Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waffenschwestern

Waffenschwestern

Titel: Waffenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
Vom Netzwerk:
irgendeinem zerstörten Schiff geliefert werden. Sie glaubte nicht, sich dem stellen zu können. Wie die Lage aussah, hatte sie jetzt schon Tränen in den Augen.
    »Irgendwas nicht in Ordnung?«, fragte eine tiefe Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um.
    Er war stämmig, hatte schwere, dick mit Muskeln bepackte Schultern; der kahle Schädel war wie der Oblos stark vernarbt.
    Seine Augen lagen kaum höher als Bruns; er saß in einem Schwebestuhl. Brun hinderte ihre Augen daran, sich zu senken und den Grund dafür in Erfahrung zu bringen – aber damit ermöglichte sie ihm einen freien Blick in ihr Gesicht.
    Aus dem Narbengesicht musterten sie braune Augen mit
    mehr Scharfblick, als ihr recht war. Seine breiten Lippen zuckten.
    »Lady, Sie gehören nicht der Flotte an, und Sie haben keine Ahnung, wo Sie da hineingeraten sind, nicht wahr?«
    Die »Lady« brachte sie für einen Augenblick aus dem
    Konzept. In dieser Pause deutete der Mann mit dem Kopf in den hintersten Winkel.
    »Kommen Sie mit hinüber und lassen Sie sich auf die
    Sprünge helfen«, sagte er. Sie war schon losgegangen, ehe sie es überhaupt bemerkte, wurde von irgendwas in seinem Tonfall gezwungen. Sein Schwebestuhl drehte sich und glitt zwischen den Tischen dahin; Brun folgte ihm.
    103
    Zwei Tische weiter rief jemand: »Hey, Sam!« Er drehte leicht den Kopf – er konnte ihn, wie Brun bemerkte, nicht ganz drehen
    – und hob die Hand, gab jedoch keine Antwort. Brun folgte ihm weiter und erreichte eine leichte Vertiefung in der Wand, abge-trennt durch Bank und Tisch, mit ausreichend Platz auf der anderen Seite für den Schwebestuhl.
    »Setzen Sie sich«, sagte er. Dann wandte er sich über die Schulter an eine Kellnerin: »Bringen Sie uns zwei Stenner und ein paar Chips.« Sein Blick kehrte zu Brun zurück, so
    beunruhigend wie zuvor.
    »Ich bin eigentlich nicht…«, begann Brun.
    »So viel ist mir schon klar«, sagte er mit Humor im Ton.
    »Aber sehen wir mal, was Sie sind.« Er zählte die Punkte mit einem Stummelfinger ab, deraussah, als wäre er ungeschickt aus Plastik geformt worden. »Sie sind Thornbuckles Tochter, wenn man Ihrem Kreditchip und der Klassenliste dort drüben folgt…«
    Er deutete mit dem Kopf in Richtung der Schule. »Sie sind Brun Meager, haben sich entschlossen, den Familiennamen Ihrer Mutter zu benutzen. Ziel von Mordanschlägen …« Brun fiel der Plural auf, und sie fragte sich, woher er so viel wusste. »Den Berichten Ihrer Ausbilder zufolge sind Sie körperlich beweglich und stark, clever wie eine Eins, lernen rasch, zeichnen sich durch eine Glückssträhne in Notsituationen aus. Sind außerdem emotionell labil, streitlustig, arrogant, dickköpfig, eigensinnig, schwierig. Nicht der Stoff, aus dem Offiziere sind, jedenfalls nicht ohne eine Menge heilsame Veränderungen.«
    Brun wusste, dass ihr Gesicht die Reaktion darauf verriet.
    »Und wieso nicht?«, fragte sie, bemüht um einen Tonfall milden akademischen Interesses.
    104
    Er ignorierte die Frage und fuhr fort: »Sie gehören nicht der Flotte an; keiner Ihrer Vorfahren hat seit über
    zweihundertvierzig Jahren der Flotte angehört. Sie entstammen einer Gesellschaftsschicht, in der man von einer normalen Person Ihres Alters Umgangsformen erwartet. Trotzdem
    betreten Sie eine Flottenkneipe …«
    »In Q-Town gibt es nur Flottenkneipen«, brummte Brun.
    »Und nicht nur eine Flottenkneipe«, fuhr er fort, »sondern eine mit besonderen Anspielungen, sogar für Flottenangehörige.
    Nicht alle von ihnen kommen her; nicht alle von ihnen sind hier willkommen. Ich habe schon gesehen, wie Kids, denen nach Ihren Begriffen jeder gesellschaftliche Hintergrund völlig abgeht, hier eintreten und in einem Atemzug erkennen, dass sie nicht hierher gehören. Was für mich die Frage aufwirft, Charlotte Brunhilde Meager, warum jemand wie Sie das nicht bemerkt.«
    Brun funkelte ihn an. Er erwiderte den Blick mit einem
    Ausdruck, der weder einladend noch feindselig war. Nur … eine Betrachtung … als wäre sie ein interessantes technisches Gerät.
    Dieser Blick verdiente keine Antwort, selbst falls sie eine gewusst hätte, was nicht der Fall war. Sie wusste gar nicht, warum sie durch diese Tür gegangen war und nicht irgendeine andere. Es war praktisch gewesen; sie hatte sich einen Drink gewünscht; wenn der Gedanke an einen Drink und eine Tür, die Drinks anbot, zusammenfielen, dann trat sie halt ein. Wenn man es so ausdrückte, klang es nicht, als ob sie ganz klar im Kopf wäre, aber sie

Weitere Kostenlose Bücher