Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Einnahmen nicht ausreichen, dann gilt es die Ausgaben zu kürzen, notfalls auch dort, wo es wehtut. Doch wie steht es mit den Steuereinnahmen wirklich? Die verblüffende Antwort lautet: Man verzichtet zu einem wesentlichen Teil darauf, sie zu erheben. Wer sich vom gestrengen Vorgehen seines Finanzamts malträtiert fühlt, möchte das nicht glauben. Aber es ist so. Der Einnahmenverlust beruht auf verschiedenen Ursachen.
Ursache Nr. 1 : Politische Protektion in bestimmten Einzelfällen
Gegenüber Edmund Stoibers Finanzminister von Waldenfels protestierte der Vorsitzende der Bayerischen Finanzgewerkschaft, Josef Bugiel, in einem im Handelsblatt veröffentlichten Brief dagegen, dass aufgrund »politischer Protektion« durch Weisung »von oben« Millionenbeträge an Steuern nachgelassen würden. Als Beispiele nannte er die Großfälle Zwick, Hurler und Moksel. Bugiel überreichte darüber hinaus dem damaligen Finanzstaatssekretär ein etwa fünf Zentimeter dickes Bündel an Unterlagen über vergleichbare Fälle.
Nachstehend wird eine Schätzung der rechtswidrigen Steuernachlässe bei den von der Steuergewerkschaft zitierten Skandalfällen und bei weiteren Beispielsfällen genannt oder angesprochen:
Zwick 63 Millionen Mark
Hurler 100 Millionen Mark (evtl. bis 120 )
Moksel 50 Millionen Mark
Jahn 100 Millionen Mark
Diehl 60 Millionen Mark (wegen Veräußerungsgewinn)
Kirch 150 Millionen Mark
Flick x Millionen Mark
Diehl x Millionen Mark (wegen anzunehmender unbeschränkter Steuerpflicht)
Beisheim x Millionen Mark (wegen anzunehmender unbeschränkter Steuerpflicht)
Dazu ist Folgendes zu bemerken:
Nachdem die Steuernachlässe für Zwick und Moksel aufgeflogen waren, musste sie Finanzminister von Waldenfels unter dem Druck der Öffentlichkeit widerrufen. Der erwähnte Steuernachlass für Leo Kirch beruht auf den Angaben des Steuerfachanwalts Peter Spörlein gemäß einer Information aus der Steuerverwaltung, der Steuernachlass Jahn auf dessen eigener Mitteilung gegenüber Ludwig Huber. Die Höhe der anderen Steuernachlässe erschloss sich zum Teil aus Presseveröffentlichungen, zum Teil aus den Angaben Dritter. Abweichungen sind daher möglich, aber im Wesentlichen stimmt die angegebene Höhe.
Der Milliardär Friedrich Karl Flick erhielt, wie mir Prof. Franz Klein, der frühere Präsident des Bundesfinanzhofs, mitteilte, einen Nachlass bei der Vermögenssteuer in unbekannter, vermutlich nicht geringer Höhe. Der vor drei Jahren verstorbene Milliardär Karl Diehl hatte seit 1971 offiziell seinen Wohnsitz in der Schweiz – er hatte jedoch, wie aus verschiedenen Umständen zu schließen ist, in Nürnberg zumindest einen zweiten Wohnsitz. In einem am 6 . März 2011 in BR-alpha gesendeten Film, den eine Journalistin über Diehls Leben gedreht hatte, hieß es: »Er wohnt seit Jahren im Haus seines Sohnes Werner«, also in Nürnberg. Kein einziges Mal erwähnte der Film einen Aufenthalt Karl Diehls in der Schweiz, obwohl ihn die Journalistin, wie sie äußerte, ein ganzes Jahr ständig begleitet hatte. Er wäre demnach gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz (Artikel 4 ) in Deutschland nicht nur beschränkt, sondern unbeschränkt steuerpflichtig gewesen. Für den Milliardär Otto Beisheim, der ebenfalls offiziell in der Schweiz wohnte, gilt dies entsprechend. Bei der Verleihung des Bayerischen Verdienstordens am 19 . Juli 2000 durch Edmund Stoiber gab die Staatskanzlei öffentlich Rottach-Egern als dessen Wohnsitz an. Beisheim war auch Mitglied des Golfclubs Bad Wiessee. Der bereits erwähnte Steuerfachanwalt Peter Spörlein erstattete deswegen im November 2003 Strafanzeige bei der Steuerfahndungsstelle Rosenheim. Im Dezember 2010 berichtete die Münchner Abendzeitung : »Am Tegernsee residiert Otto Beisheim und verwaltet die Milliarden aus seinen Anteilen. Wie so viele Superreiche lebt der 86 -Jährige gerne zurückgezogen.« Am 19 . Februar 2013 meldete die SZ , am Vortag habe man Beisheim »mit 89 Jahren tot in seinem Haus in Rottach-Egern am Tegernsee gefunden«.
Soweit bekannt, wurden weder Karl Diehl noch Otto Beisheim trotz Anzeigen von den Steuerbehörden behelligt. Da die Höhe ihrer ausländischen Einkünfte nicht bekannt ist, kann darüber nur spekuliert werden.
Nach einer parlamentarischen Anfrage der SPD -Landtagsfraktion vom 20 . Dezember 2010 zu beiden Fällen berief sich Finanzminister Fahrenschon auf das Steuergeheimnis – zu Unrecht. Denn angesichts der Größenordnung der zur
Weitere Kostenlose Bücher