Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Verantwortlichkeit Edmund Stoibers für die Landesbank-Verluste und andere Finanzaffären
Tritt Edmund Stoiber heute auf Veranstaltungen oder in Talkshows im Fernsehen auf, so gibt er sich als weiser Elder Statesman, als äußerst erfolgreicher Spitzenpolitiker, als ein Doktor Allwissend. Weil die Welt sich ändert hat er seine 2012 herausgekommenen Memoiren betitelt und damit kundgetan, dass er ein globaler Denker ist. Dieser Ansicht ist auch Horst Seehofer. In seinem Grußwort zur Präsentation von Stoibers Memoiren bezeichnete er ihn neben Strauß als den größten Politiker der bayerischen Nachkriegsgeschichte.
Die Wirklichkeit sieht freilich anders aus. Zunächst einmal ist festzustellen: Als Stoiber 1993 bayerischer Ministerpräsident wurde, übernahm er ein intaktes, gut funktionierendes Staatswesen mit geringer Schuldenlast und einer Landesbank mit respektabler Ertragslage. Als er 2007 zurücktreten musste, war die Lage anders.
Die LWS-Affäre
Die Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft Bayern ( LWS ) hatte von 1994 bis 1998 Verluste von über 467 Millionen Mark eingefahren. Dafür war Stoiber der Hauptverantwortliche. Er hatte als Innenminister die LWS in das Bauträgergeschäft gedrängt, für das sie überhaupt nicht gerüstet war. Wie ein aufgefundener Briefwechsel offenbarte, hatte er dies gegen den entschiedenen Widerstand des Finanzministeriums durchgesetzt. Als dies offenbar wurde, gebrauchte er die Ausrede: »Wenn ich eine Autobahn baue, bin ich nicht für die Unfälle verantwortlich, die darauf passieren.«
Die Leo-Kirch-Affäre
Als Leo Kirch sich Anfang 2001 anschickte, Bernie Ecclestone das Formel- 1 -Geschäft abzukaufen, benötigte er hierfür zwei Milliarden Mark, das ihm die Banken nicht leihen wollten, weil sein Unternehmen bereits mit etwa sieben Milliarden Mark verschuldet war. Schließlich erhielt er den Kredit doch noch, und zwar von einer sehr spendablen Bank, der Bayerischen Landesbank. Und das, obwohl er dort bereits mit zwei Milliarden Mark verschuldet war. Und obwohl die Innenrevision der Bank gefordert hatte, das Kreditengagement Leo Kirchs zurückzufahren. Finanzminister Kurt Faltlhauser erteilte als Vorsitzender des Verwaltungsrats für den Kredit eine Eilgenehmigung (bei zwei Milliarden Mark!). Staatskanzleiminister Erwin Huber und sein Chef Edmund Stoiber rechtfertigten die Kreditvergabe öffentlich, insbesondere im Landtag, damit, dass der Medienstandort München gestärkt werden solle. Die SZ hingegen schrieb damals in dicken Buchstaben: »Stoiber, Faltlhauser und Huber steuern die Landesbank mit Vollgas ins Risiko«. Genauso kam es. Ein Jahr später war Leo Kirch pleite, die Verwertbarkeit der gegebenen Sicherheiten ungewiss.
Der renommierte Rechtsanwalt Peter Spörlein erstattete daraufhin Strafanzeige gegen Edmund Stoiber wegen des Verdachts der Untreue. Seine plausible Begründung: Stoiber habe sich mit der Kreditvergabe lediglich die Medienunterstützung Leo Kirchs in seinem bevorstehenden Wahlkampf als Kanzlerkandidat erkaufen wollen. Selbstverständlich wies die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige gegen ihren obersten Chef zurück.
Die Landesbank-Affäre
Die Landesbank fuhr in den Jahren 2007 und folgend schwerste Verluste ein und konnte nur gerettet werden, indem die Staatsregierung zehn Milliarden Euro als Eigenkapital zuschoss. Die von den bayerischen Steuerzahlern zu tragende Staatsverschuldung stieg dadurch mit einem Schlag um fast die Hälfte! Die Verluste der Landesbank resultierten zum einen daraus, dass sie nur nachrangig gesicherte Hypotheken (Subprime-Papiere), genauer: darauf gestützte undurchsichtige Derivate, vornehmlich in den USA erwarb. 2007 musste eine Wertberichtigung von 2 , 3 Milliarden Euro vorgenommen werden, 2008 wurden Verluste von fünf Milliarden Euro ausgewiesen. Zum anderen ergaben sich Verluste in Höhe von 3 , 7 Milliarden Euro aus dem Kauf der Kärntner Bank Hypo Group Alpe Adria.
Und wie schon beim Kirch-Kredit trat auch hier wieder das Trio Stoiber, Huber und Faltlhauser tatkräftig in Erscheinung, mit von der Partie war außerdem Beckstein. Mit Ausnahme von Stoiber waren sie alle Mitglieder des Verwaltungsrats der Landesbank. Bekanntlich erwies sich der Kauf als eine katastrophale Pleite, die 3 , 7 Milliarden Euro kostete. Als das publik wurde, hieß es zunächst, Stoiber habe damit überhaupt nichts zu tun gehabt. Doch nachdem der stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende Siegfried Naser in Bedrängnis geraten war,
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