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Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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geworden. Nur das Kopfweh hatte sich verstärkt. Doch eine Gehirnerschütterung? Doch zum Arzt? Ich beschloss, es einmal bis Mittag bleiben zu lassen. Niemand erwartete mich früher in der Redaktion. In meinem Kopf hämmerte es, und mir war so flau im Magen, dass ich nichts essen mochte. Ein schlechtes Zeichen, dachte ich und machte mir langsam einen Pfefferminztee. Dann wickelte ich in zwei Geschirrtücher Eiswürfel und setzte mich vor den Fernseher. Eine Eispackung legte ich auf den Knöchel, die andere auf das Jochbein, das über Nacht angeschwollen war und sich ähnlich wie die Flecken auf meiner Brust gelb zu verfärben begann. Ich versuchte mich zu konzentrieren. Im ersten Programm lief die Serie »Roseanne«. Die dicke Roseanne, die zwischen Hamburgern, einem noch dickeren Ehemann, Arbeitslosigkeit und drei anstrengenden Kindern ihren Humor behielt.
    Vielleicht sollte ich zunehmen. War das der neue Humor? Ich verzichtete auf einen Grinser, den ohnehin niemand gesehen hätte. Die aufgerissene Lippe verlangte nach Ruhe.
    Zu Mittag schwand das Kopfweh. Vielleicht hatte ich doch nur zu viel Whiskey gehabt. Ich durfte nicht mehr so viel trinken. Ich war mir nicht sicher, ob ich es die Treppen nach unten schaffen würde. Und ich war mir nicht sicher, ob es mir gelingen würde, so fit zu wirken, dass niemand einen Arzt verständigte. Aber ich wollte mit Droch reden.

[ 5 ]
    Nach »Roseanne« kamen Nachrichten. Unruhe am Balkan, Börsenkurse in wildem Zickzack, Streit über privaten Waffenbesitz und schon wieder Vogl. Diesmal sah man ihn in Tirol. Vor dem Goldenen Dachl in Innsbruck hatte eine Schützenabordnung in ihrer seltsamen Verkleidung mit den unvermeidlichen Gewehren Aufstellung genommen. Vor den Schützen stand Vogl mit Orsolics, dem Adjutanten und einigen Menschen, die ich dem regionalen Unterstützungskomitee zuordnete. Vor Vogl hatten sich gar nicht wenige Tiroler und Tirolerinnen versammelt. Vogl sprach über die »grünen Talschaften und Hügel unserer Heimat«. Niemand lachte. Zumindest niemand, der im Bild war. Der Reporter kündigte an, dass sich Vogl bei seinem Tirolbesuch besonders mit den Anliegen der Bergbauern beschäftigen werde. Als ob Vogl von Bergbauern eine Ahnung hätte. Aber wahrscheinlich reagierten Bergbauern auf seine Anwesenheit auch nicht anders als die Delegationen in seinem Büro – geschmeichelt, dass er ihnen zuhörte und die Hand schüttelte.
    Ich stand auf. Die Blutergüsse machten es fast unmöglich, in die Badewanne zu klettern. Die offenen Wunden brannten. Aber es ging. Ich duschte mich. Der Knöchel war bereits etwas abgeschwollen. Make-up würde helfen, mich zwar ramponiert, aber nicht erschreckend aussehen zu lassen. Zum Glück hatte ich lange, dicke schwarze Haare. Ich hatte mir bereits eine Geschichte ausgedacht: Zwei Männer hatten versucht, mir meine Handtasche zu entreißen. Ich hatte die Tasche festgehalten und war gegen die Hausmauer geknallt. Polizei? Sinnlos.
    Ich bestellte ein Taxi und hinkte nach unten. Kein Vergleich zu gestern Nacht.
    In der Redaktion begegneten mir verwunderte Gesichter. Der Riss unter dem Ohr war durch Haare verdeckt, aber die mehrfarbige Beule unter meinem Auge konnte niemandem verborgen bleiben. Mein Hinken, aber auch mein übertrieben optimistisches Lächeln trugen offenbar zum Gesamteindruck bei.
    »Hast du dich mit Droch angelegt?«, fragte Susi aus der Event-Abteilung. Sehr witzig. »Handtaschenräuber«, knurrte ich und ging zu meinem Schreibtisch. Natürlich war er heute nicht frei. Otmar hatte bereits den besseren Sessel belegt. »Was ist denn dir passiert?«, fragte er. »Handtaschenräuber«, sagte ich. Neugierig drehte sich Otmar ganz zu mir um. Mein Streit mit Droch wegen des anonymen Briefes war ihm noch gut in Erinnerung. »Hast du dich vielleicht selbst verprügelt, um deinem Brief Gewicht zu verleihen?« Er grinste. Idiot.
    Droch sah mich zum ersten Mal mit offenem Interesse an. Diesmal musste er mich nicht zum Hinsetzen auffordern. Ich setzte mich vorsichtig auf den unbequemen Sessel. Droch rollte zur Tür und sperrte ab.
    »Ein verstauchter Knöchel, was?« Schon war er bei mir und schob die Haare zur Seite. Ich zuckte zurück. »Das ist kein Annäherungsversuch«, meinte er. »Das gehört genäht, Mädchen.« Dann forderte er mich auf, alles zu erzählen. Unter seinem Schreibtisch stand eine Papiertragetasche, in der meine Handtasche steckte. Ich legte los.
    Nach meiner Schilderung schwiegen wir und sahen aneinander

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