Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
ausgehalten habe. Er war etwas jünger …« Sie begann wieder leise zu weinen. Ich sah mich besorgt um und reichte ihr noch ein Taschentuch. Es war mein letztes.
    »Und dann … Er war so voller Pläne, er kann nicht tot sein. Ich …«
    »Wie haben Sie es erfahren?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich versuche seinen Tod aufzuklären.«
    Sie schüttelte wieder den Kopf, aber sie begann langsam und abgehackt zu sprechen. Als ob sie jedes Wort vorher noch einmal kauen müsste. »Ich war daheim. Es war spät. Mein Vater saß vor dem Fernseher. So gegen Mitternacht. Ich war oben, als es an der Tür klingelte. Es war Orsolics. Ungewöhnlich. Ich weiß noch, dass ich mich geärgert habe. Der Wahlkampf ufert aus, habe ich mir gedacht. Ufert aus.« Sie kicherte. Es klang nicht fröhlich. »Mein Vater und Orsolics zogen sich ins Arbeitszimmer zurück. Ich ging nach unten. Vielleicht hatte ich eine Ahnung. In letzter Zeit glaube ich an Ahnungen. Ich wollte ihnen etwas zu trinken anbieten, unser Hausmädchen ist nur tagsüber da. Ich wollte gerade die Türe aufmachen, als ich hörte, wie mein Vater sagte: ›Bellini-Klein ist tot?‹ Ich blieb vor der Türe stehen. Niemand wusste von uns, auch nicht mein Vater. Er hätte es nicht haben wollen im Wahlkampf, das hat auch Daniel gesagt. Orsolics berichtete meinem Vater. Die Polizei habe sich bei ihm gemeldet. Daniel sei aus dem Fenster seiner Wohnung gestürzt. Mein Foto sei gefunden und mitgenommen worden. Man wolle mich befragen. Selbstmord sei aber so gut wie sicher. Orsolics hat damit geprahlt, wie er der Polizei eingeschärft hat, dass man die Privatsphäre des Toten achten müsse. Daher keine Presseerklärung. Selbstmord.« Sie sah mich an. Jetzt waren ihre Augen trocken.
    »Mein Vater ist nicht unmenschlich, es ist der Wahlkampf. Sie haben beschlossen, alles zu vertuschen. ›Die Sache muss unter den Teppich gekehrt werden‹, hat mein Vater gesagt. Die Sache … Da habe ich es nicht länger ausgehalten und bin ins Zimmer gestürzt.«
    Ich nickte. »Aber ›Mörder‹ haben Sie zwei Tage später geschrien.«
    Sie nickte. »Orsolics war bei uns, weil Sie ja zum Frühstück kommen sollten. Vorbesprechung, auch für den restlichen Tag. Und da hat er erzählt, dass es zwei Gläser ohne Fingerabdrücke gibt. Und mein Vater hat gesagt: ›Was spielt das für eine Rolle? Der arme Bellini-Klein ist tot. Lassen wir es dabei.‹ Orsolics war sich nicht sicher, ob die Polizei mitspielen würde. ›Sorgen Sie dafür‹, hat mein Vater gesagt, und da habe ich die Nerven verloren und ›Mörder‹ geschrien. Es ist mir vorgekommen, als ob er ihn damit selbst ermordet hätte.«
    Das klang glaubwürdig. »Und gehen Sie davon aus, dass Bellini-Klein ermordet wurde?«
    Vogls Tochter schüttelte zweifelnd den Kopf. »Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass er sich umgebracht hat. Er war so voller Pläne. Sie haben ihn nicht gut behandelt. Aber es wäre alles in Ordnung gekommen. Wir wussten auch schon, wie. Ich wollte …«
    »Ja?«
    »Ich wollte meinem Vater in einer ruhigen Stunde klarmachen, was er an Daniel hatte. Abgesehen davon: Er hatte andere Angebote. Er und ich … Ich kann mir das nicht vorstellen.«
    »Und wer soll ihn umgebracht haben?«
    Wieder Kopfschütteln. »Ich kann mir niemanden vorstellen. Niemanden. Alle haben ihn gemocht.«
    »Alle außer Chloe Fischer, Orsolics, dem restlichen Wahlkampfstab und offenbar auch Ihrem Vater.«
    »Meinem Vater war er … egal. Und die anderen waren neidisch. Das ist kein Mordmotiv.«
    Damit hatte sie recht. Zumindest unter normalen Umständen. Aber was war in einem Wahlkampf schon normal?
    »Wenn Sie das veröffentlichen, werde ich alles abstreiten«, sagte sie, sah dabei aber nicht sehr kämpferisch aus.
    »Ich denke, es ist gut, dass Sie es jemandem erzählt haben«, erwiderte ich.
    Sie nickte langsam. »Mein Vater hat übrigens ein Alibi.«
    »Sie haben es auch nicht leicht«, sagte ich, tätschelte ihre Hand und ging.

[ 6 ]
    Es war schon zu spät, um noch mit Droch über Vogls Tochter zu reden. Ich war müde und dachte an Väter, Töchter und Karrieren. Vogl konnte es nicht gewesen sein. Zumindest ging seine Tochter davon aus. Aber die hatte auch an Bellini-Kleins Liebe geglaubt. Ein hübscher Hochstapler. Sie musste einsam gewesen sein.
    Andererseits: Es hatte Fälle gegeben, in denen ich mich bei Männern gründlich geirrt hatte. Über Beispiele wollte ich lieber nicht so genau nachdenken. Da war dieser Düsseldorfer gewesen,

Weitere Kostenlose Bücher