Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
viele Millionen (Werner Biermann, S. 49 ).
1975 / 76 kam auf, dass Lockheed zahlreiche Politiker und Militärs verschiedener Staaten in den 1960 er- und 1970 er-Jahren mit Riesensummen bestochen hatte. Die Vorwürfe bestätigten sich jeweils, so wurden zum Beispiel zwei ehemalige japanische Ministerpräsidenten überführt, und Prinz Bernhard der Niederlande musste deshalb von allen öffentlichen Ämtern zurücktreten. Auch Strauß wurde 1975 beschuldigt: von Ernest Hauser als Zeuge vor einem Untersuchungsausschuss des amerikanischen Senats.
Hauser hatte kein Motiv, seinen Wohltäter und Freund zu Unrecht zu beschuldigen. Strauß war sein Trauzeuge gewesen und hatte die Patenschaft des am 9 . Mai 1963 in Bonn getauften Söhnchens übernommen. Doch Hauser konnte für seine Aussage keine Beweise vorlegen. Strauß blieb dennoch unter Verdacht, zumal sich die Vorwürfe gegen andere Beschuldigte bestätigt hatten und er auch in weiteren Skandalen der Bestechlichkeit verdächtigt wurde.
Im Dezember 1989 erhielt ich von einem Angehörigen des Büros des US-Verbindungsoffiziers für Bayern – inzwischen war ich Referatsleiter für Verteidigungslasten im Finanzministerium geworden – den Hinweis, Strauß habe tatsächlich Geld von Lockheed erhalten, und zwar über Liechtenstein. Ob dies zutraf, ließ sich freilich nicht überprüfen.
All diese Vorgänge erscheinen heute in einem neuen Licht. Denn mittlerweile ist erwiesen, dass Strauß käuflich war. Es steht fest, dass er gewaltige Summen unrechtmäßig vereinnahmt hat. Daher ist der Lockheed-Bestechungsverdacht umso schwerwiegender geworden, und der Tod der abgestürzten Piloten und die Verschleuderung öffentlicher Mittel belasten Strauß jetzt noch mehr.
Diese Beurteilung wird durch folgende Episode bekräftigt: Nach den Aussagen von Ernest Hauser vor dem US-Senatsausschuss kündigte Strauß Hauser mit sofortiger Wirkung die Freundschaft auf. Für ihn war Hauser fortan ein Todfeind. Da war, wie es dem Charakter von Strauß entsprach, nur noch der blanke Hass. Strauß nannte ihn einen »Schwindler«, verdächtigte ihn, ein Werkzeug der Kommunisten zu sein. Deshalb ist unglaublich und entlarvend, was mehr als 20 Jahre später geschah:
Im Jahr 1986 saß eines Tages in der Gastwirtschaft des Hotels Kneitinger im niederbayerischen Abensberg eine CSU -Runde bei einander, mit dabei Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann. Unvermittelt erhob sich Zimmermann, sagte zur Verblüffung aller, er müsse jetzt gehen, denn er fahre heute Abend noch in die Schweiz, und zwar zu Ernest Hauser wegen Lockheed – im Auftrag von Strauß! Dies erzählten mir zwei Teilnehmer der Tischgesellschaft.
Wie erklärt es sich, dass der nunmehrige Ministerpräsident Strauß seinen engen Vertrauten Friedrich Zimmermann, einen leibhaftigen Bundesminister, zu einem Mann entsandte, der ihn angeblich übel verleumdet hatte? Offensichtlich musste Strauß Hauser weiterhin fürchten. Wegen einer Bagatelle wäre der selbstbewusste Zimmermann bestimmt nicht in die Schweiz gefahren. Und warum eigentlich war der Treffpunkt die Schweiz? Hauser war Amerikaner. Musste Zimmermann Hauser etwas von Strauß überbringen? Und falls ja, was?
Friedrich Zimmermann war als »getreuer Hausknecht« von Strauß (so Heribert Prantl/ SZ ) für eine solch heikle Aufgabe der geeignete Mann. Über Jahrzehnte hinweg war er mit Strauß durch dick und dünn gegangen, ihm auch durch Affären und gemeinschaftliche wirtschaftliche Interessen verbunden. Kennzeichnend ist folgende Episode: Bei der Beerdigung des Rechtsanwalts Franz Dannecker, dem wohl engsten Vertrauten von Strauß, raunte ein CSU -Minister, als der Sarg in die Grube hinabgelassen wurde, einem anderen prominenten CSU -Politiker zu: »Hier wird viel Geld versenkt. Der kannte als Einziger die Konten von Strauß in der Schweiz.« Dieser CSU -Minister war Friedrich Zimmermann, damals Bundesinnenminister. Der CSU -Politiker, zu dem er das sagte, ebenfalls ein Mitglied der Bundesregierung, hat mir das selbst erzählt.
Die Lockheed-Affäre ist nur eine der zahlreichen Beschaffungsaffären bei der Bundeswehr, in denen Strauß unter dem Verdacht der Bestechlichkeit stand oder im Hinblick auf das, was man inzwischen über ihn weiß, jetzt unter einen solchen Verdacht zu stellen ist. Die vom Bundesrechnungshof immer wieder scharf gerügte Misswirtschaft von Strauß hat die Bundesrepublik Milliarden gekostet.
Aber auch ansonsten war die Bundeswehr unter Strauß in einem
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