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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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»Will man an der Spitze einen Mann mit zwei Gesichtern?« Die Illustrierte hielt Seehofer eiskalte Doppelmoral im Privatleben und populistische Wechselhaftigkeit im politischen Geschehen vor. Der Stern : »Mal sehen wir ein sympathisches Lausbubengesicht. Und einen Moment später wird daraus die Fratze des abgezockten Politprofis.«
    Seehofer steht im bisher einzigartigen Ruf, alle Augenblicke etwas anderes zu sagen – insofern hebt er sich von Strauß ab. Von einem CSU -Landtagsabgeordneten wird die Aussage kolportiert, er habe vormittags eine Zusage von Seehofer in einer Sache erhalten, wisse aber nicht, ob diese abends noch gelte. Der Stern erinnerte daran, dass Seehofer nach einem Gastauftritt von Angela Merkel auf einem CSU -Parteitag vor den Kameras die absolute Geschlossenheit der Union beschwor. Bissig kommentierte die direkt neben ihm stehende Kanzlerin: »Mal sehen, was morgen Mittag ist.«
    Das Idol Horst Seehofers und seiner Gefährten
    Sozialministerin Christine Haderthauer hatte 2009 in einem unbedachten Interview geäußert, Strauß sei nicht ihr Vorbild, es habe doch da etliche Dinge gegeben, die sie anderen nicht zur Nachahmung empfehlen würde. Außer sich über diesen Tabubruch drohte ihr Seehofer sofort mit dem Rausschmiss aus dem Kabinett, räumte ihr aber noch eine letzte Chance ein. Daraufhin pries sie sofort in einer weiteren Erklärung Strauß über alle Maßen. Das machte in der Presse großen Wirbel. Dass die Bürger draußen im Lande nicht wissen dürfen, was es mit Strauß in Wirklichkeit auf sich hatte, ist in einer Demokratie nicht hinnehmbar. Wie vereinbart Seehofer das mit seinem Amtseid?
    Ein Journalist machte mich darauf aufmerksam, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem CSU -Parteitag in Nürnberg im Juli 2009 in ihrer Ansprache kein einziges Mal den Namen Strauß erwähnt habe. Dies sei auffällig gewesen, weil sonst jeder CDU -Vorsitzende auf den CSU -Parteitagen als Hommage an die CSU immer wieder an den großen F. J. Strauß erinnert habe. Mag sein, dass die Kanzlerin dies per Zufall unterlassen hat.
    Als im Sommer 2010 die feierliche Inauguration der Heinrich-Heine-Büste in der Walhalla bei Regensburg stattfand, erklärte Seehofer, keiner der bayerischen Ministerpräsidenten der Nachkriegszeit habe das Format für die Walhalla gehabt – ausgenommen F. J. Strauß. Zuvor schon hatte Markus Söder propagiert, Strauß gehöre in die Heldengalerie, und Peter Ramsauer, damals CSU -Landesgruppenchef, hatte einen entsprechenden Antrag angekündigt. Sollten Seehofer und sein Kabinett beschließen, dessen Büste dort aufzustellen, würden sie diese gar noch neben der Büste von Sophie Scholl (Weiße Rose) platzieren. Hatte Strauß doch 1980 bei seiner Kanzlerkandidatur verbreiten lassen, er habe im Dritten Reich Widerstandskreisen angehört; einen Beweis hierfür war er freilich schuldig geblieben. Bedenklich: Käme Strauß in die Walhalla, wäre dort nur noch Platz für drei weitere Büsten.
    Im Januar 2011 tagte die CSU wie alljährlich in Wildbad Kreuth. Als Seehofer dort vor einem großen Plakat mit dem Bild von Strauß stand, erklärte er: »Ich stehe hier vor dem Bild von Franz Josef Strauß, meinem großen Vorbild.« Das war anscheinend Richtlinie seiner Politik. Der Bayerische Rundfunk hielt die Äußerung für so wichtig, dass er sie am 16 . Januar 2011 berichtete. Seehofer hat offenbar noch viel vor.
    Noch bestürzender war, dass zuvor, am 3 . Dezember 2010 , die Hüterin des Rechts in Bayern, die Justizministerin Beate Merk, in der Fernsehsendung Nachtcafé des SWR im Rahmen einer Talkshow mit dem Thema »Vorbilder Mangelware?« verzückt bekannte, Strauß sei ihr Idol. Wie zu hören war, waren darüber verschiedene Richter eines Oberlandesgerichts recht ungehalten, zumal Merk das ohne jede Not gesagt habe. Für mich war das Glaubensbekenntnis der Ministerin ein Alarmsignal. Denn zu diesem Zeitpunkt lag ihr bereits eine Strauß schwer belastende Zeugenaussage vor, die ihr mein Anwalt zugeleitet hatte, nachdem die Strauß-Abkömmlinge gegen mich Strafantrag wegen Verleumdung ihres hehren Vaters gestellt hatten. Ich wusste jetzt, was die Glocke geschlagen hatte. Merk hatte sich törichterweise verraten: Es war nur zu klar, wie die ihr unterstehende Staatsanwaltschaft handeln sollte. Und so lief es auch.
    All das, was ich über Strauß offengelegt hatte, die ungeheuerlichen strafbaren Missbräuche, die viele bis dahin ahnungslose Menschen empörten und erschütterten –

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