Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi
Liste anlegen wollen, aber es sei sicher …«
Die Buchhalterin lachte. Ich sah sie möglichst desinteressiert an. »So ein Schwachsinn. Auch wenn ich wissen möchte, wer uns da schon wieder über die Schulter geschaut hat. Dauernd passiert das. Die Neugierigen aus dem Prominentenkomitee, die einfach auftauchen und glauben, sie können ihre Nase in alles stecken. Aber auch Leute aus der Partei und Schmidt und …«
»Und Bellini-Klein?«
Die Buchhalterin sah mich mit einem wachen Blick an. »Nicht dass ich wüsste.«
»Und Sie sind sich sicher, dass diese Sternchen nicht Vogls Favoriten kennzeichnen?«
»Natürlich. Schauen Sie, es ist ganz einfach, und das können Sie ruhig wissen: Die mit einem Sternchen werden anders bezahlt. Teils sind es Angestellte von Parteien und Institutionen, wurden einfach ausgeliehen, und ihre bisherigen Arbeitgeber zahlen weiter. Teils werden sie erst später mit Sachleistungen abgegolten. Zum Beispiel mit den vielen gebrauchten Computern, die wir hier stehen haben. Und teils bekommen sie gar nichts, weil ihre Leistung gleichzeitig eine Spende ist. Um kein Durcheinander zu bekommen, haben wir diese Personen und Firmen mit einem Sternchen versehen. Glauben Sie mir, das ist so. Wir verbuchen alle Leistungen korrekt.« Klang logisch. Und ganz und gar nicht ungesetzlich.
Vesnas Zwillinge waren an Grippe erkrankt. Daher kam sie ausnahmsweise am Abend zu mir. Am Abend war ihr Mann zu Hause. Sie ließ sich alle Neuigkeiten erzählen. Ihr vertraute ich. Wem hätte Vesna es schon erzählen können? Vesna war noch immer davon überzeugt, dass zwischen den Todesfällen und dem Wahlkampf ein Zusammenhang bestand. »Denk an unseren Chef im Ort, Mira Valensky«, sagte sie, während sie meine Blusen bügelte. Ich wollte nicht untätig daneben sitzen und legte Wäsche zusammen.
»Du sollst nicht glauben, dass ich dumm bin, Mira Valensky.«
»Das tue ich nicht«, erwiderte ich empört. »Aber bei euch war vieles anders.«
»Vieles nicht. Nicht in den Köpfen. Macht und Geld, auch Liebe und alles das ist gleich. Manche macht es böse, manche gut, und fast alle sind dazwischen.«
»Aber das politische System …«
»Wie wichtig ist das jeden Tag? Schon, aber nicht nur.«
Ich seufzte. »Sie blasen sich alle so auf, sagen, dass sie alles nur wegen der Menschen tun, glauben das wahrscheinlich auch, reden von politischen Zielen und von Notwendigkeiten. – Verstehst du mich?«
Vesna nickte. »Heucheln tun wir alle. Das bringt nach vorne. Soll ich dir erzählen, was ich gemacht habe, frisch in Österreich, und alle halten Putzfrau für blöd? Ich habe gesagt, dass ich Professorin war in Bosnien, Kinder unterrichtet habe und jetzt putzen muss. Ich kenne eine Professorin, bei der ist das so. Und eine Ingenieurin. Nichts wie putzen. Also habe ich gesagt, ich bin Professorin. Da habe ich zwar trotzdem geputzt, aber die Leute waren viel mehr respektvoll zu mir.«
Ich lachte. »Und warum tust du das nicht mehr?«
»Mir ist Respekt jetzt mehr egal. Ich habe selbst wieder mehr Respekt mit mir. Am Anfang, da war alles fremd und ich mir auch.«
»Du meinst also, dass die Heuchler bloß nicht genug Selbstvertrauen haben, um zu zeigen, wie sie sind?«
»Das ist ein Teil der Geschichte.«
»Und Vogl ist auch einer ohne Selbstvertrauen?«
»Er heuchelt Wähler, er ist schwach.«
»Er ist ein Macher.«
»Ein Schwacher.«
Ich schüttelte den Kopf. Nicht alle Thesen Vesnas waren stichhaltig.
Droch lud mich zum Essen ein. »Weil wir so einmal in Ruhe alles durchreden können«, fügte er hinzu.
Ich nickte eifrig. »Ich würde gerne für Sie kochen.«
»Sie können kochen?«
»Ja, aber ich wohne im dritten Stock ohne Lift.«
»Vielleicht besser für mich.«
»Was essen Sie gerne?«
Droch schüttelte den Kopf. »Alles, alles, wenn es gut ist. Außer fettem Schweinefleisch. Man hat mir schon einiges vorgesetzt, sogar Alligator.«
»Besser als umgekehrt«, erwiderte ich. »Alligator schmeckt wie etwas zu altes Hühnerfleisch.«
Droch rollte ein Stück näher. »In Ordnung. Wenn Sie Lust haben, kochen Sie für mich.«
»Im dritten Stock?«
»In unserer Fischerhütte an der Donau.«
»Wollen Sie mir Ihre Briefmarkensammlung zeigen?« Ich zuckte zusammen – so sollte ich mit Droch nicht reden.
»Haben Sie noch nicht gemerkt, dass ich das Zeug zum Gigolo habe?« Gigolo. Wie altmodisch. Ich musste mich bemühen, dass es beim leichten Ton blieb.
Ich erkundigte mich nach den Kochmöglichkeiten. Droch
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