Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
offenbarte er plötzlich in der Börsenzeitung in Bezug auf Stoiber, »dass das gesamte Kabinett unter seiner Leitung beraten und den Kauf begrüßt hat«. Und dann kam heraus: Als die kroatische Nationalbank ihre wegen der Tochterbanken in Kroatien erforderliche Zustimmung zum Kauf der Hypo Group Alpe Adria verweigerte, setzte Stoiber den kroatischen Ministerpräsidenten, wie dieser erklärte, mit der Drohung unter Druck, den Beitritt Kroatiens zur EU zu blockieren. Der Präsident der kroatischen Nationalbank sprach sogar von einem unannehmbaren Verhalten Stoibers. Kroatien hatte seinerzeit schließlich seine Zustimmung erteilt.
Damit war offenkundig, dass Stoiber faktisch den Kauf der Hypo Group Alpe Adria entschieden hatte, er wollte sich als Global Player inszenieren. Zuvor schon hatte Finanzminister Faltlhauser dem Vorstand der Landesbank vorgeworfen: »Ihr seid doch zu blöd, eine Bank zu kaufen.« Die erste Due-Diligence-Prüfung durch Wirtschaftsprüfer und Fachleute aus dem Bankwesen hatte bei der Hypo Group Alpe Adria schwere Mängel ergeben, die zweite Prüfung ebenfalls. Trotzdem genehmigte der Verwaltungsrat den Erwerb. Es ist unglaublich: Dem Kauf wurde im Umlaufverfahren zugestimmt, das heißt ohne Erörterung in einer Sitzung! Im Umlaufverfahren werden normalerweise von Aufsichtsgremien nur Bagatellbeschlüsse gefasst, bei denen ohne Diskussion allgemeine Zustimmung zu erwarten ist. Der Kauf der Hypo Group Alpe Adria war jedoch ein Großprojekt, der Kaufpreis betrug 1 , 6 Milliarden Euro! Trotzdem – und das war der Höhepunkt – wurde im Kaufvertrag auf die üblichen Gewährleistungsansprüche verzichtet!
Das skandalöse Fehlverhalten der Verwaltungsratsmitglieder Faltlhauser, Huber, Beckstein, Naser und Schmid erklärt sich allein daraus, dass Stoiber die Bank unbedingt kaufen wollte. Warum sollten sie da durch Einwände oder durch ein Veto ihren Herrn gegen sich einnehmen? Was würde ihnen denn schon passieren, wenn etwas schiefginge? Sie konnten davon ausgehen, dass die CSU die bevorstehende Landtagswahl wieder gewinnen würde und dass sie deshalb für nichts geradestehen müssten. Dass die CSU über 17 Prozentpunkte an Stimmen einbüßen und die absolute Mehrheit verlieren würde, konnte damals niemand voraussehen.
Später redeten sich die Verwaltungsratsmitglieder darauf hinaus, sie hätten sich auf den Vorstand der Landesbank verlassen. Die vom Untersuchungsausschuss des Landtags beigezogenen Gutachter Prof. Schmidt und Prof. Lutter hielten dem entgegen, dass es ja gerade Aufgabe von Aufsichtsräten sei, einem Vorstand nicht zu vertrauen, sondern ihn zu kontrollieren.
Somit stellte sich die Frage der Haftung – es wurde spannend. Nach monatelangem Warten erklärte schließlich der Landesbank-Chef Gerd Häusler, die Verwaltungsratsmitglieder hätten sämtlich schuldhaft Pflichtverletzungen begangen, die zu massiven finanziellen Schäden geführt hätten. Huber, Beckstein und Schmid könnten dennoch nicht auf Schadensersatz verklagt werden, weil sie nur fahrlässig, aber nicht grob fahrlässig gehandelt hätten. Bei Faltlhauser und Naser werde die Haftungsfrage noch geprüft. Diese Entscheidung hatte Häusler sicher mit Horst Seehofer vereinbart, der ihn als Sanierer geholt hatte. Man beachte den gewählten Zeitpunkt der Bekanntgabe: Ausgerechnet drei Tage vor Heiligabend, wenn alle Leute nur Weihnachtsvorbereitungen im Kopf haben, wird verkündet, dass Huber, Beckstein und Schmid verschont würden! Damit war sichergestellt, dass es keine große öffentliche Empörung gab, zumal der Landtag sich bereits in die Weihnachtsferien verabschiedet hatte und auch die Journalisten bald in den Weihnachtsurlaub fahren würden.
Nach der Rechtslage hätte man durchaus erwägen können, Huber, Beckstein und Schmid wegen grober Fahrlässigkeit in Haftung zu nehmen. Denn sie hatten dem Kauf der Hypo Group Alpe Adria zugestimmt, obwohl, wie erwähnt, die bei den Due-Diligence-Prüfungen die Auskünfte der Hypo-Group- Alpe-Adria-Bank als völlig unzureichend und die Risiken als hoch bezeichnet hatten. Dass sich Huber, Beckstein und Schmid darüber hinwegsetzten, grenzt für mich an mehr als grobe Fahrlässigkeit, das halte ich schon fast für bedingten Vorsatz. Die Entscheidung, sie nicht in Haftung zu nehmen, beweist: Wer in der CSU -Spitze angelangt ist, hat nichts mehr zu fürchten, egal was er anstellt.
Edmund Stoiber freilich wies vor dem Untersuchungsausschuss jede Verantwortlichkeit von sich. Er
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