Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
gegen ihn. Es gab da durchaus Dinge, die sehr merkwürdig, ja anstößig waren und die Erzählung des Wirtschaftsprüfers schlüssig erscheinen ließen. Schließlich kam ich zur Überzeugung: So unfassbar die Geschichte war, sie musste wahr sein!
In dieser Nacht konnte ich längere Zeit nicht einschlafen. Ich dachte an eine bekannte Zeile von Heinrich Heine.
Ich verdrängte die Sache, die Menschen in der Bundesrepublik durften das nicht erfahren, sie würden sonst jegliches Vertrauen in die Staatsspitze verlieren. Im Laufe der Zeit aber änderte ich meine Meinung. Denn der Spitzenmann gab sich allzu unverschämt in der Öffentlichkeit. Ohne von der Geschichte zu wissen, sagte einmal ein früheres Mitglied der Bundesregierung zu mir: »Ein Samariter ist er nicht!« Als ich später die Umtauschaffäre mit einem sehr angesehenen Journalisten eines Nachrichtenmagazins diskutierte, wollte dieser natürlich wissen, wer es war. Ich behielt es für mich. Dann erzählte er mir, er habe den gleichen »Umtauschtrick« bei einem bestimmten CDU -Politiker recherchiert. Da war ich verblüfft. Denn dieser stand dem anderen sehr nahe.
Die Fürsorge für die Bauern
Im Dezember 2009 beklagte der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Gerd Sonnleitner, die CSU -Landwirtschaftsminister würden die Bauern belügen. Sie würden versprechen, in Brüssel die Dinge zum Wohl der Bauern zu richten. Sonnleitner: »Die Staatsregierung gaukelt den Bauern vor, sie könne Preise gestalten. Das kann sie nicht.« Die Minister wüssten genau, dass die Landwirtschaftspolitik der EU-Kommission seit Langem festliege und dass es keine Aussicht auf Änderung gebe. Den gleichen Vorwurf erhob im Juni 2010 der frühere EU-Landwirtschaftskommissar Franz Fischler. Die Bayerische Staatsregierung habe den Bauern zu lange vorgemacht, sie könne die Welt für sie ändern, schrieb der Österreicher im Abschlussbericht seiner Kommission. Die Agrarpolitik lasse sich nicht an der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Realität vorbei gestalten. Wie war das früher mit Strauß? War er ehrlicher? Gerade ihm vertrauten die Bauern ganz besonders. Wegen seiner markigen Worte zugunsten der Landwirtschaft sahen sie in ihm den Sachwalter, der für sie eintrat, und himmelten ihn deshalb an.
Am 3 . März 1976 , es war der politische Aschermittwoch, sprach Strauß in der Nibelungenhalle in Passau zu seinen Anhängern, darunter viele Landwirte. Mit Donnerstimme forderte er, dass die Bauern einen gerechten Preis für ihr Fleisch erhalten müssten. Dafür werde er sich einsetzen. Der Verfall der Fleischpreise war die existenzielle Sorge der Landwirte. Nach dem Mittagessen in der Handwerkskammer kehrte Strauß beschwingt zu seiner Begleitung zurück. »So«, sagte er, »wir fliegen jetzt nach Budapest. Dort mache ich ein schönes Geschäft für meinen Freund März.« Als ihn am nächsten Tag der Pilot Lothar Lehmeier beim Rückflug fragte, ob alles gut gelaufen sei, bejahte Strauß. Das Geschäft sei zustande gekommen. Es ging um den Import von circa 2000 Tonnen Schweinefleisch oder mehr, halb so teuer wie in der Bundesrepublik. Irritiert erinnerte der Pilot Strauß daran, dass er am Vortag in der Nibelungenhalle zu den Bauern etwas ganz anderes gesagt habe, nämlich dass sie einen gerechten Preis für ihr Fleisch erhalten müssten: »So muss man’s halt machen«, habe Strauß daraufhin lachend erwidert, berichtete Lehmeier. Dass Strauß ohne jeden persönlichen Profit nach Budapest geflogen war, also das Geschäft aus purer Liebe zu seinem Spezi Josef März eingefädelt hätte, scheint den Umständen nach höchstwahrscheinlich auszuschließen zu sein.
Die Fleischimporte nach Bayern
Der frühere Leiter der Zollpolizei an einem Grenzübergang zur damaligen Tschechoslowakei erinnerte sich zornig: Eines Tages sei ein Fleischimport aus der Tschechoslowakei eingetroffen, durchgeführt von einer Firma, die mit dem Unternehmen Marox der Gebrüder März zusammenhing. Er habe festgestellt, dass die Frachtpapiere des Lkw, der 20 bis 30 Tonnen geladen hatte, nicht stimmten. Daraufhin habe er den Fahrer befragt. Der habe zunächst behauptet, er wisse von nichts, sich dann in Widersprüche verwickelt und schließlich erklärt: »Jetzt sag ich überhaupt nichts mehr. Das Fleisch ist für das Jagdessen vom Franz Josef. Die Staatskanzlei wird sich rühren!« Der ehemalige Zollbeamte berichtete, er habe dann die Weisung erhalten, die Sache an die Oberfinanzdirektion Nürnberg
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