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Waffenschwestern

Waffenschwestern

Titel: Waffenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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verstehen.«
    Thornbuckle seufzte. »Vielleicht. Sie kann … provokant sein.
    Aber trotzdem …«
    »Aber trotzdem ärgerst du dich, dass Lieutenant Suiza nicht taktvoller sein konnte. Ich fühle mit dir. Aber inzwischen…«
    Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihn; er drehte sich um.
    Normalerweise störte niemand ein privates Essen in diesem Raum, und dieses Klopfen wurde mit einer Heftigkeit
    ausgeführt, die sie beide aufschreckte.
    Poisson, der dienstälteste Privatsekretär, der Lord
    Thornbuckle in seiner offiziellen Position zur Verfügung stand, trat ohne weitere Verzögerung ein. Ungewöhnlich – mehr als ungewöhnlich war sein Gesicht, bleich und wie aus Stein gemeißelt.
    »Was ist los?«, fragte Thornbuckle. Sein Blick heftete sich auf das Paket, das Poisson mitbrachte und dessen gelbe und grüne Streifen ein vertrauter Anblick waren: Sie symbolisierten das größte kommerzielle Expresspostunternehmen Hymail.
    »Mylord … Mylord …« Poisson war sonst nie um Worte
    verlegen; selbst als Kemtre abdankte, erwies er vom ersten Augenblick an weltmännische Tüchtigkeit. Jetzt zitterte jedoch das Paket in seinen Händen, als er es hochhielt.
    Thornbuckle lief ein allzu vertrauter kalter Schauer über den Rücken, als die gerade verspeiste Mahlzeit einen eisigen Klumpen im Bauch bildete. In den Monaten, die er jetzt das Amt des Sprechers bekleidete, hatte er sich mit einer Krise nach der anderen konfrontiert gesehen, aber keine war jemals mit einem Hymail-Paket eingetroffen. Wenn Poisson jedoch
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    dermaßen reagierte, dann musste es ernst sein. Thornbuckle griff nach dem Paket, aber er musste es Poisson beinahe aus den Händen winden.
    »Sie haben es geöffnet«, stellte er fest.
    »Zusammen mit den anderen, die eingetroffen sind, ja,
    Mylord. Ich hatte ja keine Ahnung…«
    Thornbuckle griff ins Paket und zog ein Bündel Flatpics hervor; ein Datenwürfel purzelte heraus, als er das Paket umdrehte und schüttelte. Er blickte auf das erste der Flatpics, und die Zeit blieb stehen.
    Wie von fern spürte er, dass ihm die übrigen Flatpics aus der Hand glitten und langsam, ach so langsam zu Boden trudelten, wobei sie sich auf dem ganzen Weg in der Luft drehten und flatterten. Er nahm Poisson wahr, der immer noch die Hand ausgestreckt hielt, nahm Kevil auf der anderen Seite des Tisches wahr, den eigenen Puls, der erst, gestockt hatte und jetzt raste.
    Aber alles, was er sehen, wirklich sehen konnte, war Bruns Gesicht, das ihn mit einem solchen Ausdruck des Grauens und Elends ansah, dass es ihm den Atem raubte.
    »Häschen …?« Die Stimme gehörte Kevil.
    Thornbuckle schüttelte den Kopf und presste die Kiefer
    zusammen, um den Schrei zu unterdrücken, den er am liebsten ausgestoßen hätte. Er schloss die Augen und versuchte, das eben erblickte Bild durch eines zu ersetzen, auf dem Brun glücklich war und lachte, aber … vor seinem geistigen Auge blickte er wieder in ihr gehetztes, verängstigtes Gesicht.
    Er brauchte sich die übrigen Bilder nicht anzusehen. Er wusste auch so, was passiert war.
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    Er musste sie sich einfach ansehen. Er musste es erfahren und dann handeln. Wortlos reichte er Kevil das erste Flatpic und bückte sich, um die anderen aufzusammeln. Sie waren in einem Durcheinander gelandet, und ehe seine Hände – die ruhig waren, wie er erstaunt feststellte – sie alle einsammeln konnten, hatte schon ein halbes Dutzend Eindrücke seine Augen versengt: Brun nackt auf eine Koje gefesselt, eine frische Wunde am Bein, wo das Verhütungsimplantat gesteckt hatte. Brun in ihrem spezialgefertigen Schutzanzug mit einem Knebel im Mund, gehalten von Händen in Handschuhen. Wieder Bruns Gesicht, bewusstlos und schlaff, mit einer Art Instrument im Mund. Brun
    … Er legte den Stapel hin und blickte zu Kevil hinüber.
    »Mein Gott, Häschen!« Kevils Gesicht war so weiß, wie sein Eigenes sein musste.
    »Holen Sie uns einen Würfelspieler«, wies Thornbuckle
    Poisson an, überrascht, dass er in Anbetracht des rasch anwachsenden Kloßes in seinem Hals überhaupt reden konnte.
    »Ja, Mylord. Ich möchte …«
    »Tun Sie es einfach«, sagte Thornbuckle und schnitt Poisson die Worte ab, die er hatte sagen wollen. »Und lassen Sie das wegräumen.« Beim bloßen Geruch der Speisen auf dem Tisch wurde ihm schlecht. Als Poisson gegangen war, nahm
    Thornbuckle des erste Flatpic von Kevil zurück und drehte den ganzen Stapel sorgfältig um. Zwei Dienstboten kamen und räumten den Tisch ab, warfen den beiden

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