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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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jahrzehntelanges CSU -Mitglied vor. Dann erzählte er mir, dass er als junger Man nach dem Studium bei Dynamit Nobel, ein dem Flick-Konzern zugehöriges Unternehmen, beschäftigt gewesen sei. Die Firma hätte den Auftrag gehabt, die Zündungen für die Granaten des HS- 30 -Schützenpanzers herzustellen. In Zusammenhang mit diesem Auftrag habe die Firma Zahlungen »nach Griechenland« geleistet – angeblich bestimmt für den Bundesverteidigungsminister Strauß. Diese Zahlungen seien umso merkwürdiger gewesen, als die Schützenpanzer schließlich nicht gebaut und damit auch die Granaten nicht hergestellt wurden. Strauß hatte bereits zu dem 1972 verstorbenen Friedrich Flick ein gutes Verhältnis – wie später zu dessen Sohn Friedrich Karl. Der Historiker Stefan Finger schreibt, Strauß habe Friedrich Flick über Jahre hinweg »unternehmenspolitisch beraten«, doch seien dafür niemals spezielle Zahlungen an Strauß erfolgt. Das mag sein. Aber auch einem gründlichen Historiker bleibt vielleicht mal etwas verborgen.
    Die Starfighter-Affäre
    Strauß bestellte 1960 bei der Flugzeugfirma Lockheed Starfighter. Die Verträge waren, wie der Bundesrechnungshof feststellte, »miserabel«. Die extra für die Bundeswehranforderungen neu zu entwickelnde Technik der Flugzeuge war äußerst kompliziert und bei keinem einzigen Prototyp erprobt. Der Fliegergeneral Johannes Steinhoff riet Strauß dringend, allerhöchstens 250 Maschinen zu bestellen, mehr könne die Bundeswehr vorerst gar nicht verkraften. Auch andere Generäle warnten. Strauß aber bestellte 700 Maschinen! Die Folgen: Bis Ende 1979 waren 209 Starfighter abgestützt, 92 Menschen hatten dabei den Tod gefunden.
    Der Bundesrechnungshof rügte Strauß auf das Schärfste. Er habe öffentliche Mittel in Milliardenhöhe verschleudert und das Parlament fortgesetzt getäuscht. Weiter kritisierte der Bundesrechnungshof, das Vorgehen von Strauß habe »die militärische Einsatzfähigkeit über Jahre hinweg beeinträchtigt«. Aufgrund dieser vernichtenden Feststellungen hätte Strauß zurücktreten müssen. Aber den Anstand, freiwillig zu gehen, besaß er nicht. Und zwingen konnte man ihn nicht, weil er der Vorsitzende der mitregierenden CSU war. Strauß hatte weitgehend entgegen dem Rat seiner Staatssekretäre, Generäle und Beamten gehandelt und sie brüskiert. Generäle hatten damals einen schlechten Stand gegenüber dem Minister. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt absolut das Primat der Politik, sie hatten zu schweigen – und dies spielte Strauß voll und ganz aus. Er benahm sich so rüpelhaft, dass sich Bundeskanzler Konrad Adenauer und Bundespräsident Theodor Heuss, wie Gesprächsprotokolle ausweisen, gemeinsam Sorgen machten, was aus dem Bundesverteidigungsministerium werden solle. Dem Inspekteur der Luftwaffe, General Johannes Trautloft, soll Strauß beispielsweise angeboten haben, er könne ihn am Arsch lecken.
    Was waren die Gründe der Starfighter-Katastrophe? Für die massiven technischen Mängel waren es unstreitig die überzogenen Eigenschaften, die das Flugzeug haben sollte und die von dem maßlos ehrgeizigen Minister Strauß gefordert wurden. Doch die technischen Versprechungen waren in den Verträgen nicht bindend festgelegt, weshalb sie Lockheed die Möglichkeit zu finanziellen Nachforderungen boten.
    Aber die Frage bleibt, warum Strauß, entgegen dem ausdrücklichen Rat von Steinhoff nicht 250 , sondern 700 Maschinen kaufte. Und warum waren die Verträge mit Lockheed für die Bundesrepublik so desaströs? Was war denn hier los mit dem angeblichen Genie Strauß?
    Die Rechtsanwälte des Spiegel erklärten nach Vertragsabschluss, Strauß sei ein der Korruption schuldiger Minister, weil die Kosten für anrüchige Vergnügungen, die Strauß bei Amerikareisen genossen hatte, von Lockheed getragen worden seien. Strauß erhob gegen diese Darstellung 1965 Privatklage, zog diese aber wieder zurück – auffälligerweise erst im Gerichtstermin. Wohl deshalb, weil vor dem Gerichtssaal ein Zeuge auf seine Vernehmung wartete, der um diese Dinge wusste: Ernest Hauser, ein ganz enger Freund von Strauß aus Schongauer Tagen, den Strauß, nachdem er Bundesverteidigungsminister geworden war, bei Lockheed untergebracht hatte – als Mittelsmann zwischen der Firma und dem Bundesverteidigungsministerium. Warum nur bedurfte es eines solchen Mittelsmannes? Was sollte der denn leisten? In seiner Funktion verdiente Hauser 1 , 75 Prozent Provision an den Starfighter-Käufen, es waren

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