Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi
gezeigt, und das war sie.«
»Wer war sie?«
»Das haben sie mir nicht gesagt. Ein … so ein Flittchen eben.«
»Und danach wurden Sie nichts mehr gefragt?«
»Ich habe erzählt, was ich wusste.«
Es konnte das Foto aus dem Rahmen gewesen sein. Aber auch Madermichl hatte auf Bellini-Kleins Schreibtisch nie ein Foto stehen sehen. Eine geheime Liebschaft also. Die Blauäugige hatte von einer »hochgestellten Persönlichkeit« gesprochen. Aber Bellini-Klein hatte ja immer übertrieben. Und die Polizei hatte die Ermittlungen eingestellt, obwohl sie von der Frau wusste. Kein Zusammenhang mit Bellini-Kleins Tod. Da waren die beiden Gläser … An Madermichl kam man schwer vorbei. Wenn er sagte, dass die Frau am Abend nicht zu Bellini-Klein gekommen war, stimmte das wohl. Aber wie passte das mit den beiden Gläsern zusammen? Hatte Madermichl doch jemanden übersehen?
»Sie wollten den Müll hinuntertragen«, sagte ich zu Madermichl, der mich daraufhin irritiert ansah.
»Ja dann …«, sagte Vesna, als wir wieder auf der Straße standen, und ging auf ihre nicht zugelassene Mischmaschine zu.
»Nein«, sagte ich.
»Wir schieben zwei Stunden«, erwiderte Vesna. Wir waren wirklich ein ganz schönes Stück vom Zentrum Wiens entfernt.
»Okay, viel Glück«, sagte ich.
»Ich nehme Nebenstraßen.« Vesna setzte sich ihren orangefarbenen Helm auf, startete und fuhr unter gewaltiger Rauch- und Lärmentwicklung ab. Sie war dauernd damit unterwegs, es würde schon gut gehen.
Auf dem Weg zur U-Bahn kam ich an einem Zeitungskiosk vorbei. Eines unserer Konkurrenzblätter hatte auf der Titelseite ein großes Foto von Vogl, seiner Tochter und seiner Enkeltochter. Alle drei strahlten um die Wette. Irgendwie wurde mir in letzter Zeit in der Politik zu viel gelächelt. »Familie 2000«, lautete die Headline. Schwachsinn. Ich ging weiter. Dann drehte ich jedoch um, kaufte das Blatt und läutete ein paar Minuten später bei Madermichl.
»Ja?«
»Mira Valensky, entschuldigen Sie, ich habe etwas vergessen.«
»Was denn?«
»Können Sie mich mit dem Lift holen? Es dauert nur ein paar Minuten.«
Madermichl war zu neugierig, um abzulehnen. Ich faltete das Titelblatt so, dass nur mehr Vogls Tochter zu sehen war. Über ihrem Bauch stand »00«. Madermichl lehnte in seinen ledernen Hausschuhen im Lift und sah mich fragend an. Oben, deutete ich ihm. Wir blieben im Gang stehen. Offenbar hatte bei Madermichl das Misstrauen wieder Oberhand. Ich streckte ihm das Foto entgegen. »Ist sie das?«
Er betrachtete es nur für einen Augenblick. »Das ist sie«, sagte er. »Woher haben Sie …«
»Und Sie sind sich ganz sicher?«
»Warum fragen Sie mich das immer? Natürlich bin ich mir sicher, auch wenn sie auf diesem Foto viel besser angezogen ist. Ist das aus so einer Pornozeitschrift?«
»Dazu hat sie wohl zu viel an.«
»Ja.«
Ich bedankte mich und ging. Bellini-Kleins Freundin war Vogls Tochter. »Mörder«, hatte sie gerufen, nachdem Bellini-Klein tot aufgefunden worden war. Alles nur Zufall? Ich musste mit ihr reden, ohne dass Vogl oder Orsolics oder einer der Leibwächter dabei waren. Und ich musste Droch davon erzählen. Schon aus Sicherheitsgründen. »Mörder« hatte sie ihrem Vater an den Kopf geworfen. Aber Vogl war rund um die Uhr bewacht. Ein staatlich bewachter Mörder, war das möglich? Ich erinnerte mich an den Einbruch ins Haus des Innenministers. Auch sein Haus wurde bewacht, und dennoch war es den Dieben gelungen, unbemerkt alles mögliche fortzuschaffen. Der Innenminister und seine Sicherheitsbeamten waren wochenlang das Gespött des Landes gewesen.
Vogl wirkte nicht wie ein Mörder. Mörder sahen zwar nicht wie Mörder aus, aber er war einfach zu vorsichtig. Und: Es waren zwei Männer gewesen, die mich niedergeschlagen hatten. Wie sollte ich an die Tochter von Vogl herankommen? Kein Wunder, dass die Polizei den Fall so schnell abgeschlossen hatte. Vogls Tochter als mögliche Verdächtige im Todesfall Bellini-Klein. Vogls Tochter als heimliche Geliebte eines Wahlkampfmitarbeiters. Diesmal hatte Bellini-Klein kaum übertrieben. Es ging um die Tochter einer hochgestellten Persönlichkeit. Hatte er deswegen sterben müssen?
Ich ließ mich von einem Taxi zu meinem Auto bringen und fuhr zu Vogls Villa. Kein Wagen konnte hier unbeobachtet stehenbleiben. Verdammt. Ich fuhr zur Redaktion. Droch spitzte amüsiert die Lippen. »Schau, schau, der hübsche Bellini-Klein.«
In der Wahlkampfzentrale ging es hoch her. Berge von
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