
»Ja, für die fröhlichen Konformisten, die ihr zuerst entworfen habt. Und bei ihnen ist es gut gegangen – ihr habt ihnen gegeben, was sie brauchten.« Marta legte eine kalkulierte Pause ein, ehe sie fortfuhr: »Habt ihr auch Brun gegeben, was sie brauchte?«
»Wir haben ihr alles gegeben…« Aber sein Blick wirkte jetzt unsicher.
»Häschen, ich weiß, dass sich das anhört, als würde ich dich verdammen, aber so ist es nicht gemeint. Brun ist eine sehr ungewöhnliche junge Frau, und sie hätte eine sehr
ungewöhnliche Kindheit benötigt, um in ihrem jetzigen Alter ohne großes Risiko mit ihren Talenten umgehen zu können.
Kein Wunder allerdings, dass du und Miranda, wie alle anderen verzaubert von dieser Explosion der Freude, ihr nicht die 504
Erziehung geboten habt, die gut für sie gewesen wäre.« Sie legte erneut eine Pause ein; Häschen hätte beinahe genickt – sie sah, wie die Halsmuskeln weicher wurden. »Aber nach meiner
Meinung lautet dein wirklicher Einwand gegen Esmay Suiza –
vielleicht unbewusst –, dass sie Brun ähnelt, nur mit eingebauter Bremse, mit Steuerungsvermögen. Und ihr Vater hat, was für ein Mensch er auch immer sein mag, einen besseren Job für seine Tochter getan als du für deine.«
Häschen wurde erneut rot. »Sie ähnelt überhaupt nicht…«
»Oh doch, das tut sie. Hast du ihre Gefechtsberichte gelesen?
Ich habe es. Intelligent, sehr sogar. Charismatisch –ja, besonders in einer Krise. Risikofreudig – sie ist nach Xavier zurückgekehrt und hat den Planeten gerettet - und nebenbei auch Brun. Brun fand selbst, dass sie viel miteinander gemein hatten; deshalb hat sie ja auch an Suiza gehangen wie ein kleines Mädchen an der großen Schwester.«
»Ich … kann das nicht glauben.«
»Ich kann nicht glauben, dass du nach wie vor deine eigene Rolle in alldem nicht erkennst. Deshalb wolltest du auch nicht Miranda herbringen, nicht wahr? Sie würde es zugeben, und sie würde sich mit dir streiten.«
»Ich … ich … kann nicht…«
»Häschen, es ist trotzdem nicht deine Schuld. Ich denke, dass du Fehler gemacht hast, aber das tun alle Eltern – dein Vater hat sicherlich auch Fehler bei dir gemacht. Aber es ist ebenfalls nicht Lieutenant Suizas Schuld. Sie hat Brun nicht in eine gedankenlose Raserei versetzt, die mehr als dreißig Tage gedauert
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