Waffenschwestern
Teilenummer
identifiziert (man fand sie nach wie vor an der Unterseite des Tisches); zum Zeitpunkt der Zerstörung war Mannschaftskoje 351 dem Pivot Lester Green zugeteilt gewesen.
Den Tischsockel hatte man, wie die Notiz zu erklären
fortfuhr, aus einem isolierten Leitungsrohr desselben Schiffes hergestellt. Die beiden Stühle stammten von der Forge; einer kam aus der Mannschaftsmesse, während der andere dem
ranghöchsten Waffentech der Raketenbatterie an Steuerbord achtern gehört hatte. Die fünf Personen, die diesen Posten während der letzten Schlacht der Forge besetzt hatten, waren alle aufgeführt: Cpl. Dancy Alcorn, Sgt. Tarik Senit, Cpl. Lurs Ptin, Cpl. Barstow Bohannon, Sgt. Gareth Meharry.
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Brun stockte der Atem. Schlimm genug, dass hier alle Namen genannt waren, die Namen wirklicher Menschen, die ein
wirkliches Leben geführt hatten und eines wirklichen Todes gestorben waren. Aber Meharry … sie kannte Methlin Meharry.
War das ein Verwandter? Ein … Elternteil? Tante? Onkel?
Jeder Name war, wie sie feststellte, mit weiteren Informationen verknüpft. Sie wollte sie nicht erfahren; sie wollte nicht, dass diese Namen für sie noch realer wurden, als sie schon waren. Aber Meharry – sie musste es erfahren. Sie aktivierte die Verknüpfung.
Gareth Meharry war sechsundzwanzig gewesen, als er starb; sein auf dem Bildschirm ausgebreiteter Stammbaum, mit
Flottenangehörigen in Blau, war mehr blau als grau. Seine Eltern (beide inzwischen tot, einer im Kampf) hatten der Flotte angehört; von den vier Geschwistern waren zwei im aktiven Flottendienst und zwei weitere mit Flottenangehörigen
verheiratet. Methlin Meharry war seine Schwester … schwierig, sich diese harte Veteranin als irgendjemandes Schwester vorzustellen. Eine seiner Nichten – und damit auch ihre Nichte – war nach ihr benannt. Also gab es eine weitere Methlin Meharry, und mit beiden Eltern und Tanten und Onkeln in der Flotte bestand jede Chance, dass sie sich ebenfalls verpflichtete.
Plötzliche Neugier – und der Wunsch, vor dein Gewicht der Tragödie zu flüchten, das Brun die Konzentration erschwerte –
bewegte sie, ins Hauptmenü zurückzukehren. Und klar doch, hinter den Listen von Getränken und Speisen fand sie
Datenzugriffsoptionen. Von diesem Tisch aus konnte sie die Unterlagen jedes Flottenangehörigen, soweit öffentlich
zugänglich, abfragen.
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Esmay - sie fragte sich, ob noch weitere Suizas bei der Flotte waren. Sie gab den Namen ein und wartete. Nur ein Name
erschien auf dem Monitor, begleitet von den Daten, die die Flotte für die Öffentlichkeit freigegeben hatte. Name … sie hatte gar nicht gewusst, dass Esmays voller Name Esmay
Annaluisa Susannah Suiza lautete. Heimatplanet: Altiplano.
Familiäre Herkunft … Brun stockte der Atem. Ein paar knappe Sätze informierten sie darüber, dass die Suizas eine der drei prominentesten Familien von Altiplano waren … dass Esmays Vater einer der vier ranghöchsten Militärkommandeure war…
dass zwei weitere ihre Onkel waren und der vierte als von den Suizas ausgesucht galt. Dass der militärische Einfluss auf die Regierung von Altiplano »tiefgreifend« war.
Brun versuchte sich davon zu überzeugen, dass ein
Militärbefehlshaber auf einem Hinterwaldplaneten nichts Besonderes war – die Miliz ihres Vaters auf Sirialis war nichts weiter als eine aufgemotzte Polizeitruppe. Ihr Kommandeur hieß zwar »General«, hatte Brun aber nie so beeindruckt wie die regulären Offiziere der Flotte. Aber Altiplano … sie las weiter
… hatte keinen Vertreter im Rat. Es hatte überhaupt keine Verbindungen zu den führenden Familien. Was bedeutete – sie war sich nicht sicher, was eigentlich, aber sie vermutete, dass ein General Suiza viel mehr Macht hatte als der alte General Ashworth.
Von Esmay selbst stand dort nur wenig: eine Liste ihrer Auszeichnungen mit den begleitenden Lobesworten. Herausragende Tapferkeit. Außergewöhnliche Führungsqualitäten.
Außergewöhnliche Initiative. Eine Liste der Schiffe, auf denen sie gedient hatte. Ihr gegenwärtiger Dienstposten im Führungs-kurs des Ausbildungskommandos für Subalternoffiziere.
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Naja. Brun lehnte sich zurück, spürte die Spannung in Hals und Schultern, hatte das Gefühl, dass sie sich in mehrerlei Hinsicht bis über beide Ohren in die Nesseln gesetzt hatte. Sie schaltete den Bildschirm wieder auf das Ausgangsdisplay und überlegte, ob sie einen Imbiss bestellen sollte. Aber er würde auf einem Teller aus
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