Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Saudis bis dahin nur an staatliche Ölgesellschaften und an die internationalen Unternehmen wie Shell, BP oder Esso verkauft hatten. Strauß hatte daran »maßgeblich mitgestrickt«. In einem Schreiben an Kronprinz Fahd hatte er sich für den Deal eingesetzt und zugesagt: »Ich bin wie immer bereit, Ihre Königliche Hoheit in jeder nur möglichen Art und Weise zu unterstützen.«
Der Kontrakt sah die Lieferung von 100 000 Barrel Öl täglich für drei Jahre vor, insgesamt etwa 15 Millionen Tonnen. Lambrecht und Mueller zufolge fielen dabei etwa 550 Millionen Mark an Schmiergeldern an, die unter mehreren Partnern aufgeteilt und zumeist über Liechtensteiner, Schweizer und panamesische Briefkastenfirmen abgezogen wurden. Und weiter: »Zu den Begünstigten gehörte nach den vorliegenden Akten auch die CSU .«
Für die Verteilung der Schmiergelder bediente sich die AVIA der beiden Kaufleute Goldhofer aus München und Jens-Jürgen Jensen aus Hamburg. Der Löwenanteil ging an eine Liechtensteiner Briefkastenfirma namens Terlano Anstalt. Laut Betriebsprüfungsbericht eines Münchner Finanzamts gingen dorthin 230 000 Dollar pro Tag. Über die Zeitdauer der Lieferungen waren es etwa 125 Millionen Dollar. Wer hinter Terlano stand, blieb unbekannt.
In den Unterlagen von Jensen war unter dem Datum des 23 . August 1980 – kurz vor der Bundestagswahl, als Strauß als Kanzler kandidierte – die Notiz zu finden: »Parteispende über Hoffmann 200 000 DM«. Auf einem anderen Blatt, auf dem er die Schmiergeldanteile verschiedener Mitkassierer festhielt, vermerkte Jensen: » CSU 0 , 01 «. Das sollte ein Cent pro Barrel bedeuten, was im ersten Jahr der Öllieferung über 700 000 Mark gewesen wären.
Doch auf Anfrage von Lambrecht und Mueller antwortete die CSU , es gebe in ihren Unterlagen »keinerlei Hinweise auf Spenden« von Hoffmann, Jensen oder der AVIA . Wer war überhaupt dieser Hoffmann? Es handelte sich offensichtlich um den Honorargeneralkonsul Hans Hoffmann, einen engen Freund von Strauß, mit Sitz in Malaga und einer Villa in Marbella, wo Kronprinz Fahd sein Nachbar war. Strauß hatte in seiner Zeit als Verteidigungsminister Hoffmann den würdevollen Titel verschafft und bei ihm viele Urlaubstage verbracht, wie Lambrecht und Mueller berichten.
Ermittlungen des Münchner Finanzamts sowie der Staatsanwaltschaft München im Zusammenhang mit einer Strafanzeige gegen Jensen wegen eines Betrugsfalls führten zu einer Firma LCF in Panama und einer Firma LCF Energie AG in der Schweiz. An beiden Firmen war Jensen beteiligt. Ein Teil des Schmiergeldes war an die LCF in Panama geflossen; unbekannt blieb, wer dort mitkassierte.
Bei beiden LCF -Firmen tauchte neben Jensen als weiterer Gesellschafter der Deutsche Norman Leiser mit Wohnsitz in der Schweiz auf. Als die Staatsanwaltschaft wegen des Betrugsfalls gegen Jensen ermittelte, wurde Leiser die Sache offenbar zu heiß. Er bat einen Treuhänder, die LCF Energie AG in seine Obhut zu nehmen. Diese ging schließlich unter dem neuen Namen Zekom AG in Konkurs.
Als der Treuhänder im Rahmen des Konkursverfahrens vom Konkursamt des Kantons Nidwalden zur LCF Energie/Zekom vernommen wurde, machte er laut Protokoll eine überraschende Aussage: Er sei ahnungslos »in eine Firma gekommen, die hohe Politik machte, Handel mit Gaddafi trieb, Raketen nach Iran liefern wollte und eine sehr gewagte Steuerproblematik einfädelte«. Zu den Gesellschaftsverhältnissen gab er an: »Meines Wissens, das ich nur vom Hörensagen weiß, waren die Gründer: Norman Leiser, Engelberg, Franz Josef Strauß, München, Dr. Gayler, Bahnhofquai, Zürich, später auch Dr. Straub, Zug. Auch soll Herr Dr. Goldstein, AVIA Internat. Gründer gewesen sein und Libyen eine Beteiligung gehalten haben.«
Zum Aktienkapital gab der Treuhänder an: »Gründung 100 000 , voll, Verteilung weiß ich nicht, und Dr. Gayler ist verstorben, ebenso Dr. Goldstein und F. J. Strauß« (so das Vernehmungsprotokoll vom 11 . 05 . 1995 ). Anmerkung: Mit Goldstein dürfte Goldhofer/München gemeint sein.
Mit dieser Aussage konfrontiert, erklärte Leiser: »Der lügt. Franz Josef Strauß war kein Gesellschafter von mir. Dem kam es doch nur auf die Kohle an.« Um verdeckt Provisionen zu kassieren, benötige man keinen Treuhänder, es genügten Unterkonten bei einer Bank.
Das war jedoch kein wirkliches Dementi. Strauß musste natürlich nicht Mitgesellschafter im Rechtssinne sein. Wenn er aber verdeckt dahinterstand, konnte die Aussage des
Weitere Kostenlose Bücher