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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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wieder abfährt, rast sie zwischen Wildbad Kreuth und Rottach-Egern mit durchgedrücktem Gaspedal auf gerader Strecke in eine Waldschonung. Am nächsten Morgen wird sie tot aufgefunden. Als offizielle Todesursache wird ein Herzinfarkt angegeben. Man spricht von einer Gürtelrose und eingenommenen Medikamenten (Stefan Finger, S. 508 f.). Es gab jedoch auch Spekulationen über einen Selbstmord, schließlich war sie erst 53 Jahre alt. Ein Oberstaatsanwalt äußerte, sie sei vollgepumpt gewesen mit chemischen Substanzen und habe auch Alkohol im Blut gehabt. Einem Spitzenbeamten der Polizei zufolge hatte sie eine große Menge an Beruhigungsmitteln genommen. Von anderer Seite wurde kolportiert, es habe sich um Schlafmittel gehandelt. Gegen Gürtelrose verordnet man, gemäß ärztlicher Auskunft, jedoch keine Beruhigungsmittel, sondern Schmerzmittel.
    Strauß zeigte sich in der Öffentlichkeit damals tief erschüttert. Auf den Fotos von der Beerdigung wird er von seinen Kindern gestützt. Später wurde die rührselige Geschichte verbreitet, er habe mit seiner »geliebten Frau Marianne« alt werden wollen und ihren Unfalltod nie verwunden. Unbeachtet blieb jedoch, was vier Monate vorher, am 10 . Februar 1984 , Schalck-Golodkowski nach einem Gespräch mit dem engen Strauß-Intimus Josef März an Stasi-Chef Erich Mielke berichtete: »Es entspricht den Tatsachen, dass Strauß auch aus familiären Gründen – ernsthafte Diskrepanzen mit seiner Ehefrau – nach Bonn will.« Er wollte sich demnach faktisch von ihr trennen. Dass Marianne Strauß verzweifelt war und Selbstmord beging, ist daher nicht auszuschließen.
    Dafür könnte auch sprechen, dass – Werner Biermann zufolge – der Nachlass von Strauß den Hinweis auf vier Briefe enthält, die Marianne Strauß unmittelbar vor ihrer Abfahrt in Rott am Inn schrieb – an alte Freundinnen und einen Pfarrer. Wenn sie mit diesen Kontakt aufnehmen wollte, warum griff sie nicht zum Telefon?
    Die hier geschilderte Hemmungslosigkeit charakterisiert Strauß durchgängig. Sein Persönlichkeitsbild ist einheitlich. So wie er sich ohne Rücksicht auf seine Ehe oder sein Amt als CSU -Vorsitzender, Bundesminister und Ministerpräsident mit Frauen einließ, so bedenkenlos verhielt er sich auch sonst. Ein Vorsitzender Richter eines obersten Gerichts erzählte mir, ein allgemein bekannter CSU -Spitzenpolitiker habe zu ihm über Strauß gesagt: »Er macht Frauengeschichten, die sind schlimm. Aber er macht Geldgeschäfte, die sind noch schlimmer!«
    Die soziale Gerechtigkeit
    In welchem Maße der große Vorsitzende F. J. Strauß sozial gesinnt war, bedarf keiner weiteren Darlegung. Erklärtermaßen wollte er einen »Gerechtigkeitsscheinmoralismus« vermeiden. Aber auch nach Strauß war und ist das soziale Gewissen bei manchen CSU -Spitzenpolitikern nicht besonders ausgeprägt.
    An was allem sollte nicht gespart werden, als Edmund Stoiber einen ausgeglichenen Landeshaushalt vorlegen wollte, um sich erneut als Kanzlerkandidat zu empfehlen. Sogar an den Universitäten, an der Erwachsenenbildung und am Blindengeld wollte man sparen! Und wie sieht es unter Horst Seehofer aus? Die Ausgaben für den Sexualkundeunterricht sollten gekürzt werden, berichtete aufgeregt die Presse. Dann aber nahm man doch davon Abstand. Gespart wurde in anderen Bereichen. Die Betreuung der Kinder berufstätiger Eltern durch Kindergärten ist völlig unzureichend, Ganztagsschulen gibt es nur für fünf Prozent der Schüler – das ist die geringste Zahl aller Bundesländer, der Durchschnitt liegt bei 20 Prozent. Trotz des krassen Lehrermangels und Unterrichtsausfalls wurden 2011 von 1500 ausgebildeten Gymnasiallehrern nur 407 eingestellt, von 2460 ausgebildeten Grundschullehrern nur 845 .
    Es gibt in Bayern zu wenig Richter, Staatsanwälte und Gerichtsvollzieher, »sodass jederzeit und überall der Kollaps eintreten kann«, beklagte der Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins. Die Gefängnisse sind überfüllt, es fehlen seit Jahren etwa 1000 Plätze. Und auf 100 Häftlinge kommen nur etwa 40 Bedienstete, das ist die schlechteste Relation in allen Bundesländern. Warum auch sollte man sozial sein zu denen, die sich selber nicht sozial verhalten?
    Den Beamten verordnete man ein Sparpaket von 500 Millionen Euro, vor allem eine Nullrunde bei den Gehältern für 2011 . An den Beamten zu sparen, ist halt immer populär. Der frühere Inspektor Horst Seehofer weiß das.
    Andererseits muss man einsehen: Wenn die staatlichen

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