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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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er ragte jetzt krumm aus der Tischmitte auf, was ihm das Aussehen eines Betrunkenen verlieh, der den Nüchternen zu spielen versucht. Den verbliebenen Stuhl hatte Wireman am Ende des Holzstegs aufgestellt und sich hineingesetzt, weil ich darauf bestanden hatte. Ich saß auf dem Steg selbst, der zwar keine Rückenlehne hatte, mich aber leichter (von würdevoller ganz zu schweigen) aufstehen lassen würde. Wireman bot an, als Ersatz für den verschütteten Eistee einen frischen Krug zu holen. Ich lehnte ab, war aber einverstanden, das auf wundersame Weise nicht umgekippte Glas mit ihm zu teilen.
    »Jetzt sind wir Wasserbrüder«, sagte er, als es leer getrunken war.
    »Ist das irgendein indianisches Ritual?«, fragte ich.
    »Nein, das ist aus Fremder in einem fremden Land von Robert Heinlein, Gott hab ihn selig.«
    Mir fiel ein, dass ich ihn nie lesen gesehen hatte, während er in seinem gestreiften Liegestuhl saß, aber das erwähnte ich nicht.Viele Leute lesen nicht am Strand; von dem hellen Licht bekommen sie Kopfschmerzen. Ich sympathisierte mit Leuten, die unter Kopfschmerzen litten.
    Er begann wieder zu lachen. Er hielt sich den Mund wie ein Kind mit beiden Händen zu, aber das Lachen brach trotzdem durch. »Nicht schon wieder. Heiliger Strohsack, nicht noch mehr. Ich glaube, ich habe mir sämtliche Bauchmuskeln gezerrt.«
    »Ich auch«, sagte ich.
    Wir schwiegen einen Augenblick lang. Die Brise vom Golf her war an diesem Tag kühl und frisch, mit wehmütigwürzigem Salzgeruch. Der Sonnenschirm flatterte um den Riss. Der dunkle Fleck im Sand, wo der Krug mit Eistee umgekippt war, war schon fast verschwunden.
    Wireman kicherte. »Hast du gesehen, wie der Tisch abhauen wollte? Der gottverdammte Tisch? «
    Ich kicherte ebenfalls. Meine Hüfte schmerzte, und die Bauchmuskeln taten mir weh, aber ich fühlte mich ziemlich gut für einen Mann, der sich fast bewusstlos gelacht hatte. »›Alabama Getaway‹«, sagte ich.
    Er nickte und wischte sich noch etwas Sand vom Gesicht. »Grateful Dead. 1979. Um den Dreh.« Er kicherte, sein Kichern ging in leichtes Lachen über, und das verwandelte sich blitzschnell in einen brüllend lauten Lachanfall. Er hielt sich stöhnend den Bauch. »Ich kann nicht mehr, ich muss aufhören, aber … Braut des Paten! Du lieber Himmel!« Und wieder lachte er schallend laut.
    »Erzähl ihr bloß nicht, dass ich das gesagt habe«, sagte ich.
    Er lachte nicht mehr, lächelte aber weiter. »So indiskret bin ich nicht, muchacho . Aber... es war der Hut, richtig? Dieser große Strohhut, den sie trägt.Wie Marlon Brando, als er im Garten mit dem Kleinen spielt.«
    Eigentlich waren es die Sneakers, aber ich nickte, und wir lachten noch einmal. »Falls wir loslachen, wenn ich dich ihr vorstelle«, sagte er (und lachte schon wieder, vermutlich über die Vorstellung loszulachen; so ist das, wenn man einen Anfall hat), »sagen wir, dass wir lachen, weil ich meinen Liegestuhl demoliert habe, richtig?«
    »Richtig«, sagte ich. »Aber was hast du damit gemeint, als du gesagt hast, dass sie es gewissermaßen ist?«
    »Weißt du das wirklich nicht?«
    »Keinen blassen Schimmer.«
    Er deutete auf das Big Pink, das in der Ferne sehr klein aussah. Und einen langen Rückmarsch versprach. »Wem, glaubst du, gehört dein Haus, amigo? Ich meine, deine Miete geht sicher an einen Immobilienmakler oder die Agentur Vacation Homes Be Us, aber wo, glaubst du, landet der größte Teil deines Schecks letztlich?«
    »Ich schätze mal, auf einem Bankkonto von Miss Eastlake.«
    »Korrekt! Miss Elizabeth Eastlake. Wegen des Alters der Lady - fünfundachtzig -, könnte man sie wohl Ole Miss nennen.« Er begann wieder zu lachen, schüttelte den Kopf und sagte: »Das muss aufhören. Aber um mir selbst gegenüber fair zu sein, muss ich sagen, dass ich schon lange keinen Grund mehr hatte, herzhaft zu lachen.«
    »Ganz meinerseits.«
    Er sah mich an - einarmig, das Haar auf einer Kopfseite stellenweise spärlich - und nickte. Dann sahen wir eine Zeit lang nur auf den Golf hinaus. Ich weiß, dass Leute nach Florida ziehen, wenn sie alt und krank sind, weil es dort fast das ganze Jahr über warm ist, aber ich finde, dass der Golf von Mexiko noch zusätzliche Anreize bietet. Schon der Anblick dieser endlosen stillen flachen besonnten Weite ist heilend. Ein großes Wort, nicht wahr? Golf, meine ich. Groß genug, dass man viele Dinge hineinwerfen und verschwinden sehen kann.
    Nach einiger Zeit fragte Wireman: »Und wem, glaubst du,

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