Waffenschwestern
Schalter an der linken Cockpitseite. Die Beschleunigung rammte Brun in den Sitz, während ein durchdringendes Tosen hinter ihr erwachte. Der Himmel wurde rasch dunkler und dann schwarz; Sterne tauchten auf.
Brun fiel ein sonnenbeleuchteter Kondensstreifen auf, der hinter ihnen emporstieg; der Pilot schrie etwas ins Headset. Der Kondensstreifen drehte ab. Der Pilot deutete durch die vordere Scheibe. Brun blickte suchend hin und her, wusste nicht recht, was er meinte, bis Hazel ihr auf den Arm tippte. »Auf halb zehn
… ihre Raumstation.« Dann entdeckte sie sie auch; die Station fuhr über eine funkelnde Fläche aus weißen Wolken über der Planetenwölbung darunter hinweg. Dort war Brun schon
gewesen, im Inneren, ohne hinausblicken zu können … und jetzt war sie hier draußen. Frei. Oder fast frei.
Der Mann reichte Brun ein Headset aus Kopfhörer und
Mikro; sie setzte es auf. Jetzt verstand sie ihn. »Ich schalte von den Starttriebwerken auf systeminternen Antrieb um –wir sollen dort draußen jemanden treffen. Keine Ahnung, ob es ein
militärisches oder ziviles Fahrzeug oder sonst was ist. Man hat mir Codewörter genannt, die ich durchgeben soll.«
Die Maschine schlingerte, als er von einem Antriebssystem auf das andere umschaltete. Dann sprang die künstliche
Schwerkraft an, und Brun hätte jetzt genauso gut in einem Shuttlemodell auf der Oberfläche irgendeines Planeten sitzen können. Es war inzwischen auch ganz still, wie es sein sollte; nur das leise, trockene Rascheln der Ventilation war zu hören.
Sie blickte nach hinten auf Hazel, die von einem Ohr zum anderen grinste. Also fand sie auch, dass alles okay war. Brun blickte zu den gleichmäßig leuchtenden Sternen hinaus … aber 533
sie erkannte keinerlei Konstellation. In welchem System war sie hier?
»Könnten genauso gut ein Nickerchen machen, wo die Kiste jetzt auf Autopilot steht«, sagte der Mann. Er schaltete die Instrumentenbänke aus, die für diese Antriebsform nicht gebraucht wurden, gähnte und hängte sein Headset an einen Haken. »Ich tue es jedenfalls.« Er schloss die Augen und sank auf dem Sitz zusammen.
Brun schob das Headset zum Hals herunter, folgte aber nicht seinem Beispiel. Zu viel stand auf dem Spiel.
»Ich bin echt müde«, flüsterte Hazel. »Und meine Beine…«
Brun formte das Wort schlafe für sie und verfolgte mit, wie Hazel einnickte. Der Mann schnarchte inzwischen und erzeugte dabei Laute von einer Komplexität, die sie überzeugte, dass sie nicht vorgetäuscht waren. Sie streckte die Hand nach der Steuerung aus, und er rührte sich nicht.
So war sie nun unterwegs … Sie fasste an ihre Messer und rief sich in Erinnerung, dass sie nicht bereit war, sich wieder gefangen nehmen zu lassen, falls irgendetwas schief ging. Und irgendwo dort draußen warteten Schiffe der Familias-Raumflotte auf sie. Sie war überzeugt, dass es die Flotte war; ihr Vater würde keinen geringeren Einsatz riskieren, wenn er es mit einem ganzen Planeten aufnahm. Sie hoffte, dass der Weg nicht zu weit war, und sie hoffte sehr, dass, egal welche Schiffe es waren, keines davon einen gewissen Lieutenant Esmay Suiza an Bord hatte. Brun war noch nicht so weit, sich zu allem Überfluss auch noch ihr zu stellen.
Eine Stunde verging, eine zweite, eine dritte. Brun konnte nicht anders und gähnte. Sie hätte ein Aufputschmittel
534
eingenommen, wäre eines greifbar gewesen; sie machte sich selbst Vorwürfe, weil sie ein so umfangreiches Frühstück verzehrt hatte. Erneut musste sie gähnen … Die Augenlider fielen ihr zu, und sie kämpfte darum, sie wieder
aufzubekommen, nur um erneut gähnen zu müssen. Sie sah ihre Reisebegleiter an. Der Mann schnarchte jetzt nach einem anderen Muster, aber genauso laut wie zuvor. Hazel schlief adrett wie eine Katze, auf der Rückbank zusammengerollt. Brun versuchte es damit, sich zu zwicken, die Haltung zu wechseln, tief zu atmen … aber in dieser gleichmäßigen, warmen Stille schaffte sie es einfach nicht mehr und schlief ein.
Kapitel zwanzig
Brun erwachte plötzlich mit dem Gefühl, dass irgendetwas überhaupt nicht in Ordnung war. Sie waren schwerelos … aber sie waren vorher mit dem systeminternen Antrieb geflogen und mit eingeschalteter künstlicher Schwerkraft. Der Pilot war wach und veränderte Schalterstellungen an den Hauptarmaturen. Brun blickte zu Hazel hinüber, die ebenfalls wach war und mit dem Kopf nach unten über der Bank schwebte, auf der sie geschlafen hatte. Brun streckte die Hand
Weitere Kostenlose Bücher