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Waffenschwestern

Waffenschwestern

Titel: Waffenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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Markttag und schließlich der heilige Tag. Der Wochenrhythmus drehte sich um den heiligen Tag, und die Anspannung stieg, je näher dieser rückte … Deshalb entschied Brun, dass der erste Markttag für ihre Zwecke der beste war. Etliche Frauen vom Personal waren dann nicht zu Hause, und nach den strengen Anforderungen des heiligen Tages waren alle entspannter … bereit, im Rahmen der Tagespflichten nur ein Minimum zu leisten, bereit, sich mit den 508
    Babys in den Garteneinfriedungen, in der weichen Frühlingsluft zu entspannen. Niemand bewegte sich so viel im Obstgarten wie Brun, sofern das Personal die Frauen nicht dazu anhielt, was nur in der Erntezeit geschah.
    Das eigentlich Schwierige bestand – da Brun nicht sprechen konnte – darin, das Haus zu finden, in dem Hazel arbeitete, und darin, die eigene Stummheit zu verbergen. Sie wusste nicht, ob man jemals auch Männern die Stimme nahm – wahrscheinlich nicht, da ihr Glauben von ihnen verlangte, täglich heilige Texte zu rezitieren –, oder ob manche Männer vielleicht von Geburt an oder aufgrund eines Unfalls stumm waren; Brun vermutete jedoch, dass ein stummer Mann Anlass für Nachforschungen bieten würde. Immerhin wusste sie, dass Hazel in einem großen Haushalt unweit eines Marktes lebte.
    Simplicity hatte das Haus ausführlich geschildert: seine Gärten, seinen Webschuppen, das Lager für die Wolle, die diversen Küchen, die Unterkünfte der Kinder, der Ehefrauen, des Gebieters – sie hatte dort einmal wischen dürfen, dabei jedoch einen kleinen Tisch umgestoßen. Man hatte sie nicht bestraft, wohl aber in Bereiche des Hauses verbannt, wo weniger zerbrechliche Gegenstände zu finden waren … was, wie Simplicity lächelnd erzählte, eine Erleichterung für sie gewesen war, weil sie sich nicht mehr so viele Sorgen zu machen brauchte. Was sie nicht schildern konnte – sie kam überhaupt nicht auf die Idee –, war der Standort des Hauses.
    Brun wurde klar, dass das Mädchen es kaum jemals hatte
    verlassen können und deshalb keinen Ansatz fand, seinen Standort in Bezug auf irgendetwas anderes zu beschreiben.
*
509
    An dem Markttag mitten in der Woche, vor dem geplanten
    Fluchttermin, entschied Brun, ihre Pläne auf die Probe zu stellen. Sie wollte die Babys stillen, bis sie nicht mehr konnten, und dabei ein wenig Selbstgebrautes in die Milch mischen …
    Die Kinder waren gierig, und Brun hatte herausgefunden, dass sie gezuckerten Obstsaft, den ihre Mutter an den Brüsten heruntertröpfeln ließ, mit der Milch zusammen tranken. Dann wollte sie mal sehen, wie lange die Kleinen schliefen, um eine Vorstellung davon zu erhalten, wie viel Zeit sie hatte, um Hazel zu finden.
    Sie schloss ihre Haushaltspflichten ab und stellte fest, dass mit nur zwei Ausnahmen das gesamte Personal zum Markt
    gegangen war. Sie hob die Babys auf und weckte damit die Aufmerksamkeit einer der Aufseherinnen, die zu Hause
    geblieben waren. Brun nickte in Richtung Obstgarten.
    »Dann geh nur. Ein schöner Tag für einen Spaziergang«,
    sagte die Frau. Brun ahmte Essbewegungen nach. »Oh – du möchtest dein Mittagessen mit hinaus nehmen? Fein. Ich läute die Glocke, wenn du zurückkommen sollst, falls du einschläfst.«
    Brun nahm einen kleinen Laib Brot, am selben Morgen frisch gebacken, schnitt sich auch ein Stück Käse ab und legte das Messer ordentlich an seinen Platz zurück. Die Aufseherin hatte inzwischen eine Kanne mit Obstsaft und Wasser gefüllt – und an diesem Tag wurde Brun klar, dass es sich dabei um eine nicht geforderte Geste der Höflichkeit handelte. Sie lächelte; sie konnte nicht anders. Die Frau erwiderte das Lächeln, zeigte sich offen erfreut.
    510
    Brun konnte sich darauf nicht einlassen – auf dieses Angebot der Freundschaft, falls es das war. Sie nahm Kanne und
    Mittagessen, steckte beides in die Schlaufe, in der auch der Rotschopf zufrieden lag, verschob die Rückenschlaufe, bis auch das andere Baby besser im Gleichgewicht war, und trat hinaus auf die geflieste Terrasse zwischen den Gebäuden des
    Kinderhorts und dem Obstgarten.
    Sie spazierte auf ihre übliche Art den Weg rechts entlang, blieb hin und wieder stehen und blickte hinauf zu den harten grünen Früchten, die in wenigen Monaten reifen würden. Heute war es noch nicht so weit; es war nur eine Übung. Warum klopfte ihr Herz dann so wild, dass sie das Gefühl hatte, andere müssten das Trommeln hören? Warum ging der Atem so kurz?
    Sie versuchte sich zu entspannen, streckte die Hand aus und

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