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Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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angefühlt hatten. Unwahrscheinlich, dass man mich hatte töten wollen. Vielleicht war ein Fenster aufgegangen und – nachdem die beiden abgezogen waren – wieder geschlossen worden. Man kannte das ja. Goldene Wiener Herzen. Nur kein Aufsehen. Vielleicht war ich in der Einfahrt auch gar nicht zu sehen gewesen. Seltsam, dass Droch meine Tasche direkt vor der Haustüre gefunden hatte und nicht in der Einfahrt. Ich war gut drei Meter davon entfernt zusammengeschlagen worden.
    Ich wunderte mich, dass ich nicht mehr Angst empfand. Vielleicht sollte ich meinen Vater anrufen und über Vogl ausfragen. Er kannte den politischen Tratsch und Hintergrundgeschichten, die in keiner Zeitung auftauchten. Mein Vater war nicht von Vogls Partei, das würde die Sache erleichtern. Er stand seiner Kandidatur neutral gegenüber. Das war auch die offizielle Linie seiner Partei.
    Inoffiziell … Ich stutzte. Vielleicht war inoffiziell alles anders, und sie waren es, die Vogl mit Bellini-Kleins Tod, mit Drohbriefen und vielleicht auch mit Handgreiflichkeiten gegenüber einer Journalistin schaden wollten. Eine absurde Idee, aber was war in der Politik nicht absurd?
    Mein Vater zeigte sich erfreut, dass ich mich für Politik zu interessieren begann. Er nahm sich für mich Zeit und erzählte mir ausführlich über Wolfgang A. Vogl und dessen Vorgänger, den verstorbenen Präsidenten. Ich schrieb das Wichtigste mit. Mir war klar, dass ich viele der Informationen filtern musste. Auch wenn es für mich schwer war, zwischen den beiden großen Parteien Unterschiede zu erkennen. Und je geringer die Unterschiede, desto weniger schienen sich die beiden Gruppen zu mögen.
    Vogl, so erfuhr ich, hatte es nicht ganz leicht, in die Fußstapfen seines Vorgängers zu treten. Der war neun Jahre Präsident gewesen, bevor er im Schlaf friedlich gestorben war. Der alte Mann, jenseits von Gut und Böse – und jenseits seiner eigenen Vergangenheit. Vogl sei ehrgeizig und eigentlich schon immer bei der Partei gewesen, auch wenn man nun so tue, als komme er aus der Wirtschaft. Das sei modern, heutzutage. Bevor Vogl Manager des Energiekonzerns geworden sei, habe er als Sekretär des vorvorigen Kanzlers gearbeitet, sehr jung damals noch. Und jung sei er auch noch gewesen, als er von dort in die Wirtschaft habe wandern dürfen. Mir sei doch klar, dass der Energiekonzern zum Großteil dem Staat gehöre? Ja, das war mir klar. Und dann: EU-Minister seiner Partei, auch wenn er seinerzeit außenpolitisch keinerlei Erfahrung gehabt habe. Doch als EU-Minister – so das damalige Argument – habe er ohnehin in erster Linie Österreichs Interessen in der EU zu vertreten gehabt. Jetzt würden dieselben Leute seine außenpolitische Erfahrung als EU-Minister hervorheben. Dabei hätte Hofer viel mehr an Erfahrung mitgebracht. Und an politischem Rückgrat. Aber die Parteiräson … Armer Hofer. Vogl habe ihn nicht eben gut behandelt, Hofer. Ich überlegte. Hofer von den Konservativen hatte antreten wollen. Er hatte sein Ministeramt zurückgelegt. Mein Vater erzählte unterdessen weiter: »Wie Vogl ihm spöttisch einen schönen Ruhestand gewünscht und gesagt hat, dass es jetzt Zeit für einen Generationswechsel sei, das war hart. Hofer ist ganz blass geworden, und …«
    »Aber es war deine Partei, die Hofer, ihren eigenen Mann, nicht aufgestellt hat.«
    »Parteiräson, davon verstehst du nichts. Hofer ist wirklich nicht mehr der Frischeste. Aber wie Vogl ihm dann auch noch sein Polizeibefugnisgesetz …«
    Ich unterbrach ihn. »Und wie ist Vogl als Mensch?«
    »Als Mensch?«, fragte mein Vater, als ob er auf einen derartigen Gedanken noch nie gekommen wäre. »Ehrgeizig, das habe ich schon gesagt. Obwohl er es sehr geschickt verbergen kann. Geschickt ist er, das muss man ihm lassen. Als sie damals die Pensionsreform …«
    »Mehr privat«, sagte ich.
    »Mehr privat … Seine Frau ist gestorben, und seine Tochter vertritt sie.« Mein Vater kicherte auf eine Art, die ich an ihm noch nie bewusst wahrgenommen hatte. »Seine Berater sind ganz froh darüber, dass er keine Frau hat, das kann in einem Wahlkampf zu Komplikationen führen. Entweder hat sie einen Liebhaber, oder sie säuft, oder er hat eine Freundin oder mehrere. Der alte – ich meine der alte Präsident – zum Beispiel hat seine Finger nie von Frauen lassen können. Wen der alles angetatscht hat! In den letzten Jahren hat er es offenbar nicht einmal mehr gemerkt. Wir machten uns sogar Sorgen, dass er selbst die

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