Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Beziehungen von Strauß zu Todor Schiwkow, dem früheren kommunistischen Partei- und Staatschef Bulgariens, einzugehen. Strauß reiste mehrmals nach Bulgarien, ging dort mit Schiwkow auf die Jagd. Aber war das Jagdvergnügen der einzige Grund für diese Visiten? Mitglieder der ehemaligen kommunistischen Regierung nannten später den Journalisten Rudolf Lambrecht und Michael Mueller gegenüber einen ganz anderen Grund: »Es ging darum, Geschäfte einzufädeln, die teils über die Türkei in afrikanische Staaten abgewickelt wurden.« Über die Art der Geschäfte zogen sie es vor zu schweigen. Was konnte Bulgarien nach Afrika exportieren? Und warum war es erforderlich, hierfür den Umweg über die Türkei zu nehmen? Es drängt sich auf, dass es um Waffengeschäfte ging.
Die bulgarische Firma Kintex besaß als einziges Unternehmen außerhalb der Sowjetunion die Lizenz, Kalaschnikows herzustellen. Sie war mit ihren Waffengeschäften für Bulgarien ein wichtiger Devisenbringer, wie Andrew Feinstein in seinem Buch Waffenhandel anführt. Im 1976 entbrannten Bürgerkrieg in Mozambique verfügten die von Südafrika unterstützten Rebellen über Kalaschnikows. Die Herkunft dieser Gewehre ließ sich nur von Südafrika ableiten. Zu dessen international geächtetem Apartheidregime unterhielt Strauß eine enge Verbindung, obwohl es einem Waffenembargo des UN-Sicherheitsrats unterlag.
Somit weist vieles darauf hin, dass Strauß wertvolle Dienste für Todor Schiwkow geleistet hat, zumal sich andernfalls folgende Frage stellen würde: Welche Geschäfte waren es sonst, die da abgewickelt wurden?
Der Fall Celenk mit seinem bulgarischen Bezug erscheint ebenfalls in einem neuen Licht. Gab es eine Verbindung zu Strauß?
Die Lieferung von U-Boot-Blaupausen und U-Boot-Teilen nach Südafrika
Strauß brüstete sich 1986 selbst damit, dass er den Export deutscher U-Boot-Pläne und U-Boot-Teile nach Südafrika eingefädelt habe. Das berichtete damals der Spiegel . Dieser Export war illegal – zum einen weil, wie schon erwähnt, das Apartheidregime einem UN-Waffenembargo ausgesetzt war, zum anderen, weil der Export gegen die deutschen Waffenausfuhrbestimmungen verstieß, da er ohne die erforderliche Zustimmung des Bundessicherheitsrats und ohne Exportgenehmigung erfolgt war. Als die Sache ruchbar wurde, setzte der Bundestag deshalb einen Untersuchungsausschuss ein.
Mir erzählte Renate Piller, die seinerzeitige Lebensgefährtin von Strauß, sie habe gehört, wie er sich damals laufend mit seinem Intimus Franz Dannecker, Wienerwald-Justitiar und Mitglied des CSU -Landesvorstands, wegen der Lieferung der Blaupausen nach Südafrika besprach. Was hatte Dannecker, der die Geldangelegenheiten von F. J. Strauß betreute, damit zu tun?
Während die Bundesregierung das Apartheidregime scharf verurteilte, erklärte Strauß die geforderte Abschaffung der Apart heid für »unverantwortlich« – das würde das Ende von Sicherheit und Ordnung und damit den Zusammenbruch bedeuten. Bei einem Besuch in Südafrika im Jahr 1988 verstieg er sich in einer Rede vor 500 Gästen in der Präsidentenvilla gar zu einer überbordenden Hymne: »Nie in meinem 40 -jährigen politischen Leben habe ich eine so ungerechte und unfaire Behandlung eines Landes erlebt, wie sie Südafrika widerfährt.«
»Very corrupt«?
Der frühere CSU -Bundesminister Johnny (Hans) Klein äußerte einem Informanten zufolge, Bundeskanzler Helmut Kohl habe nach dem Tod von Strauß zu ihm, Klein, gesagt, Strauß habe sich in seinen letzten Lebensjahren fast nur noch für Waffengeschäfte interessiert. Es sei ganz schlimm gewesen. Als Bundeskanzler war Kohl Vorsitzender des Bundessicherheitsrats und hatte als solcher Einblick.
Dass Strauß ständig in Waffengeschäften unterwegs war, ohne je dafür ein Honorar zu erhalten, wird kaum jemand behaupten wollen, schon gar nicht im Hinblick auf seine von engen Weggefährten bezeugte Geldgier. Die 1963 von Gerhard Mertins zusammen mit dem ehemaligen SS-Fallschirmjäger und Mussolini-Befreier Otto Skorzeny im schweizerischen Vevey gegründete Firma Merex AG exportierte deutsche Waffen ins Ausland. Bei einem von den Saudis beabsichtigten Kauf von Leopardpanzern war Strauß für Mertins die wichtigste Kontaktperson. Der frühere libanesische Oberst Joseph Hovsepian, der viele Jahre mit Merex zusammenarbeitete, beschrieb Strauß als »very corrupt« (s. Andrew Feinstein, Waffenhandel , S. 109 ). Unterstellt man dies, so fragt sich, auf welchen Konten
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