Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
Und niemand weiß, was er von der Mordsache gewusst hat. Ich sage: Er hat alles gewusst, aber andere haben es getan. Das ist möglich.«
    Absurd, das auf unsere Präsidentenwahlen umzulegen. Mir ging zum ersten Mal auf, wie absurd auch meine Kollegen meine Mutmaßungen gefunden haben mussten. »Das war in Bosnien«, sagte ich.
    »Und du glaubst, Politik ist da ganz anders?«
    »Ihr hattet Krieg.«
    »Das war vor dem Krieg. Als niemand daran gedacht hat.«
    »Aber …«
    »Das ist Politik«, sagte Vesna mit fester Stimme. »Es gibt solche und solche. Die es gut machen wollen. Und Mörder und Prügler wegen der Macht. Daheim und da.«
    »Bei uns sind nicht alle Politiker gut, aber sie haben andere Mittel«, erwiderte ich, wie ich es von Droch gehört hatte.
    »Bei uns auch«, sagte Vesna. »Ich werde auf dich aufpassen, Mira Valensky.«
    Dann war es allerdings ich, die ihr zu Hilfe eilen musste. Ich hatte mich gerade zur Wahlkampfzentrale aufmachen wollen, um Menschliches über das junge Hauptquartierteam zu sammeln, als mich Vesna Krajner in der Redaktion anrief. Sie hatten sie auf ihrem Motorrad geschnappt. Jetzt saß sie auf der Polizeiwachstube, und wenn nicht schnell etwas passierte, ging alles an die Fremdenpolizei, und dann …
    Ich schoss zu Droch hinüber, der wieder deutlich mehr Distanz wahrte. Aber so war er eben. Er murmelte etwas von: »Papiere müssen eben in Ordnung sein. Was haben wir sonst? Anarchie. Das wäre Ihnen wohl gerade so recht.«
    Ich grinste. »Klar, spielt jetzt aber keine Rolle. Ich muss meine Putzfrau rausreißen und melde mich eine halbe Stunde später als ausgemacht.«
    »Wohin fahren Sie?«
    »Penzing, Polizeiwachstube.«
    Während ich den Taxifahrer antrieb, dachte ich mir eine Geschichte aus. Vesna war für mich unterwegs gewesen. Das Motorrad hatte ich bei der Polizei schon einmal als meines ausgegeben. Ob dieser Fall irgendwo gespeichert war? Ich hatte Strafrecht während meines Studiums ebenso langweilig gefunden wie Verkehrsrecht. Eigentlich hatte ich nur zu Ende studiert, weil ich damals mit einem aufstrebenden Universitätsprofessor verheiratet war. Das konnte ich mir kaum noch vorstellen. Jeden Abend, punkt acht, ein mehrgängiges Essen auf dem Tisch – oft mit Freunden, denen ich die perfekte, wenn auch noch etwas junge Frau vorspielte, die auch noch studierte. Kochen und studieren. Ein intelligentes und praktisches Mädchen. Ob schlimmstenfalls er Vesna heraushauen konnte? Wir hatten uns zum letzten Mal vor einigen Monaten zufällig getroffen. Mittlerweile war er Dekan, und seine jetzige Frau erzählte ihren Freundinnen noch immer gerne, wie sehr er darunter gelitten habe, dass ich ihn Hals über Kopf im Stich gelassen hatte und nach Amerika gegangen war. Zu einem italienischen Wirt.
    Ich legte mein ganzes dramatisches Talent in den Auftritt. In meiner Schulzeit war ich im Schauspielen ganz gut gewesen. Ich schimpfte Vesna Krajner aus, dass sie, statt meinen Brief zu überbringen, lauter Dummheiten im Kopf habe. Den bereits leicht irritierten Inspektor verwirrte ich durch mein hohes Sprechtempo noch mehr. Ein wichtiger Brief, eine journalistisch hochbrisante Sache, ich sei nämlich Redakteurin. Und stattdessen … Dabei hatte ich ihr sogar das Motorrad geborgt. Vesna habe einen Führerschein, das wisse ich ganz genau, sonst hätte ich ja nie … Es sei eben ein Problem mit den Mitarbeitern, aber es sei sonst niemand greifbar gewesen, und da … Ich unterbrach meinen Redefluss und fragte streng: »Was ist eigentlich passiert?«
    »Ich dachte, Frau Krajner hat Ihnen das schon erzählt, sie hat Sie doch angerufen, hat sie gesagt, und wir lassen das auch zu, wir sind nicht …«
    »Ich verstehe kein Wort, wenn sie aufgeregt ist«, behauptete ich. Besser, Vesna stand etwas blöde da, als dass sie Schwierigkeiten mit ihrer Aufenthaltsgenehmigung bekam. Der Polizist schilderte, dass sie zu schnell gefahren sei und keine Fahrzeugpapiere habe vorweisen können. Das Motorrad könnte ja auch gestohlen sein, und so habe man sie auf die Wachstube mitgenommen.
    »Gestohlen«, knurrte Vesna. Ich deutete ihr, ruhig zu sein.
    »Sie sind geschlagen worden«, sagte der Polizist und zeigte auf mein Gesicht. Auch das noch. Ich schwieg einen Augenblick zu lange.
    »Wir haben eine eigens geschulte Kollegin für solche Fälle. Wenn Sie mit ihr sprechen wollen, können Sie Hilfe bekommen. Gewalt in der Familie …«
    »Keine Gewalt in der Familie«, bremste ich den Polizisten ein. »Gewalt einer

Weitere Kostenlose Bücher