Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
Verfassung meine Frau mit Ihnen gesprochen hat, aber … Fabians Tod hat sie völlig aus der Bahn geworfen. Uns alle«, fügte er schnell hinzu. »Ich muss jetzt stark sein, für Ute und Saskia mit. Das bedeutet einen Kraftakt, den Sie sich nicht vorstellen können. Ich stoße an meine Grenzen, denn meine Frau …« Er sog schwer die Luft ein, wandte sich zum Fenster und ließ einen Moment verstreichen. Dann drehte er sich um. »Sie versucht, ihren Kummer in Alkohol zu ertränken. Kann es sein, dass sie Sie aus einer solchen Laune heraus angerufen hat?«
»Darum geht es nicht«, sagte Christine Cordes mit einem in seinen Augen ausgesprochen überheblichen Lächeln. Lutz ärgerte sich, dass sie seinen Ball nicht aufgenommen hatte. »Ihre Frau hat ausgesagt, dass Sie in den Nachtstunden, wann immer das genau gewesen sein mag, nicht zu Hause waren. Wir möchten lediglich wissen, wo Sie sich aufhielten. Das ist ja keine schwere Frage, und Sie werden uns sicherlich leicht Auskunft geben können.«
Am liebsten hätte er sie gemaßregelt für den Ton, den sie ihm gegenüber anschlug, doch leider war er der Kommissarin gegenüber nicht weisungsbefugt. »Mein Sohn und ich hatten Streit an jenem Tag. Das hat mich derart beschäftigt, dass ich noch einmal an die frische Luft musste, mich auspowern, um einen klaren Kopf zu bekommen. Deshalb habe ich mir mein Rennrad geschnappt und bin losgefahren.«
»Worum ging es denn bei dem Streit?«
Lutz atmete erneut tief ein und überlegte. Er beschloss, die Wahrheit über das zu sagen, was die Polizei sowieso schon wusste. Das machte ihn glaubwürdig. »Ich hatte herausgefunden, dass mein Sohn Drogen nimmt.«
»Drogen?«
»Nun tun Sie doch nicht so scheinheilig.« In Lutz begann der Kessel erneut zu kochen. »Sie haben doch Spuren davon gefunden, versuchen Sie also nicht, mich für blöd zu verkaufen! Haben Sie überhaupt eine Ahnung, was es nicht nur für meinen Sohn, sondern auch für mich bedeutet, wenn rauskommt, dass Fabian Drogen nimmt?«
»Ihr Sohn ist tot.«
»Ja«, begehrte Lutz auf, »Fabian ist tot, aber die Sache mit den verdammten Drogen bedroht auch meine Existenz. Was glauben Sie denn? Wir sind hier nicht so liberal wie Sie im Zivilrecht! Die Tatsache, dass Fabian diese verdammten Pilze in unserem Haus gelagert und sicher auch konsumiert hat … Wie soll ich denn beweisen, dass ich davon keine Ahnung hatte? Allein die Tatsache, dass mein Sohn diese Drogen besessen hat, kann mich meinen Job kosten, denn das Wehrdisziplinarrecht macht auch vor dem Kommandeur eines Stützpunktes nicht halt. Das Truppendienstgericht ist hier sehr eindeutig.«
»Nun beruhigen Sie sich mal wieder«, sagte Oda Wagner. »Wir sind nicht dieses komische Gericht, wir wollen nur wissen, wo Sie an dem Abend waren. Und wenn wir schon so offen miteinander reden, würde uns auch interessieren, warum Ihre Frau überrascht war, Viagra in Ihrem Nachtschrank zu finden. Was ist dran an der Vermutung Ihrer Frau, dass Sie der Freundin Ihres Sohnes gegenüber mehr empfinden, als es sich für einen Vater gehört? Ihre Frau ist am Ende, Herr Baumann. Sie hat den Sohn verloren und fürchtet nun, dass Sie, statt um Fabian zu trauern, im Tod Ihres Sohnes Ihre Chance sehen, seinen Platz bei Nora Brandis einzunehmen.«
Lutz Baumann schwieg.
Hätten die Kommissarinnen ihn vor elf Tagen mit diesen Dingen konfrontiert, hätte er sie hochkant aus seinem Büro geschmissen. Vor elf Tagen hatte er noch gedacht, mit allem fertigwerden zu können. Da hatte Fabian noch gelebt. Am liebsten hätte er jetzt alles kurz und klein geschlagen. Wie blöd musste Ute sein, um solche Äußerungen von sich zu geben? Nein, korrigierte er sich sofort, nicht, wie blöd. Wie verzweifelt. Und: wie betrunken. In nüchternem Zustand hätte sie etwas Derartiges nie und nimmer verlauten lassen.
»Zum Thema Viagra: Ich war neugierig, man liest ja viel von diesem blauen Wunderzeug. Allein aus dem Grund habe ich mir das Präparat gekauft. Ich habe lediglich eine einzige Tablette genommen, um die Wirkung zu testen.«
»Mit Nora Brandis?«, fragte Oda Wagner.
»Ich wäre dankbar, wenn Sie mich ausreden ließen«, erwiderte er kalt. »Nein. Nicht mit Nora Brandis. Zum Abend von Fabians Tod: In der Nacht bin ich tatsächlich noch mit dem Rennrad raus. Ich musste einen klaren Kopf bekommen nach dem Streit, den ich mit meinem Sohn gehabt hatte. In dem es nicht nur um die Drogen, sondern auch um Nora ging. Ich habe mich da sicher nicht korrekt
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